Elektromobilität erfordert höhere Ausbauziele für erneuerbare Energien

Gastautor Portrait

Florian Hacker

Öko-Institut

Florian Hacker arbeitet seit August 2007 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Infrastruktur & Unternehmen am Öko-Institut in Berlin. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit am Öko-Institut ist die Analyse von Potenzialen zur Minderung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor. Sein besonderes Interesse gilt in diesem Kontext der Elektromobilität.

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28. Oktober 2014

Der Klimaschutz erfordert eine erhebliche Minderung der globalen Treibhausgasemissionen bis 2050. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen die Emissionen in Deutschland bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 sinken. Insbesondere im Verkehrssektor stellt die notwendige Dekarbonisierung eine besondere Herausforderung dar. Einerseits wollen individuelle Mobilitätsbedürfnisse weiterhin umfassend befriedigt und soll der notwendige Gütertransport sichergestellt werden. Gleichzeitig werden die Fahrzeuge heute in erster Linie von fossilen Energieträgern angetrieben.

Um die Klimaschutzziele zu erreichen, stellt die zunehmende Elektrifizierung vonPotovoltaikanlage (Bild Nr. 1526) Verkehr in Verbindung mit dem Einsatz von erneuerbaren Energien eine wichtige Option dar. Sie hat gleichzeitig Auswirkungen auf die Stromnachfrage. In welchem Umfang dies die Stromerzeugung beeinflusst und welche Veränderungen in einem solchen Szenario im Kraftwerkspark zum Klimaschutz notwendig sind, untersucht die Studie eMobil 2050 des Öko-Instituts im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Dabei wurden mögliche Entwicklungen des Verkehrsaufkommen und möglicher Fahrzeugtechnologien bis zum Jahr 2050 anhand zweier Szenarien veranschaulicht. Diese gehen jeweils von einer ambitionierten Entwicklung der Elektromobilität aus, welche neben der batterieelektrischen Mobilität auch die direkte Nutzung von Strom im Straßen- und Schienenverkehr berücksichtigen.

Stromnachfrage steigt durch Elektromobilität stark an
Die Ergebnisse zeigen, dass der elektrische Verkehr insbesondere nach 2030 zu einem zentralen Stromnachfrager wird, der im Jahr 2050 bis zu einem Viertel der Gesamtstromnachfrage in Deutschland ausmachen kann. Der Strombedarf steigt im Szenario Grenzenlos eMobil, welches von einem weiteren Anstieg der Verkehrsleistung ausgeht, von etwa 15 TWh in 2010 auf über 150 TWh im Jahr 2050. Hauptgründe für diese Entwicklung sind neben der zunehmenden Bedeutung elektrischer Pkw der verstärkte Einsatz von batterieelektrischen Lkw auf kürzeren Distanzen als auch oberleitungsgebundenen Sattelzügen im Fernverkehr.

Im Alternativszenario Regional eMobil, welches langfristig einen Rückgang der Verkehrsnachfrage und eine verstärkte Nutzung energieeffizienterer Verkehrsmittel unterstellt, kann der Anstieg bis 2050 auf 75 TWh reduziert werden.

Abbildung: Strombedarf des Verkehrssektors in den eMobil Szenarien (Quelle: Öko-Institut 2014)

 

oekoInstMobil

 

Treibhausgasemissionen können sinken
Die Berechnungen in eMobil 2050 zeigen zugleich: Durch die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs können die direkten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um über 80 Prozent reduziert werden. Wird der Anstieg der Stromnachfrage des Verkehrs nicht durch den zusätzlichen Ausbau erneuerbaren Energien begleitet, so sind mit der höheren Strombereitstellung auch zusätzliche Emissionen im Stromsektor verbunden. Das heißt, Emissionen aus dem Verkehrssektor werden durch den Einsatz elektrischer Antriebe in den Stromsektor verlagert.

Zwar können Elektrofahrzeuge in Zukunft flexibel geladen und ansonsten ungenutzte Überschüsse an erneuerbaren Energien teilweise integriert werden. Für die vollständige Bedarfsdeckung, so zeigen die Analysen in eMobil 2050, sind die Überschüsse aus der erneuerbaren Stromproduktion jedoch auch zukünftig bei Weitem nicht ausreichend.

Ausbau der erneuerbaren Energien nötig
Um die zusätzliche Stromnachfrage eines wachsenden Bestands an Elektrofahrzeugen, wie beispielsweise im Szenario Grenzenlos eMobil, vollständig durch regenerative Energiequellen zu decken und somit eine Erhöhung der Treibhausgasemissionen im Stromsektor zu vermeiden, sind perspektivisch erhebliche zusätzliche erneuerbare Energien (EE)-Kapazitäten erforderlich, die über gängige EE-Ausbauszenarien deutlich hinausgehen. Kann eine entsprechende Erhöhung der EE-Kapazitäten zukünftig sichergestellt werden, so kann Elektromobilität erheblich zur Erreichung der Klimaschutzziele beitragen und die Treibhausgasemissionen des Verkehrs- und Energiesektors können bis zum Jahr 2050 um mehr als 90 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 reduziert werden.

Verkehr vermeiden – Beitrag zum Klimaschutz erhöhen
Eine Möglichkeit, wie elektrisch betriebene Fahrzeuge klimaneutral mit Energie versorgt werden können, ist die verstärkte Fokussierung auf Verkehrsvermeidung und -verlagerung. Wie das Szenario Regional eMobil zeigt, kann ein verändertes Verkehrsverhalten zu mehr Klimaschutz beitragen. Denn: Würde die Verkehrsleistung sinken – also die motorisiert zurückgelegten Wege weniger werden – könnte bis 2050 der dann zusätzlich benötigte Strombedarf deutlich reduziert und damit die vollständige Bedarfsdeckung durch erneuerbare Energien erleichtert werden. Die hierfür notwendigen Veränderungen im Personen- und Güterverkehr würden jedoch deutlich veränderte ökonomische, politische und infrastrukturelle Rahmenbedingungen erfordern.
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Studie „eMobil 2050 – Szenarien zum möglichen Beitrag des elektrischen Verkehrs zum langfristigen Klimaschutz“ des Öko-Instituts
Das Öko-Institut
Solarify zur Studie
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In dieser Reihe erschienen:
Elektromobilität im Stauferland – EMiS
E-Mobilität im ländlichen Raum
Zusammen wird ein Schuh draus
Elektromobilität trifft erneuerbare Energien
Der lange Weg zur Normalität
Keine Energiewende ohne Mobilitätswende

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