Fokus Kernenergie: Endlagerung und Kernenergie – Nachwuchskräfte dringend gesucht

Gastautor Portrait

Frank Charlier

Stellvertretender Leiter des Lehrstuhls für Endlagersicherheit, RTWH Aachen

Frank Charlier hat an der RWTH Aachen Bergbau studiert und promoviert und ist seit 2009 mit der Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen der Endlagerung radioaktiver Abfälle befasst. Zusammen mit dem neuen Leiter des Lehrstuhls für Endlagersicherheit (ELS), Herrn Prof. Klaus Fischer-Appelt, konzipiert er aktuell einen Masterstudiengang, der ab Wintersemester 2022 Nachwuchskräfte für die Endlagerung und die untertägige Raumnutzung ausbilden soll. Neben seiner Tätigkeit an der RWTH Aachen ist er beratend tätig und Geschäftsführer der International Nuclear Safety GmbH (nse). Frank Charlier ist für die RWTH Aachen Mitglied der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Endlagerung (DAEF).

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03. März 2021
Bild: BGE

Das Unglück von Fukushima jährt sich nun zum zehnten Mal. Aus diesem Anlass haben wir als Blog-Redaktion Expertinnen und Experten als Gastautor*innen eingeladen, ihre Themen rund um den Ausstieg aus der Kernenergie vorzustellen: Wie können Fachkräfte qualifiziert werden? Wie erfolgt die Nachwuchssicherung in Fragen des Rückbaus? Welche Herausforderungen gilt es beim Thema Rückbau zu lösen und welche  Fortschritte und Erfolge wurden erzielt? Antworten auf diese und weitere Fragen finden sich in diesem und weiteren Gastbeiträgen unter dem Hashtag #Kernenergie. Als ersten Gastbeitrag publiziert Dr. Frank Charlier von der RWTH Aachen.

Ende der Kernenergie in Deutschland

Bis Ende 2022 wird Deutschland aus der Stromerzeugung durch Kernenergie ausgestiegen sein. Damit wird ein Kapitel geschlossen, das für Jahrzehnte Gesellschaft und Politik kontrovers beschäftigt hat.

Was bleibt, ist die Herausforderung, die radioaktiven Abfälle aus Betrieb und Rückbau der Kernkraftwerke verantwortungsvoll zu entsorgen. In Deutschland sollen hierfür Endlager in tiefen geologischen Formationen die Lösung sein.

Ausbau der Kernenergie weltweit

In 32 Ländern der Welt werden aktuell 444 Kernkraftwerke betrieben. Geplant sind zusätzlich 118 Einheiten und in Bau befinden sich 52 Kernkraftwerke. Diese Fakten belegen den kontinuierlichen Anstieg der Stromproduktion aus Kernenergie weltweit. Weitere Fakten finden sie gut aufbereitet unter www.nuclearplanet.ch.

Auch in unmittelbarer Nähe von Deutschland wird Kernenergie weiter genutzt. Teilweise mit Sorge betrachtet die Bevölkerung in den Grenzregionen den Betrieb der Kernkraftwerke unserer Nachbarn.

Endlagerung - eine Herausforderung für das Jahrhundert

Bei der Endlagerung der hochradioaktiven Abfälle wird der Prozess ca. 60-80 Jahre andauern.

Dr. Frank Charlier

Für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle hat Deutschland nach der Katastrophe von Fukushima einen grundlegenden neuen Weg eingeschlagen. In einem langjährigen Prozess soll ein sicherer Standort für ein Endlager gefunden und genehmigt werden.

Hierzu werden deutschlandweit geeignete Regionen in den Gesteinsformationen Salz, Ton oder Kristallin untersucht. Dies geschieht zunächst auf der Grundlage vorhandener geologischer Informationen. Alle Regionen werden nach festgelegten Kriterien bewertet. Dies sind Mindestanforderungen an Standorte, Ausschlusskriterien und Abwägungskriterien. Der gestufte Prozess der Standortauswahl ermittelt zuerst Teilgebiete, dann Standortregionen und im letzten Schritt konkrete Standorte für die Erkundung von über und unter Tage.

Neben der Suche nach einem geeigneten Standort für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle gibt es in Deutschland drei weitere „Endlagerprojekte“ – alle für schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Das Endlager Morsleben wird aktuell für die Stilllegung vorbereitet. In der Schachtanlage Asse II bei Remlingen wurden Abfälle eingelagert, die nach gesetzlicher Vorgabe zukünftig zurückgeholt werden sollen. Das Endlager Konrad bei Salzgitter ist genehmigt für die zukünftige Einlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen.

Die verantwortungsvollen Aufgaben der Endlagerung werden viele Jahrzehnte andauern. Bei der Endlagerung der hochradioaktiven Abfälle wird der Prozess ca. 60-80 Jahre andauern.

Mehr Informationen zum Thema Endlagerung finden Sie beim Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) unter www.base.bund.de und bei der Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE), www.bge.de.

Warum Nachwuchskräfte?

Exkursion im Endlager Konrad.

Bild: Frank Charlier

Egal, wie man der Kernenergie oder der Endlagerung gegenüber eingestellt ist – ob Befürworter oder strikter Gegner – es wird auch zukünftig in Deutschland eine Reihe von Frage- und Problemstellungen geben, mit denen sich unsere Gesellschaft auseinandersetzen muss und für die kerntechnische Kompetenz dringend benötigt wird.

Fachkräfte werden genauso für den Betrieb, die Wartung, die Stilllegung und den Rückbau kerntechnischer Anlagen benötigt wie für die Endlagerung, die Reaktorsicherheitsforschung, den Strahlenschutz und den Umgang mit radioaktiven Abfällen. Wichtig ist auch Kompetenz vorzuhalten, um ausländische kerntechnische Anlagen und Projekte bewerten zu können.

Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, brauchen wir langfristig gut ausgebildete Nachwuchskräfte, die in der Lage sind, die komplexen Zusammenhänge in diesem vielschichtigen Themengebiet zu analysieren und geeignete zukunftsfähige Lösungen unter Berücksichtigung sicherheitstechnischer Aspekte zu entwickeln.

Das Berufsfeld ist nicht nur wichtig und attraktiv, weil es für Absolvent*innen eine Vielzahl interdisziplinärer Tätigkeitsbereiche gibt. Es bietet trotz aller politischen Diskussionen angesichts des gegenwärtigen und künftigen Bedarfs an Fachkräften auch eine sichere berufliche Zukunftsperspektive auf dem nationalen und internationalen Arbeitsmarkt.

Der Lehrstuhl für Endlagersicherheit an der RWTH Aachen (www.els.rwth-aachen.de) plant deshalb die Einführung eines neuen Masterstudiengangs ab dem Wintersemester 2022, der einen Beitrag dazu leisten soll, den dringend benötigten wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland auszubilden.

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