Die Transformation des Energiesystems hin zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaneutralität bei gleichbleibender Versorgungssicherheit ist eine der dringendsten und zugleich komplexesten Herausforderungen unserer Zeit. Im Zentrum dieser Systemwende steht der Ausbau erneuerbarer Energiequellen und die teilweise Umgestaltung von Energienetzen, um eine effiziente Verteilung und Nutzung nachhaltig erzeugter Energie zu ermöglichen. Besonders entscheidend ist der Ausbau und die Optimierung von Wärmenetzen, um die Wärmeversorgung in Städten und Gemeinden klimafreundlicher zu gestalten. Hierbei wird in der Fachwelt sogenannten Smarten Quartieren oft ein Leuchtturmcharakter zugesprochen, da diese nicht nur technologische Innovationen vorantreiben, sondern auch die Akzeptanz für Veränderungen in der Bevölkerung fördern können.
Wärmewende und Ausbau der Elektrizitätsnetze – ein ungleiches Paar?
So nimmt Baden-Württemberg eine bundesweite Vorreiterrolle bei der Wärmewende ein, indem es als erstes Bundesland verbindliche Wärmepläne für größere Kommunen festschrieb und kleinere Kommunen bei der Aufstellung der Pläne förderte.
Mit einem klaren Ziel vor Augen, wenngleich nicht immer eine definierte Blaupause zu dessen Erreichung besteht, bilden die Wärmewende (wo möglich z. B. als Umsetzung eines Wärmeplans) und die Ertüchtigung der Elektrizitätsnetze ein gar nicht so ungleiches Paar.
So nimmt Baden-Württemberg eine bundesweite Vorreiterrolle bei der Wärmewende ein, indem es als erstes Bundesland verbindliche Wärmepläne für größere Kommunen festschrieb und kleinere Kommunen bei der Aufstellung der Pläne förderte. Für die Umsetzung der Wärmepläne kommen dann, wo es die technische Machbarkeit und Betriebswirtschaftlichkeit zulassen, verstärkt Wärmenetze zu Einsatz. Als Ergänzung zu den Wärmenetzen können Wärmepumpen vermehrt dort zum Einsatz kommen – und dabei idealerweise mit erneuerbar erzeugtem Strom laufen –, wo Wärmenetze aus o. g. Punkten nicht sinnvoll sind. Für den dadurch erhöhten Strombedarf nebst prognostizierter höherer Einspeisung aus erneuerbarer Erzeugung sind Ertüchtigung und Ausbau der Elektrizitätsnetze notwendig. Idealerweise werden dabei Wärme und Strom gesamthaft betrachtet und erlauben es, mit Instrumenten der Sektorenkopplung einen Energienutzungsplan umsetzbar zu gestalten.
Smarte Quartiere, welche mittels intelligenter Mess- und Steuerungstechnik die Energieflüsse optimieren und dadurch Netzausbau samt Investitionskosten auf das Notwendige beschränken, würden so Realität statt Reallabor.
Die Umsetzung in eben jener Realität steht vor vielen Herausforderungen und bedarf eines gut orchestrierten Zusammenspiels vieler Akteure. Grob untergliedern lassen sich diese Herausforderungen in Neubau- und Bestandsthemen. So stellen sich im Neubau z. B. Fragen nach der Bekanntheit der Erschließungs- bzw. Bauträger sowie dem Vorliegen eines kommunalen Wärme- oder Energienutzungsplans. Im Bestand sind die Fragen ungleich komplexer. Der Zielzustand energetischer Versorgung für Einfamilienhäuser ist schnell definierbar. Auch bei verdichtet gebauten Mehrfamilienhäusern als Wohneigentum könnte ein Konsens schnell erreicht werden, trotz unterstelltem Diskussionsbedarf ob heterogener Eigentümerstruktur. Doch wie gelingt die Umsetzung im verdichteten Wohnquartier mit vermieteter Altbausubstanz? Ausgehend vom Konsens über den energetischen Zielzustand – wer zahlt den Umbau?
Smarten Quartieren und weiteren – oft geförderten – Leuchtturmprojekten kommt dabei die Rolle der Reallabore zu. Orte, an welchen Lösungen für konkrete technische Herausforderungen erarbeitet sowie neue Geschäftsmodelle und Finanzierungskonzepte entwickelt werden können. Beachtenswert ist auch die Rolle solcher Projekte als mögliche Treiber der Innovationsbereitschaft involvierter Akteursgruppen, dabei insbesondere der Stadtwerke, Netzbetreiber, Kommunen und Bauträger.
Smarte Quartiere als Schlüssel zur Akzeptanz?
Dabei taucht immer wieder die Frage nach der „Akzeptanz“ von Privatpersonen im Hinblick auf die jeweiligen Maßnahmen auf. Akzeptanz wird dabei in verschiedenen Ausprägungen und Dimensionen des Begriffsverständnisses[1] benutzt – von Duldung bis zu aktiver Mitgestaltung und so z. B. der Teilnahme an Flexibilitätsmodellen. Der Übersichtlichkeit halber bleiben wir in jenem zusammengefassten Spektrum des Begriffsverständnisses, welches Widerstand ausschließt.
Ungeachtet ihres technischen Vorbildcharakters wäre es anmaßend, Smarten Quartieren eine Kausalität für Akzeptanzbildung zu unterstellen. Akzeptanzbildungsprozesse sind vielschichtige Konstrukte und bedürfen einer dedizierten Betrachtung im konkreten Projektbezug[2].
Doch verkennen sollte man dieses Potential ebenso nicht. Es bedarf, wie im Umgang mit anderen Werkzeugen, fähiger Menschen und transparenter Kommunikation, um Privatpersonen komplexe Themen der Energietransformation näher zu bringen und dabei die Akzeptanz technischer Umsetzung zu verdienen. Smarte Quartiere bieten dafür eine Plattform, zu deren Nutzung man nur ermutigen kann. Damit gelingt es uns, selbst diese höchst herausfordernde Transformation gemeinsam voranzutreiben.
Quellen
[1] Zoellner, J., Schweizer-Ries, P., Rau, I., Müller, T. (2012). Akzeptanz Erneuerbarer Energien. In: Thorsten Müller (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
[2] Laborgne, P., Radtke, J. (2023). Akzeptanz und Partizipation in der Energiewende. In: Sonnberger, M., Bleicher, A., Groß, M. (Hrsg.) Handbuch Umweltsoziologie. Springer VS, Wiesbaden.
Jakobs, E.-M. (2019). Technikakzeptanz und -kommunikation – ein vielschichtiges Konstrukt. In: Fraune, C., Knodt, M., Gölz, S., Langer, K. (Hrsg.) Akzeptanz und politische Partizipation in der Energietransformation. Springer VS, Wiesbaden.
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