Debatten-Abend: Die Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung im Blick

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
05. März 2020
Foto: Perfectfotos Wolfgang List

Ist Wasserstoff die Energie der Zukunft oder eine Sackgasse? Dieser annähernd rhetorischen Frage gingen gemeinsam mit der fachkundigen Moderation drei Experten auf dem Podium und über 200 Personen im Publikum beim ersten Debattenabend 2020 hoch über den Dächern von Stuttgart nach. Die Gesprächspartner waren diesmal Anne Köhler, Leiterin Gas, Dekarbonisierung und digitale Energiewende im Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V. (bne) gemeinsam mit Dr.-Ing. Claus Beckmann, Leiter Energie, Klima und Umweltpolitik der BASF SE sowie Dr. Christian Jung, FDP, Bundestagsabgeordneter für die Region Karlsruhe sowie u.a. Ordentliches Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur.

Im Zentrum stand die Frage, was die nächsten Schritte sind, die aus der derzeitigen Renaissance von Wasserstoff entstehen und wie es von der Idee zur Realisierung kommen kann, so dass Wasserstoff kurz über lang direkt oder als klimafreundliches Biomethan in die bestehende Erdgasinfrastruktur eingespeist werden kann.

Wasserstoff als wirtschaftspolitische Debatte

Der Wasserstoff ermöglicht es, die Energiewende zu vervollständigen.

Anne Köhler Leiterin Gas, Dekarbonisierung und digitale Energiewende, Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V. (bne)

Darüber hinaus ging es in den Diskussionen auch darum, inwieweit der Wasserstoff als Alternative zur batteriebetriebenen Elektromobilität gilt. Insgesamt standen im Fokus die Themen Kosten und Effizienz, Herstellungsverfahren sowie Importe versus Produktion hierzulande. Dabei zeigte sich an diesem Abend auch: Die Wasserstoff-Debatte ist eine technologische Frage, zeichnet sich aber schon heute auch als eine wirtschaftspolitische sowie gesellschaftliche Diskussion ab.

Neu für den ein oder anderen war u.a. die differenzierte Klassifizierung in verschiedene Farben des Wasserstoffs: Je nach Herstellungsverfahren ist die Rede von grün, blau, türkis, grau, rot, weiß. Der Fokus beim Debattenabend am 27.2.2020 lag auf grünem, blauen und türkisen Wasserstoff – letztere Kategorie von der BASF geprägt, wie Umwelttechniker Beckmann darlegte.

Weiterhin widmeten sich die Diskussionen ausführlich dem Stand der Dinge bei der Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung, die Ende letzten Jahres vorgelegt wurde und mit 35 Punkten einen Ausblick in eine mögliche Wasserstoff-Wirtschaft gibt. Dass diese Strategie von den Podiumsteilnehmenden dabei nicht durchwegs als vollständig und umfänglich bezeichnet wurde, wurde rasch deutlich: Zwar sei diese Strategie ein wichtiger Einstieg in die Debatte, um das Thema zu beleuchten, wie die Dekarbonisierung in allen Sektoren funktioniere. Aber: Es seien zu viele offene Fragen vorhanden und zu wenig konkrete Maßnahmen und klare Positionen darin festgehalten, um eine verbindliche und rasche Entwicklung mit klaren Zielen in absehbarer Zeit erkennen zu kennen, so die Äußerungen der Podiumsdiskutanten Beckmann, Jung und Köhler.

Irritationen über Themenschwerpunkte

Ich störe mich am Begriff der „nationalen“ Wasserstoffstrategie und sehe das differenzierter.

Dr. Christian Jung, FDP, Bundestagsabgeordneter

Für Irritationen sorgte beispielsweise der sehr verkürzte Textabschnitt zum Wärmemarkt angesichts der Tatsache, dass der Wärmesektor fast die Hälfte des Energieverbrauchs in Deutschland beansprucht – hier stehen Realität und Strategiepapier nicht im Einklang zueinander. Auch der starke Fokus auf Deutschland und ein in den Formulierungen wenig europäischer und internationaler Blick war Gegenstand scharfer Kritik. Das Geschäft sei europäisch oder weltweit zu sehen – es sei eine europäische Wasserstoffstrategie, keine nationale, so Jung in der Debatte.

Die abschließende Frage der Moderatorin zielte auf ein Zukunftsszenario ab: Es ist das Jahr 2025 – wo stehen wir in Sachen Wasserstoff zu diesem Zeitpunkt? Dazu trug Beckmann eine optimistische Haltung in den Saal. Er geht davon aus und wünscht sich vor allem von der Bundesregierung, dass bis dahin die Regulierungen in der Energiepolitik in Deutschland sich so gestaltet, dass Unternehmen wie BASF in der Lage sind, in diese neue Technologie nachhaltig zu investieren. Derzeit werde dies noch ausgebremst, da Anlagen sehr teuer sind und lange Laufzeiten haben – aber keine Planungssicherheit vorliege. Nur mit einer gewissen Planungssicherheit in Richtung 2030 in Bezug auf die Frage, ob die Erneuerbare Energien in ausreichender Menge bezahlbar zur Verfügung stehen, ist die Investition in Wasserstoff-Infrastrukturen seitens der Industrie eine hohe Motivation vorhanden, so sein Fazit.

Livestream der Veranstaltung

Annähernd 200 Zuschauer verfolgten den Debattenabend via Livestream, und viele davon nutzten die Gelegenheit für Publikums-Fragen, welche die Moderatorin aufgriff und an das Podium weitergab. Wer den Debattenabend nachträglich sehen möchte, findet die Livestream-Aufzeichnung direkt hier auf dieser Seite. Zudem hat die Blogredaktion von Erdgas Südwest einen ausführlichen Nachbericht veröffentlicht, der unter diesem Link zu finden ist.

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