Kein Arbeitsplatzkiller, sondern ein Motor am Arbeitsmarkt
Lange Zeit wurde immer befürchtet, dass die Energiewende ein Arbeitsplatzkiller sei. In Zika et al. (2022) werden die Auswirkungen der neuen Zielvorgaben und Maßnahmen zum Klimaschutz und sozialem Wohnungsbau auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Deutschland beschrieben. Zu den betrachteten Maßnahmenpaketen zählen der Ausbau der Elektromobilität, die Erhöhung der Nutzung von Wasserstoff, der soziale Wohnungsbau, die Abschaffung der EEG-Umlage, die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien (auf 80 %), die Steigerung des Anteils des Ökolandbaus um 10 Prozentpunkte und der Austausch von Gasheizungen.
Den Projektionen zufolge sind die Auswirkungen auf das Gesamtniveau des Arbeitskräftebedarfs und des Wirtschaftswachstums in Deutschland bis 2030 positiv. So werden ab 2025 etwa 400.000 Arbeitskräfte zusätzlich benötigt. Auf den Fachkräftebedarf in Baden-Württemberg dürfte der Ausbau regenerativer Energien einen deutlichen Einfluss haben. Es werden zusätzliche Bedarfe in Berufsfeldern wie Bau (Hochbau, Aus- und Trockenbau), Handwerk (Heizung, Klempnerei) und Klima- und Energietechnik entstehen, in denen bereits heute Engpässe in Baden-Württemberg spürbar sind. Annähernd 90% der zusätzlichen Bedarfe entfallen auf dual auszubildende Fachkraftberufe.
Die Energiewende scheint junge Menschen wieder in Handwerksberufe zu führen
Egal, welcher Weg zur Fachkraft gewählt wird, es muss klar sein, dass diese Wege eine nicht zu unterschätzende Vorlaufzeit haben [...]
Erfreulicherweise steigt 2022 trotz einer insgesamt zunehmenden Anspannung am Ausbildungsmarkt die Zahl der eingetragenen Ausbildungsverträge insbesondere in den Elektroberufen wieder an. Ein erstes Anzeichen, dass junge Menschen wieder einen Sinn in diesen Berufen sehen. Aufgrund der Demografie – wir werden weniger und die Babyboomer gehen in Rente – wird allein über Ausbildung und über Zuwanderung der absehbare Bedarf jedoch nicht zu decken sein. Neue Wege, z.B. über Teilqualifikationen wie der Fachkraft für Photovoltaik, werden notwendig sein. Menschen aus anderen Branchen, deren Arbeitsplätze durch die Transformation wegfallen werden, können so einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten. Egal, welcher Weg zur Fachkraft gewählt wird, es muss klar sein, dass diese Wege eine nicht zu unterschätzende Vorlaufzeit haben, bis neue Fachkräfte am Arbeitsmarkt tatsächlich ankommen.
Die Agenturen für Arbeit unterstützen mit Information, Beratung und Förderung
Die Agenturen für Arbeit unterstützen diesen Prozess, in dem sie auf diese Berufe in der Berufsorientierung in den Schulen und in der Berufsberatung aufmerksam machen. Über das Qualifizierungschancengesetz können auch Menschen, die bisher keinen Berufsabschluss haben oder deren Arbeitsplatz aufgrund der Transformation gefährdet ist, eine zweite Chance über eine geförderte Weiterbildung bis zu einem Berufsabschluss bekommen. Dies ist auch innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses möglich. Die Seite der Agenturen für Arbeit beinhaltet alle Informationen zum Angebotsportfolio. Und unter https://www.arbeitsagentur.de/k/newplan findet man Anregungen, wie andere Menschen sich bereits auf diesen Weg gemacht haben.
Es lohnt sich sowohl für Arbeitgebende mit Beschäftigten, die sich für eine Aus- oder Weiterbildung interessieren, als auch Beschäftige selbst, die einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten wollen, sich über diese spannenden Berufe und die Wege dorthin zu informieren.
Christian Rauch war zu Gast als Experte auf unserem Podium beim letzten Debatten-Abend. Hier finden Sie den kompakten Nachbericht sowie eine Aufzeichnung des Livestreams.
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