Um die Klimakrise zu bekämpfen müssen wir unsere Energiesysteme vollständig dekarbonisieren. Doch wie können wir dafür sorgen, dass der notwendige Wandel hin zur Dekarbonisierung und die damit verbundene Energiewende sozial gerecht verlaufen? Hierbei lohnt sich ein Blick auf das Konzept der Just Transition.
Was genau ist damit gemeint? Der Begriff Just Transition wurde erstmals in den 1990er Jahren von nordamerikanischen Gewerkschaften genutzt. Der Hintergrund war eine Auseinandersetzung um das Abwickeln von Jobs im Chemiesektor. Hierbei wurden Maßnahmen für einen gerechten Übergang – eine sogenannte Just Transition – für die Arbeitnehmenden ausgehandelt, denen ein Arbeitsplatzverlust drohte.
Die internationalen Grundlagen für eine Just Transition
Just Transition bedeutet, ökologische, soziale und wirtschaftliche Fragen gleichzeitig anzugehen.
Große Aufmerksamkeit hat die Debatte um Just Transition jedoch erst zwanzig Jahre später bekommen. 2015 sind die Leitlinien der Internationalen Arbeitsorganisation für Just Transition im Jahr verabschiedet worden. Diese Leitlinien beinhalten unter anderem soziale Sicherung, Arbeitsplatzgarantien, Weiterbildung und sozialen Dialog. Ein solider Plan für einen gerechten Übergang umfasst Maßnahmen für betroffene Arbeitnehmende genauso wie die Diversifizierung der Wirtschaft und Maßnahmen für betroffene Gemeinden. Das heißt: Just Transition bedeutet, ökologische, soziale und wirtschaftliche Fragen gleichzeitig anzugehen.
2015 wurde das Prinzip einer Just Transition ebenfalls in der Präambel des Pariser Klimaabkommens festgehalten. Auch in den Folgejahren stand auf den internationalen Klimakonferenzen das Thema immer wieder auf die Tagesordnung. 2017 wurde auf der Klimakonferenz in Bonn zum Beispiel Powering Past Coal Alliance gegründet. Mittlerweile sind über 100 Länder beigetreten, die sich verpflichten, bis spätestens 2030 aus der Kohle auszusteigen. Im darauffolgenden Jahr wurde auf der Klimakonferenz in Polen die Silesia Declaration on Just Transition unterzeichnet. Sie ist zwar nicht verbindlich, stärkt aber die Belange von Arbeitnehmer_innen deutlich. Und duf der letzten Klimakonferenz in Glasgow 2021 wurde schließlich zum ersten Mal über den Kohleausstieg diskutiert und eine Just Energy Transition Partnership (JETP) mit Südafrika abgeschlossen, um das Land beim Kohleausstieg zu unterstützen. Weitere solche Partnerschaften mit anderen Ländern sind geplant.
Jedes Land ist anders - unterschiedliche Anforderungen an Just Transition weltweit
Die Anforderungen und die Umsetzung von Just Transition-Maßnahmen variieren international sehr stark. In Deutschland hat die Regierung 2020 den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 beschlossen. Finanziell unterstützt der Bund die den Menschen und Beschäftigten in den Kohle-Regionen durch das Strukturstärkungsgesetz dabei mit einem Paket in Höhe von bis zu 40 Milliarden Euro. Darüber hinaus sollen mindestens 5.000 neue Arbeitsplätze in ehemaligen Kohlerevieren entstehen. Auch auf europäischer Ebene gibt es im Rahmen des European Green Deal, mit dem die EU Klimaneutralität bis 2050 erreichen will, einen sogenannten Just Transition Mechanism zur Abfederung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Übergangs. Er stellt Mittel in Höhe von mindestens 150 Milliarden Euro für vom Übergang betroffene Menschen, Unternehmen und Regionen zur Verfügung.
In den Ländern des Globalen Südens spielt Just Transition bisher jedoch noch keine besonders große Rolle, weil die Probleme anders gelagert sind. Oft geht es weniger um den Ausstieg aus fossilen Energien und vielmehr um die Vorteile der erneuerbaren Energien sowie die Bekämpfung von Energiearmut. Zudem steht Klimagerechtigkeit im Vordergrund, da viele Länder bereits jetzt stark unter dem Klimawandel leiden.
Für eine inklusive und klimagerechte Just Transition, die niemanden zurücklässt
Eine Just Transition definiert sich dabei immer durch die Notwendigkeit, die globale Erwärmung auf weit unter zwei Grad zu begrenzen, um die Lebensgrundlagen der Menschen zu schützen.
Damit die notwendigen Transformationsprozesse hin zur Dekarbonisierung erfolgreich sind müssen sie gerecht sein. Just Transition-Maßnahmen müssen daher die Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen immer durch ausgewogene Sozialpolitik begleiten. Um wirksam zu sein, müssen die Maßnahmen einer Just Transition zudem partizipativ und inklusiv gestaltet sein und alle Betroffenen berücksichtigen.
Eine Just Transition definiert sich dabei immer durch die Notwendigkeit, die globale Erwärmung auf weit unter zwei Grad zu begrenzen, um die Lebensgrundlagen der Menschen zu schützen. Denn bereits heute sind besonders bedürftige Menschen stärker von der Klimakrise betroffen. Deren Lebensgrundlagen, vor allem in den Ländern des Globalen Südens, hängen von schnellem Handeln und einer ehrgeizigen Energiewende ab. Daher ist auch und gerade jetzt in Krisenzeiten eine starke Unterstützung für den Ausbau von Erneuerbaren Energien weltweit notwendig. Statt auf neue fossile Infrastruktur zu setzen sollten die Industrieländer international vor allem massiv in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren. Denn fossile Infrastruktur kann zu beträchtlichen Lock-In-Effekten führen, die die Länder auf lange Zeit an fossile Energieträger binden. Dies steht im Gegensatz zur Idee einer Just Transition.
Die angestrebten internationalen Just Transition-Partnerschaften wie mit Südafrika sind ein wichtiger erster Schritt, aber hier ist mehr Transparenz in der Umsetzung sowie vor allem eine stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft und der Gewerkschaften wichtig. Ob dies gelingt und diese Partnerschaften ihrem Namen gerecht werden wird sich unter anderem auf der nächsten Klimakonferenz (COP 27) im November 2022 in Ägypten zeigen.
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