Die Nutzung von selbst erzeugtem Strom kennt man bislang lediglich vom Sonnenkraftwerk auf dem eigenen Dach. Gerade für den herkömmlichen privaten Stromkunden wurde dadurch eine Möglichkeit geschaffen, den Anreiz von Investitionen mit der Notwendigkeit der Verbrauchssteuerung zu kombinieren. Wer eine Photovoltaikanlage auf dem Dach hat, der zeigt, dass man ohne Speicher etwa 20-40% des erzeugten Stroms direkt an Ort und Stelle verbrauchen kann und etwa 40% der Zeit ganz auf Fremdversorgung verzichten kann.
Bei der Nutzung der Windenergie ist lediglich für sehr kleine Anlagen eine sogenannte Eigenstromnutzung vorgesehen. Landwirtschaftliche Betriebe haben Chance, ein Windrad auf dem eigenen Grund genehmigt zu bekommen, wenn 50% des rechnerischen Strombedarfs damit gedeckt werden kann (vergl. Wochenblatt für Landwirtschaft). Wie auch bei den Solaranlagen handelt es sich hierbei um eine physikalische Eigenstromnutzung, bei der die elektrische Energie in unmittelbarer Nähe zur Erzeugung genutzt wird.
Was passiert heute mit dem Strom aus Windkraft?
Etwa 561 GWh Strom werden im Schnitt pro Kalendertag von Onshore-Windkraftanlagen am Land in Deutschland erzeugt. Durch die räumliche Verteilung der Anlagen wurde, selbst am bisherigen schlimmsten Flautetag des Jahres 2015, dem 15. Oktober, mehr als 100 GWh eingespeist; eine Strommenge, die für 10 Millionen 4-Personenhaushalte ausreichen würde. Nach den Angaben der Übertragungsnetzbetreiber hat der Windstrom etwa einen Anteil von 9,8 Prozent im Strommix des Jahres 2015.
Schaut man auf die namenhaften Vergleichsportale für Stromtarife, so findet man erst mit einigen Mühen einen Windstrom-Tarif. Nach Angaben der Portalbetreiber machen diese Tarife nicht einmal 1% der Vertragsabschlüsse aus, die von den Vergleichsseiten vermittelt werden. Die große Menge des Stroms, welcher in Windkraftanlagen erzeugt wird, kommt über das Konstrukt der Direktvermarktung oder der EEG-Einspeisevergütung an die Börse und wird dort zu Graustrom. An Strombörsen gibt es im Gegensatz zu Fleischbörsen keinen Herkunftsnachweis, wodurch Börsenstrom nicht als Ökostrom angeboten werden kann.
Wer erzeugt Windstrom?
Schaut man auf die Landschaft der Windfarmer, so handelt es sich in vielen Fällen um Bürgergenossenschaften, die sich zusammengeschlossen haben, um die Energiewende nach vorne zu bringen. Klassische Investoren finden sich deutlich seltener unter den Kapitalgebern, besonders wenn man Windkraft am Land mit Photovoltaik-Freiflächen vergleicht. Bei einem Windstromer kann man somit einen direkteren Bezug zur Stromerzeugung annehmen. Ein ähnlich direkter Bezug wie er beim Hausbesitzer mit einer Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach vorhanden ist.
Der (Um-) Weg, welcher zum Zwecke der Preisbestimmung über die Börse genommen wird, verhindert bislang, dass Erzeugung und Verbrauch von Windstrom aufeinander abgestimmt werden können. Daraus entstehen sehr viele Effekte wie die Notwendigkeit der Transformation von Strommengen zum Zwecke des Transportes über weite Strecken oder aber auch die Vorhaltung von Reserve und Ausgleichenergie aus anderen Erzeugungsformen.
Bilanzieller Eigenstrom
Besitzer einer Photovoltaikanlage mit Eigenverbrauch haben de facto zwei Stromtarife, die sie zahlen: Kommt der Strom vom eigenen Dach, dann muss die entgangene Einspeisevergütung als Kosten angesetzt werden. Reicht der Strom vom Dach nicht aus, um den aktuellen Strombedarf zu decken, so sind die Stromkosten gleich dem Stromtarif. In den Worten des Strommarkte gesprochen verändert der selbst verbrauchte Strom die Bilanz. Bei näherem Hinsehen werden sogar etliche „Bilanzen“ durch die Eigenstromnutzung verändert, die beim Verteilnetzbetreiber und beim Stromlieferanten geführt werden.
Im Jahre 2013 hat die Gesetzgebung im Rahmen einer Änderung des § 12 Abs. 4 der Verordnung über den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (StromNZV) die rechtlichen Grundlagen für eine rein bilanzielle Berücksichtigung des Eigenstroms aus Windkraftanlagen geschaffen. Hinter der abstrakten Definition der Messung und Abrechnung auf Basis von Zählerstandsgängen befindet sich nach Angaben des Wirtschafsausschusses des Bundestages eine Möglichkeit aus der Einschränkung „unmittelbarer Nähe“ auszubrechen.
Zukunftsmusik
Mittlerweile sind zwei Jahre seit der Änderung in der Gesetzgebung vergangen. Die meisten Stromanbieter beobachten seither die Entwicklung interessiert, werden allerdings kaum aktiv werden, wenn dies vom Stromkunden nicht massiv eingefordert wird.
Die bilanzielle Eigenstromnutzung von Windstrom dürfte gerade für die Mitglieder von Bürgergenossenschaften spannend werden, da neben der reinen Erzeugerrolle auch ein Stück aus der Fremdversorgung gegangen werden kann. Bislang existiert lediglich ein Messstellenbetreiber, welcher mit seinen Smart-Meter Produkten hier ein Angebot machen kann. Bei der tatsächlichen Verfahrenspraxis sind jedoch noch einige Punkte zu berücksichtigen; man denke nur an die Frage der Konzessionsabgabe und deren Höhe.
frank held
vor 2 Jahrenes ist höchste zeit, dass einem die beteiligung an windstrom gutgeschrieben wird.
dies würde die akzeptanz deutlich erhöhen.
wo gibt es die möglichkeit sich bei einem solchem, keinem anderen, projekt zu beteiligen?