Women in Green Hydrogen: Innovation braucht Diversität

Gastautor Portrait

Julia Epp

Urban Transformations Group, Potsdam Institute for Climate Impact Research

Julia Epp ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Landesvorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz in Berlin. Sie forscht zu den Themen Wasserstoff, Energiewende und Sektorenkopplung. Im Jahr 2019 hat sie das Netzwerk Women in Green Hydrogen mitgegründet, das Mentoring Programm aufgesetzt und ist nun für die strategische Weiterentwicklung des Netzwerks verantwortlich.

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18. September 2023
© Women in Green Hydrogen

Wasserstoff wird hoch gehandelt. Er gilt als Hoffnungsträger der Energiewende und Öl der Zukunft. Während die Preise für die Erzeugung von grünem Wasserstoff langsam fallen und sich die Technologie längst nicht mehr in einer Nische befindet, bleiben andere Hindernisse unberührt: An Frauen mangelt es in dieser Branche.

Aus diesem Grund haben wir Ende 2020 die Initiative Women in Green Hydrogen (WiGH) gegründet. WiGH ist ein Netzwerk von Frauen, die in der Wasserstoffbranche tätig sind. Wir bieten eine Plattform, um Frauen zu vernetzen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich in diesem immer noch von Männern dominierten Sektor Gehör zu verschaffen. Dafür haben wir unter anderem eine Datenbank auf unserer Homepage eingerichtet, in der man Wasserstoff-Expertinnen aus verschiedenen Ländern und Sektoren finden kann. Mittlerweile haben sich dort mehr als 900 Frauen aus über 70 Ländern registriert.

Warum braucht es WIGH?

Source: Hydrogen Europe: Hydrogen - Enabling A Zero-Emission Society

Ein WiGH-Forschungsprojekt beleuchtet den Status quo der Diversität im Wasserstoffsektor. Ein neu entwickeltes Gender-Monitoring-Tools, mithilfe dessen die Geschlechterverteilung in Gremien, Kongressen und Vorständen analysiert werden kann, zeigt, dass nur 1 von 5 Vortragenden auf Wasserstoff-Konferenzen Frauen sind. Generell steht es um die Geschlechterdiversität im Energiesektor nicht gut. So beträgt der Anteil der Frauen, die im Öl- und Gassektor sowie im Verkehrssektor arbeiten gerade einmal 22%. Ebenfalls unterrepräsentiert sind Frauen in der chemischen Industrie (35% der Beschäftigten) und in den erneuerbaren Energien (32%).

Die geringe Beschäftigungsquote von Frauen im Energie- und eben auch Wasserstoffsektor ist größtenteils ein Pipeline-Problem, da sich immer noch ein überdurchschnittlich geringer Anteil an Frauen für MINT-Studienfächer/-Berufe entscheidet. Dementsprechend klein ist der Pool an möglichen Kandidat*innen für einige Firmen und Jobs. Das wichtigste Hindernis ist jedoch die traditionelle geschlechtstypische Rollenaufteilung in der Familie, die den Frauen die Hauptlast bei der Kindererziehung und privaten Haushaltsführung aufbürdet. Aber auch geschlechtstypische Sozialisationsprozesse sowie Vorurteile gegenüber Frauen in der Arbeitswelt spielen eine Rolle.

Zudem dämpfen andere Faktoren wie der Gender Pay Gap und Gender Income Gap die Karriere – so verdienen Frauen im Energiesektor fast 20% weniger als ihre männlichen Kollegen für die gleiche Arbeit. Außerdem sollten Firmen und männliche Kollegen dahingehend offen sein, unbewusste Geschlechterverzerrungen zu hinterfragen, geschlechter-spezifische Beförderungslücken abzubauen und faire Einstellungs- bzw. Rekrutierungsverfahren einzuführen.

Vernetzen-Befähigen-Verändern

Wir wollen uns gegenseitig stärken, Talente fördern und berufliche Möglichkeiten für Frauen im Bereich grüner Wasserstoff schaffen. Auf der ganzen Welt arbeiten äußerst intelligente und inspirierende Frauen auf dem Gebiet des grünen Wasserstoffs.

Julia Epp

Es ist unsere Mission, diese Probleme zu adressieren. Die Schwerpunkte unserer Arbeit folgen unserem Claim ‚connect, empower, change‘: Unser Ziel ist es, eine starke Gemeinschaft aufzubauen, um den Wissensaustausch zu fördern und Frauen im Bereich des grünen Wasserstoffs zu vernetzen. Wir organisieren Veranstaltungen über die neuesten Entwicklungen im Wasserstoffsektor, darunter Panels und Diskussionen über Wasserstoffzertifizierung, Finanzierung und Unternehmertum. Wir sind mittlerweile über 18 Partnerschafen eingegangen, unter anderem mit den World Hydrogen Leaders, H2View und der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung. Unsere Partner verpflichten sich dazu, künftige Veranstaltungen so zu planen, dass auf jedem Podium mindestens 30 % Frauen vertreten sind. Dadurch ermöglichen wir es den Frauen in unserem Netzwerk eine größere Sichtbarkeit zu erreichen und unterstützen natürlich unsere Partner durch die Vermittlung passender Expertinnen.

Wir wollen uns gegenseitig stärken, Talente fördern und berufliche Möglichkeiten für Frauen im Bereich grüner Wasserstoff schaffen. Auf der ganzen Welt arbeiten äußerst intelligente und inspirierende Frauen auf dem Gebiet des grünen Wasserstoffs. Unser Mentoring-Programm befähigt junge Expertinnen in der Anfangsphase ihrer Karriere und stellt den Kontakt zu weiblichen Vorbildern her. Das Mentoring-Programm findet dieses Jahr zum dritten Mal statt und bislang haben mehr als 155 Frauen teilnehmen können.

Unser Netzwerk ist auch in den sozialen Medien aktiv, wo wir über Veranstaltungen berichten und unsere Mitglieder vorstellen. Um unsere Fortschritte zu verfolgen, überwachen wir die Verteilung der Geschlechter auf Podien sowie in wichtigen Gremien und stellen regelmäßig Updates über die Sichtbarkeit von Frauen in der Branche bereit. Neben unserer Expertendatenbank ist unsere LinkedIn-Gruppe eine wichtige Austausch- und Diskussionsplattform für uns. Dort haben wir mittlerweile über 7200 Mitglieder.

Weil Vielfalt viel entfaltet

Da der Sektor noch in den Kinderschuhen steckt, sind die neuen Ideen, die erforderlich sind, um den grünen Wasserstoff voranzubringen und die Energiewirtschaft zu dekarbonisieren, auf Leidenschaft, Erfahrung und Wissen angewiesen. Die Herausforderungen des Klimawandels und in der Energiewende können nicht von einer homogenen Gruppe bewältigt werden. Die vielfältigen Hintergründe, Perspektiven und Expertisen, die Frauen in die Branche einbringen, fördern Kreativität und treiben ganzheitliche Lösungen voran. Ihre Geschichten inspirieren uns, traditionelle Normen in Frage zu stellen und Vielfalt als treibende Kraft für Fortschritt zu akzeptieren.

Daher freuen wir uns auf die zukünftige Rolle von Wasserstoff, aber auch von Women in Green Hydrogen. Bislang waren wir bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit angedockt, die uns gerade in der Anfangsphase viel unterstütz hat. Da unser Netzwerk kontinuierlich wächst, haben wir uns dazu entschieden, uns auszugründen: Women in Green Hydrogen ist nun ein eingetragener Verein. Schrittweise planen wir nun den Aufbau einer eigenen Geschäftsstelle, um unseren Impact und unsere Schlagkraft zu erhöhen.

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