Urban Energy Talks: Wie kann die Stadtplanung die Energiewende fördern?

Gastautor Portrait

Dr. Stephan Anders

Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB)

Der Fokus des Architekten und Stadtplaners Dr.-Ing. Stephan Anders liegt auf der Stadt- und Quartiersplanung. Im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ist er gemeinsam mit Susanne Schatzinger vom Fraunhofer IAO verantwortlich als leitender Projektkoordinator der FutureCitiesBW-Initiative im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. Bei der DGNB leitet er die System Abteilung und setzt sich für die Entwicklung nachhaltiger urbaner Quartiere ein.

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14. Juni 2017

Was hat Stadtplanung mit Energie zu tun? Auf den ersten Blick mag sich diese Frage stellen, jedoch verbindet die beiden Themen sehr viel und bietet reichlich Diskussionsstoff beispielsweise für die Urban Energy Talks. So entscheidet schon die Lage eines neuen Quartiers maßgeblich die durch jeden Bewohner täglich zurückgelegten Distanzen und den damit verbundenen Verbrauch an Zeit und Energie. Eine Person, die in einem Passivhaus am Stadtrand wohnt und täglich mit dem PKW zur Arbeit pendelt, benötigt unter Umständen insgesamt mehr Energie als eine Person, die im Stadtzentrum in einem nichtsanierten Altbau wohnt. Die Entscheidung, an welchen Standorten in der Stadt neue Quartiere entstehen sollen, hat somit gleichzeitig Auswirkung auf den Verkehr – der einen hohen Anteil am Gesamtenergiebedarf und Emissionen hat (Stichwort: Feinstaub).

Der Fokus des Architekten und Stadtplaners Dr.-Ing. Stephan Anders liegt auf der Stadt- und Quartiersplanung. Im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ist er gemeinsam mit Susanne Schatzinger vom Fraunhofer IAO verantwortlich als leitender Projektkoordinator der FutureCitiesBW-Initiative im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. Bei der DGNB leitet er die System Abteilung und setzt sich für die Entwicklung nachhaltiger urbaner Quartiere ein.

Urbane Energiewende ist ohne neues Denken in der Stadtplanung nicht möglich

Ein weiteres Beispiel ist die vermehrte Forderung nach einer Nachverdichtung der Stadt. Diese kann neben positiven Effekten, auf die Effizienz von Energie- und Verkehrssystemen oder auch die Auslastung der sozialen Infrastruktur, ebenso negative Effekte mit sich bringen. Durch eine hohe Dichte und der damit verbundenen hohen Versiegelung wird der natürliche Wasserhaushalt gestört und damit die Gefahr von Überschwemmungen erhöht. Des Weiteren wird der Freiflächenanteil reduziert und das Stadtklima negativ beeinflusst. Ein weiterer negativer Effekt ist die Abnahme der solaren Gewinne durch die gegenseitige Verschattung der Gebäude und der zunehmende Ressourcenbedarf von Gebäuden bei steigender Höhe, aufgrund von gesteigerten statischen Anforderungen und einem höheren Strombedarf u.a. für Aufzüge und technische Lüftung.

Neben der Lage, städtebaulichen Dichte und Struktur hat auch die energetische Qualität der Gebäudehülle einen großen Einfluss auf den Energiebedarf eines Quartiers. Jedoch ist mehr Dämmung nicht immer gut. Neben baukulturellen und bauphysikalischen Fragestellungen können beispielsweise bei fernwärmeversorgten Stadtquartieren die Effizienzgewinne auf Gebäudeebene unter Umständen durch Effizienzverluste des nicht mehr voll ausgelasteten Fernwärmenetzes kompensiert werden. Denn ein Fernwärmenetz lässt sich umso effizienter betreiben, desto mehr Wärme pro Fläche bezogen wird. Wenn die Wärmebezugsdichte pro Quadratmeter durch die Dämmung der Gebäude sinkt, sinkt unter Umständen auch die Effizienz des Fernwärmesystems.

Stadtplanung und Energie stehen in komplexem Zusammenhang

Diese drei Beispiele zeigen, dass es vielfältige teils komplexe Zusammenhänge zwischen den Themen Stadtplanung und Energie gibt. Jedoch wird die heutige Planungspraxis der urbanen Komplexität und dem Zusammenwirken verschiedener Teilsysteme oftmals nicht mehr gerecht. Daher können Maßnahmen, die auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, an anderer Stelle zu Turbulenzen führen. Es gilt somit bei jedem Projekt die Auswirkungen von Maßnahmen ganzheitlich zu bewerten und je nach Situation und Standort abzuwägen. Beispielsweise sind die Auswirkungen eines Hochhauses auf die Durchlüftung des Stuttgarter Talkessels weitaus kritischer einzuschätzen als in Hamburg, wo die durchschnittliche Durchlüftung allgemein viel besser ist. Eine ganzheitliche Betrachtung und Berücksichtigung der spezifischen Rahmenbedingungen am Standort ist somit elementar. Jedoch stellt sich die Frage, wie dieser Prozess zielführend unterstützt werden kann, um die Auswirkungen geplanter Maßnahmen auf Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zu beurteilen und die richtigen Prioritäten zu setzen?

Diskussionsstoff für Architekten, Planer, Ingenieure und Querdenker bei den Urban Energy Talks

Diese und andere Fragen wollen wir gemeinsam am 29. Juni 2017 im Rahmen der Urban Energy Talks 2017 diskutieren und eine Vision für die Stadt der Zukunft entwerfen.

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