Kooperationsveranstaltung der Stiftung Energie & Klimaschutz Baden-Württemberg mit dem Fritz-Erler-Forum (Landesbüro der Friedrich-Ebert-Stiftung), dem Solarverein Rems-Murr und der Bürgerenergie Plüderhausen am 14. November 2016 in Waiblingen
Der Großteil der Bevölkerung in Deutschland steht hinter der Entscheidung der Bundesregierung für die Energiewende. Bei der Frage, wie diese finanziert werden soll, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Darüber diskutierten in Waiblingen Experten aus Wissenschaft, Politik, Praxis und Medien. Moderiert wurde die Veranstaltung von Rolf Gaßmann, dem Vorsitzenden des Mietervereins Baden-Württemberg.
Esther Chrischilles, Senior Economist im Kompetenzfeld Umwelt, Energie, Infrastruktur beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V., traf in ihrem Impulsstatement den Nerv der anwesenden Zuhörer. Mit der Aussage „aktuell bezahlt der Stromverbraucher die Energiewende“ erntete sie breite Zustimmung. Seit 2011 befasst sie sich mit der Energiewende und der Frage, wie das ökologische Ziel einer Förderung der Erneuerbaren Energien auf die kostengünstigste Weise erreicht werden kann. „Die Förderung ist auf einem guten Weg, aber es gibt durchaus Luft nach oben“. Die Kosten seien allerdings nicht gerecht verteilt. So wendet ein Geringverdiener prozentual einen deutlich höheren Teil seines Einkommens für Energie auf als ein Besserverdiener. Dies sei keine leistungsgerechte Verteilung.
Das Thema der Bezahlbarkeit wird immer wieder dazu genutzt, das gesamte Projekt der Energiewende in Frage zu stellen. Dr. Nina Scheer, Mitglied des deutschen Bundestages und dort Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie warf die Frage auf, was es denn kosten würde, wenn die Energiewende nicht vollzogen wird, und schlägt vor: „Die Bepreisung von CO2 könnte eine Entwicklungswelle in Gang setzen.“ Dieser Ansatz sei nicht neu, solle aber eine gerechtere Kostenverteilung ermöglichen. Wer mehr CO2 ausstößt, solle auch dafür zahlen. Am Erneuerbare-Energien-Gesetz kritisiert Scheer, dass es zwar den Ausbau der Erneuerbaren vorsehe, der Abbau fossiler Energieträger aber dabei nicht wirklich erfasst werde. Zusätzlich „hängt der Netzausbau hinterher“. Die EEG-Umlage hält sie für indirekte Entwicklungshilfe, da Deutschland zu einem Technologietransfer beigetragen habe. Diesen Teil der Stromkosten solle deshalb nicht der einzelne Stromverbraucher übernehmen, sondern der Staat als Ganzes.
Auch der Konzernexperte Energiewirtschaft und Energiepolitik der EnBW Energie Baden-Württemberg AG Dr. habil. Jörg Jasper sieht eine sozial unausgewogene Kostenverteilung als gefährlich an: „Eine ungerechte Verteilung der Kosten schadet der Legitimität und Tragfähigkeit des Projektes.“ Er beschäftigt sich mit der Frage, wie Regularien aussehen sollten, damit die Erneuerbaren Energien wachsen und die Energiewende auf der Markt- sowie Verbraucherseite regulatorisch gelingen kann.
Als „Fan“ der Energiewende bezeichnet sich Malte Kreutzfeld, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt der Tageszeitung taz in Berlin. Er betrachtet die Energiewende als „alternativlos“, kritisiert allerdings: Daran, dass die Strompreise von 15 Cent im Jahre 2000 auf 30 Cent im Jahre 2015 gestiegen sind, haben eine ganze Menge Leute mitverdient, und weiter: „Die Kosten, die manche Industrieunternehmen nicht zahlen, weil sie ganz oder teilweise von der EEG-Umlage befreit sind, zahlen die Privatverbraucher.“
* Moderiert von Rolf Gaßmann, Vorsitzender des Mietervereins Baden-Württemberg, diskutierten auf dem Podium Esther Chrischilles, Senior Economist Kompetenzfeld Umwelt, Energie, Infrastruktur beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V., Dr. Nina Scheer, MdB, Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages, Dr. habil. Jörg Jasper, Konzernexperte Energiewirtschaft und Energiepolitik der EnBW Energie Baden-Württemberg AG und Malte Kreutzfeldt, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt der taz.