Es betrifft uns ALLE! Ist Kosteneffizienz und Klimaschutz ein vernachlässigter Game-Changer?

Gastautor Portrait

Isabel Grupp

Landesvorsitzende der Jungen Unternehmer Baden-Württemberg 

Isabel Grupp – Unternehmerin, Autorin, Keynote Speakerin, Mentorin und Landesvorsitzende der Jungen Unternehmer Baden-Württemberg wuchs im beschaulichen Trochtelfingen auf. Beruflich ging es direkt von New York auf die Schwäbische Alb. Nach ihrem Bachelor Studium (Betriebswirtschaft und Management) am Bodensee sowie ihrem Master Studium (International Business Development) im In- und Ausland stieg sie im Jahr 2011 in das elterliche Familienunternehmen Plastro Mayer ein.   Seit 2015 ist sie in der Geschäftsleitung der Plastro Mayer GmbH. In der männerdominierten Kunststoffbranche gilt Isabel Grupp als eine der wenigen Frauen in Führungspositionen in MINT-Bereichen und behauptet sich seit Jahren erfolgreich. Zudem ist sie in zahlreichen öffentlichen Medien wie TV-Sendungen, Business Talks, Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Podcasts und weiteren Social Media Kanälen gern gesehener Gast. Als Landesvorsitzende der Jungen Unternehmer Baden-Württemberg vertritt sie ebenso auch Anliegen von Nachfolger:innen. Zudem wirkt sie als Mentorin für Start Ups im Female Empowerment Programm Grace. 

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09. März 2022

Deutschland sollte kein abschreckendes Beispiel werden, weil das Leben und Wirtschaften nicht leistbar ist.

Isabel Grupp

Es geht um das große Ganze, es geht um unsere Zukunft! Es betrifft uns ALLE. Die soziale Frage muss meiner Meinung nach in den Fokus. Ohne die Bevölkerung, ohne Arbeitsplätze, die gehalten und geschaffen werden – auch in der Industrie – werden wir für die notwendigen einschneidenden Veränderungen, die auf uns warten, keine Akzeptanz bekommen. Deutschland sollte kein abschreckendes Beispiel werden, weil das Leben und Wirtschaften nicht leistbar ist. Der Wirtschaftsstandort Deutschland muss im internationalen Vergleich doch attraktiv bleiben, die Menschen sollen sich wohl fühlen und gerne hier leben. Eine Abwanderung deutscher Unternehmen wäre ein abschreckendes Beispiel und dient nicht als Vorbild, schon gar nicht für Gründer und Start Ups, die wir dringend bei uns benötigen.

Wer mit marktwirtschaftlichen Prinzipien hier um die Ecke kommt, kann doch zwangsläufig nur ein Kleingeist sein, oder? Falsch gedacht – so meine Meinung!

Während die Naturwissenschaft uns vor Augen führt, was passiert, wenn wir keinen Klimaschutz betreiben und diese Argumente gern und häufig zitiert werden, beachtet kaum jemand die Experten für die Frage, wie wir die von fast allen – ich zähle mich dazu – akzeptierten Zielvorgaben der Naturwissenschaftler denn erfüllen.

Für diese Frage sind doch die (Umwelt-)ökonomen die richtigen Ansprechpartner. Sie wissen, wie man das am besten anpackt. Die allermeisten setzen auf marktwirtschaftliche wirksame Instrumente: Den Emissionshandel und die CO2-Steuer. Marktwirtschaftliche Instrumente schaffen es, Kosteneffizienz sicherzustellen.

Warum ist Kosteneffizienz so wichtig?

Kosteneffizienz besagt, dass das Instrument dafür sorgt, dass eine Tonne CO2 so günstig wie möglich eingespart wird.

Man kann es aber auch in dem Sinne ausdrücken, dass Geld immer knapp zu sein scheint. Daher muss mit den vorhandenen Mitteln so viel CO2 eingespart werden wie möglich. Ein exemplarisches Beispiel: Die Einsparung einer Tonne CO2 kostet mit der Förderung der E-Mobilität ca. 1000 Euro. Im Emissionshandel derzeit noch unter 100 Euro. Das heißt, wenn ich 1000 Euro zur Hand habe, dann kann ich über ein Förderprogramm 1 Tonne CO2 einsparen. Über den Marktmechanismus kann ich jedoch 10 Tonnen CO2 einsparen. Ein jeder, dem Klimaschutz am Herzen liegt, müsste sich mit Jubelschreien auf den Marktmechanismus stürzen. Warum passiert das denn nicht? Ist das einer der Gründe, warum wir beim Klimaschutz viel zu langsam vorankommen?

Leider wird der europäische Emissionshandel immer wieder diskreditiert und für zu niedrige Preise kritisiert. Weshalb denn? Der Emissionshandel ist ein Mengeninstrument und beschränkt die Menge an ausgestoßenem CO2 klar, deutlich und garantiert. Der Preis bildet sich am Markt. Trotz der großen Skepsis ist der Emissionshandel das weltweit erfolgreichste Klimaschutzinstrument überhaupt. Tatsächlich erreichte er die für das Jahr 2030 gesteckten Ziele schon 2020.  Und das zu den geringsten Kosten, die möglich waren. Das ist doch positiv, oder? Oder stellt man nun die Meinung der Ökonomen auch in Frage?

Der deutsche Weg zur Energiewende

Natürlich kann man behaupten, wir brauchen noch mehr Förderung, noch mehr Subventionen, noch mehr Verbote, noch mehr Regularien. Aber vielleicht ist das einfach nur der falsche Weg.

Isabel Grupp

Schauen wir uns im Vergleich die deutsche Energiewende an, die massiv mit Technologievorhaben, Planvorgaben, Förderprogrammen, Verboten und Regularien arbeitet. Ohne die Corona-Krise wäre das 2020-Ziel faktisch nicht erreicht worden und auch sonst sieht die Bilanz eher düster aus. Unsere CO2-Bilanz ist nicht herausragend, Energie ist teuer und die Versorgungssicherheit leidet. In diversen Klima-Rankings fällt Deutschland leider immer weiter zurück.

Die energieintensiven Branchen, wie wir es in unserem Unternehmen bei Plastro Mayer auch erleben, kämpfen mit wahnsinnig hohen Energiepreissteigerung und Rohstoffsteigerungen. Zudem ist alles verknappt.

Natürlich kann man behaupten, wir brauchen noch mehr Förderung, noch mehr Subventionen, noch mehr Verbote, noch mehr Regularien. Aber vielleicht ist das einfach nur der falsche Weg. Wenn wir beim Klimaschutz scheitern, dann könnte das auch dieser ideologischen Sturheit geschuldet sein.

Kaum ein Förderprogramm des Bundes hat in puncto Kosteneffizienz eine gute Bilanz. Die meisten sind verdammt teuer, klimapolitisch aber wirkungslos.

Dem Argument, die Preise müssen hoch sein, damit die Menschen ihr Verhalten ändern, möchte ich vehement widersprechen. Im mengenbasierten Instrument des Emissionshandels – also einer staatlichen Beschränkung des Ausstoßes – spielen Preise keine Rolle. Das Klimaziel ist garantiert gesichert.

Auch hier spielt die Kosteneffizienz also DIE entscheidende Rolle.

Akzeptanz und soziale Verträglichkeit beim Klimaschutz

Kosteneffizienz im Klimaschutz bedeutet hier, dass wir die Belastungen so gering wie möglich halten, um Bürger und auch Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht zu überfordern. Nur das schafft Akzeptanz in der breiten Bevölkerung.

Aktuell ist die Wahrnehmung, dass Bürger und Unternehmen stark belastet werden, Staatskassen gefüllt werden und im Anschluss das Geld wieder an bedürftige Klientele und „ausgewählte Unternehmen“ über Förderprogramme auszuschütten. Ist das sozial gerechtfertigt?

Wer profitiert von der E-Auto-Förderung? Kein „Normalverdiener“ kann sich das doch leisten? Welche Haushalte investieren in Solaranlagen auf Dächer? Welche Einkommensgruppen sanieren Ihre Häuser mit dem notwendigen Eigenanteil, um klimaschonender zu werden?

Die bisherige Energiewende ist eine Umverteilung von unten nach oben zu Lasten der allermeisten Unternehmen und der finanziell schwachen Haushalte. Und das liegt ganz entscheidend daran, dass das Kriterium der Kosteneffizienz außen vorgelassen wird.

Um es an einem ganz aktuellen Beispiel festzumachen: Von der Förderung für energieeffiziente Neubauten profitieren eben nur die, die sich überhaupt ein Haus leisten können.

Um das Klima zu schützen brauchen wir sowohl Marktwirtschaft als auch Kosteneffizienz zwingend. UND all das gelingt meiner Meinung nur wenn auch die Wirtschaft und Bevölkerung an Bord ist. Wer das ausblendet, argumentiert ideologisch und erweist dem Klimaschutz einen Bärendienst.

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  1. DenkMal

    vor 12 Monaten

    Der Einbau von Wärmepumpen in Deutschland spart bis 2030 5,6% CO2 und kostet Billionen Euro. Man sollte mit den Massnahmen zur CO2 Einsparung beginnen, die am effektivsten sind. Ich habe dazu noch keine vernünftige Aufstellung gefunden?

  2. Anja Müller

    vor 2 Jahren

    Top Beitrag, top Frau!

  3. Peter Lüdtke

    vor 2 Jahren

    Guter Beitrag! Energieeffizienz in Unternehmen, reduziert die Energiekosten im Unternehmen und gleichzeitig, die Reduzierung vom CO2- Ausstoß und am Ende des Tages, eine Kostenreduzierung zur CO2- Bepreisung!!!!

  4. Bruno Koch

    vor 2 Jahren

    Sehr guter Beitrag!

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