Für die Gestaltung der Energiewende sind Fachkräfte im MINT-Bereich unabdingbar. Die Beteiligung von Frauen in Studiengängen wie Erneuerbare Energien und Umwelttechnik wächst und liegt inzwischen bei mehr als 30 Prozent. Allerdings sind Frauen in diesen Bereichen immer noch unterrepräsentiert. Laut der Bundesagentur für Arbeit besteht ein großes Fachkräftepotenzial bei Frauen auch in einer Erhöhung des Arbeitszeitvolumens durch flexible Arbeitsmodelle und einer verstärkten Erwerbsbeteiligung von Migrantinnen. Denn in Baden-Württemberg lag 2021 die Erwerbstätigenquote von Frauen mit Migrationshintergrund mit lediglich 69 Prozent deutlich unter der Quote von Frauen ohne Migrationshintergrund mit 82 Prozent. Zudem sind Frauen mit Migrationshintergrund oft unter ihrer Qualifikation, in Teilzeit und Minijobs tätig. Viele Migrantinnen bringen fachliche Kompetenzen mit, die wir zur Fachkräftesicherung – etwa im Bereich der Energiewende – dringend benötigen und auf die unser Land nicht verzichten kann.
Mentoring für Frauen mit Migrationsgeschichte
Qualifizierten Migranten und Migrantinnen fällt die berufliche Orientierung nach ihrer Ankunft in Deutschland oftmals schwer, da ihnen berufliche Netzwerke und Kenntnisse des lokalen Arbeitsmarkts fehlen. Hinzu kommt, dass die formale Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen mit Schwierigkeiten verbunden sein kann. Genau hier setzt das zertifizierte Mentorinnen-Programm für Frauen mit Migrationsgeschichtedes Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg an: Es bringt qualifizierte Migrantinnen als Mentees mit berufserfahrenen Mentorinnen für einen Zeitraum von sechs bis acht Monaten in eine berufsrelevante Eins-zu-Eins-Beziehung. Dabei werden neue berufliche Wege aufgezeigt und die Integration in den Arbeitsmarkt befördert. Ziel des Programms ist es, dass Migrantinnen qualifikationsadäquat arbeiten und ihr Potenzial voll ausschöpfen können.
Mit dem landesweiten Mentorinnen-Programm für Migrantinnen ist Baden-Württemberg bundesweit Vorreiter für einen chancengleichen Eintritt von Frauen mit Migrationsgeschichte in den Arbeitsmarkt. Das 2017 gestartete Angebot ist Teil des Landesprogramms Kontaktstellen Frau und Beruf (https://www.frauundberuf-bw.de/), mit dem wir uns für die Gleichstellung in der Wirtschaft und Arbeitswelt einsetzen. Die Kontaktstellen leisten als niederschwellige und regionale Anlaufstellen mit einer breiten Palette an unterstützenden Angeboten einen wichtigen Beitrag zur Integration von Frauen ins Erwerbsleben. Sie begleiten den Mentoringprozess aktiv mit ihrer qualifizierten Beratungs- und Begleitstruktur. Mit ihrem guten Netzwerk in den Regionen leisten sie einen großen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung des Programms. Seit dem Beginn des Mentoring-Angebots haben über 420 Tandems erfolgreich am Programm teilgenommen. Die Ergebnisse der jährlichen Evaluation belegen, dass das Programm die Teilnehmerinnen erfolgreich beim Einstieg in den Arbeitsmarkt unterstützt. So gaben zum Ende des Programms 2022 43 Prozent der Mentees an, in Arbeit zu sein, 16 Prozent befanden sich in einer Weiterbildung und 16 Prozent absolvierten eine Ausbildung oder ein Praktikum.
Unternehmen im Land profitieren ganz maßgeblich von diesem Programm, wenn sie die Mentorinnen und Mentees aktiv unterstützen. Sie haben die Chance ggf. dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen, die zum Erfolg und zur Weiterentwicklung der Unternehmen beitragen. Außerdem setzen sie einen Impuls für das Image als für Frauen und Diversity engagiertes Unternehmen. Eine unserer Mentees mit einem Bachelorabschluss in Elektrotechnik und einem Master in Ingenieurwesen Erneuerbare Energien fand so beispielsweise eine Vollzeitstelle im Bereich IT/Gebäudemanagement. Eine Diplom Ingenieurin hat nach dem Mentoring den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und eine digitale Plattform aufgebaut mit dem Ziel, umweltbewusste Akteure aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft zu vernetzen und gemeinsam nachhaltige Projekte und Ideen für eine lebenswerte Zukunft zu entwickeln.
Förderung von Frauen in MINT-Berufen
Eine weitere Chance, zusätzliche Fachkräftepotenziale für die Gestaltung der Energiewende zu erschließen, liegt darin, mehr Frauen für MINT-Berufe zu gewinnen.
Eine weitere Chance, zusätzliche Fachkräftepotenziale für die Gestaltung der Energiewende zu erschließen, liegt darin, mehr Frauen für MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu gewinnen. Dabei gilt es, bei Mädchen schon in frühen Jahren Begeisterung für MINT-Fächer zu wecken und diese zu festigen. Die frühzeitige und durchgängige MINT-Förderung von Schülerinnen und Schülern ist ein wichtiges Anliegen der Landesregierung Baden-Württemberg. So verfolgt die 2010 ins Leben gerufene Landesinitiative und das 2011 etablierte Bündnis „Frauen in MINT-Berufen“ das Ziel, mehr junge Frauen für eine Ausbildung, ein Studium oder einen Beruf in den MINT-Arbeitsbereichen zu gewinnen, Ausstiege zu verringern und die Attraktivität dieser Berufe zu steigern. Mit mittlerweile 67 Bündnispartnern aus dem Land werden jährlich rund 40 Fördermaßnahmen und Programme umgesetzt. Insgesamt haben die vielfältigen Maßnahmen der Bündnispartner in den vergangenen zwölf Jahren dazu beigetragen, dass Fortschritte erzielt werden konnten. Im Zeitraum von 2015 bis 2021 stieg beispielsweise die Anzahl der erwerbstätigen Frauen in MINT-Berufen in Baden-Württemberg insgesamt von 238.000 auf 304.000 an. Um Frauen die Chancen und Faszination von MINT-Berufen zu vermitteln und die Erwerbsbeteiligung in diesem Bereich weiter zu steigern, haben sich verschiedene Ansätze und Maßnahmen als erfolgversprechend erwiesen. Dazu gehört beispielsweise, weibliche Role Models sichtbar zu machen. Denn ihnen kommt eine Vorbildfunktion zu und Mädchen und Frauen können sich mit ihnen identifizieren.
Zu den im Rahmen der Kampagne der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ (www.mint-frauen-bw.de) vorgestellten Role Models gehört auch die 26-jährige Ingenieurin Laura Herrmann aus Offenburg. Schon in der 7. Klasse entfachten die Disziplinen Energie und Mechanik im Physikunterricht bei der Schülerin die Leidenschaft für Naturwissenschaften. Inzwischen arbeitet sie als Projektmanagerin bei der EnBW in Karlsruhe und entwickelt nachhaltige und innovative Verfahren im Energiebereich. Nach ihrem Bachelorabschluss im Studiengang Bioingenieurwesen am Karlsruher Institut für Technologie absolvierte Laura Herrmann ein Masterstudium Chemieingenieurwesen und Verfahrenstechnik. Dabei konnte sie sich intensiv mit den Themen Energie und Nachhaltigkeit beschäftigen. Die Ingenieurin möchte die Zukunft mitgestalten: „Als Ingenieurin bin ich an der Realisierung neuer Entwicklungen beteiligt und kann aktiv Veränderung bewirken.“ Gemeinsam mit ihrem Projektteam forscht die Ingenieurin momentan daran, wie Lithium aus Thermalwasser gewonnen werden kann. Laura Herrmann fühlt sich in den Naturwissenschaften sehr wohl: „Ich habe als Ingenieurin im MINT-Bereich meinen Traumjob gefunden und würde mich, könnte ich nochmal wählen, nicht anders entscheiden.
Chancen für Unternehmen
Unternehmen haben daher große Chancen weibliche Fachkräfte zu gewinnen, wenn sie jungen Frauen frühzeitig zum Beispiel durch den Girls´ Day, eigene Praxistage und Praktika Einblicke in die MINT-Arbeitswelt geben, diese an sich binden und dabei auch eigene Mitarbeiterinnen als Role Models und Influencerinnen einsetzen. Darüber hinaus sind gute Entwicklungsmöglichkeiten und eine moderne Unternehmenskultur mit lebensphasenorientierter Personalpolitik wichtig, um qualifizierte Mitarbeiterinnen dauerhaft zu binden und Ausstiege zu vermeiden. Eine weitere Zielgruppe sind zudem Wiedereinsteigerinnen und Quereinsteigerinnen. Auch hier gilt es mit geeigneten Recruiting- und Onboarding-Prozessen sowie Qualifizierungskonzepten, diese Zielgruppe verstärkt zu erschließen.
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