Debatten-Abend – Energie- und Klimapolitik: Was will die junge Generation?

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Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
28. Februar 2022

Warum kommen die internationalen Klimaverhandlungen nicht voran? Woran ist der Weltklimagipfel in Glasgow gescheitert? Alexandra Struck hat als Mitglied des Bundesvorstandes der BUND-Jugend mehrfach das internationale Konferenzgeschehen vor Ort verfolgt. Sie bemängelt, dass die junge Generation, die die Folgen des Klimawandels treffen werde, in der Energie- und Klimapolitik kaum Einfluss habe. Junge Menschen seien in den Delegationen der afrikanischen Staaten gut vertreten. Für die Industrieländer sprächen dagegen fast ausschließlich Vertreterinnen jenseits der 50.

Mit dem Statement von Alexandra Struck war die Debatte eröffnet. Hat die junge Generation einen eigenen Blick auf die Energie- und Klimapolitik? Geht sie anders an den Klimaschutz heran, weil es um ihre Zukunft geht? Bei der von Schülerinnen und Schülern initiierten Bewegung Fridays for Future ist die Sache klar. Niemals zuvor ging eine Generation weltweit auf die Straße, um für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen zu kämpfen. Doch wie sieht es aus bei den jungen Erwachsenen, die im Berufsleben stehen? Wir hatten vier Vertreterinnen eingeladen, digital miteinander zu diskutieren. Moderiert von der ebenfalls jungen Journalistin Madeleine Hofmann wurde die Diskussion schnell lebendig.

Was ist noch kalkulierbar?

Über das Ziel, so das einhellige Urteil der Diskutanten, sei man sich ja einig. Doch auch innerhalb der jungen Generation wird über den Weg in eine CO2-freie Zukunft gestritten. Philipp Hering, Abteilungsleiter Junge Generation beim IGBCE, verwies auf die Sicherheit der Arbeitsplätze. Klimaschutz könne nur im Einklang mit den Interessen der Beschäftigten und den Unternehmen erreicht werden. International müsse man wettbewerbsfähig bleiben.

Bei den Unternehmen gebe es keinen Dissens zwischen den Generationen beim Klimaschutz. Das betonte Isabel Grupp, Landesvorsitzende der Jungen Unternehmer Baden-Württemberg. Energieeffizienz sei schon lange ein großes Thema. Und ohne Nachhaltigkeit – bei den natürlichen Ressourcen und den Finanzen – könne man im Mittelstand unternehmerisch nicht überlegen. Energie- und Klimapolitik müsse so gestaltet werden, dass sie kalkulierbar sei. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, würden Unternehmer auch investieren. Die aktuellen Energiepreise würden die Unternehmen immens belasten. Und kalkulierbar seien sie schon gar nicht.

Dem pflichtete Dr. Kira Vinke, Leiterin des Zentrums für Klima und Außenpolitik bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V., bei. Die Schwankungen der Energiepreise seien das Ergebnis unserer Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern. Andererseits seien auch die Auswirkungen des Klimawandels auf Deutschland nicht kalkulierbar. Daher bleibe auch ökonomisch keine andere Option als der Ausstieg aus der Kohlenstoff-Verbrennung. Die Marktführer der Zukunft würden nicht mehr auf Kosten der Umwelt produzieren.

Energie- und Klimapolitik – eine Aufgabe der jungen Generationen oder Sache der Politik?

Dennoch, entgegnete Philipp Hering, sei zuvorderst die Politik in der Verantwortung. Die chemische Industrie sei bereit, ihre Prozesse auf Wasserstoff umzustellen. Leider gebe es derzeit keinen grünen Wasserstoff. Wann und wie genügend Wasserstoff zur Verfügung stehen würde, sei ungeklärt. Es sei ein Verteilnetz aufzubauen. Der größte Teil des grünen Wasserstoffs müsse wahrscheinlich importiert werden. Ein Überschuss an erneuerbare Energien sei aber nirgendwo vorhanden. Wer trage die finanziellen Lasten dieses ökologischen Umbaus? Derzeit bleibe die Planungssicherheit der Unternehmen auf der Strecke. Auch im Interesse der Beschäftigten brauche man schnelle Entscheidungen.

Dem Klimaschutz wäre es zudem dienlich, wenn der Staat die Bürokratie reduziere und mit einfachen Regeln steuern würde. Anträge, um Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz zu finanzieren, seien viel zu aufwändig gestaltet. Warum werde nicht ein mengenbasierter Handel mit CO2-Zertifakten eingeführt. So, erhofft sich Isabel Grupp, entstünde mehr Dynamik auf dem Markt.

Wir tanzen auf der Klippe

Den Zeitpunkt, als man noch sicher hätte planen können, habe die Politik verschlafen. Das merkte Alexandra Struck an. Zudem gab sie zu bedenken, dass ein Weiter-So beim wirtschaftlichen Wachstum nicht im Einklang stehe mit den begrenzten Ressourcen des Planeten. Es sei an der Zeit, über Suffizienz nachzudenken.

Es sei durchaus nachvollziehbar, so Kira Vinke, dass jede gesellschaftliche Gruppe ihre Interessen bei der Energie- und Klimapolitik in die Waagschale bringe. Auch die Bedenken aus Wirtschaft und Industrie, Deutschland solle beim Klimaschutz nicht voran gehen, seien im ersten Moment verständlich. Allein die Realität sei eine andere. Deutschland sei historisch einer der größten Emittenten weltweit. Auch aktuell stehe Deutschland bei den CO2-Emissionen in Europa an der Spitze.

Und, so Kira Vinke weiter, der Glaube, man könne noch weiter warten, bevor man eine drastische CO2-Reduktion in Angriff nehme, sei eine Illusion. Die Verantwortung hin und her zu schieben, dazu fehle die Zeit. „Wir tanzen schon auf der Klippe. Der Wirtschaftsstandort Deutschland darf nicht so aussehen wie das Ahrtal.“

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