#UMT2019: Neue Mobilität: Wann, wie, nachhaltig?

Gastautor Portrait

Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
15. April 2019
Sketchnote der UMT2019 - Begrüßung

Das Auto ist eine furchtbar ineffiziente Maschine: fünf Plätze, durchschnittlich davon 1,4 besetzt, Standzeit 23 h/Tag

Klaus Amler

Bei den Urban Mobility Talks in Kooperation mit der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH am 11. April 2019, standen Austausch und Diskussion im Mittelpunkt.

Gleich zu Beginn des Nachmittags steckte Klaus Amler, Projektleiter Studie „Mobiles Baden-Württemberg“, den Rahmen: Der Verkehr sei der einzige Sektor, auf dem sich der CO2-Ausstoß seit 1990 nicht verringert habe. Amler wies darauf hin, dass Deutschland Gefahr läuft, bis 2030 für bis zu 60 Mrd. Euro Emissionszertifikate zukaufen zu müssen. Daher untersuchte er im Rahmen der Studie gemeinsam mit Autoherstellern, Fahrradfahrern, Umweltverbänden und Zulieferern, wie sich die Mobilität der nahen Zukunft gestalten kann. Und dies mit den ökonomischen und sozialen Auswirkungen auf die betroffenen Wirtschaftszweige – besonders wichtig für ein derart vom Automobilbau geprägten Bundesland wie Baden-Württemberg.

Die Wirtschaft ist gnadenlos – und der Kunde auch

Hinken wir China und Kalifornien hinterher, weil wir selbst nicht dran glauben?

Robin Engelhardt

Die Kernaussage der Studie zeigt, dass ein Kulturwandel – mit flexiblerem Nahverkehr, kürzeren Wegen, langsamerer Fortbewegung usw. – der einzige Weg ist, wie wir das Pariser Klimaschutzabkommen einhalten können. Amler folgerte daraus klar: Wer keine zukunftsfähigen Produkte anbietet, wird verlieren, so wie der einstige Marktdominator Nokia innerhalb von zehn Jahren verschwunden ist.

In den anschließenden Panels diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einzelne Schwerpunkte intensiver mit den Expeten.

Robin Engelhardt, noch Student, aber schon Gründer der Autovermietung EAV Mobility, fragte in seinem Panel, ob wir China und Kalifornien bei der Elektromobilität noch einholen können – und ob wir das wollen. Ein Teilnehmer brachte diesen Aspekt auf den Punkt: „Egal welcher Antrieb – Hauptsache weniger Autos.“ Und was wäre schlimm daran, wenn wir bei der Batteriefertigung oder den dazu benötigten Rohstoffen vom Ausland abhängig wären? Das Smartphone wird schließlich ebenfalls komplett außerhalb Deutschlands gefertigt. Den Diskutanten, überwiegend Studierenden, ist bewusst, dass nicht alle in der konventionellen Automobilindustrie Beschäftigten umgeschult werden können. Aber in der Zeit des Umstiegs können wir dem Wandel begegnen und trotzdem das Spezialwissen halten, wie das Beispiel der Schweizer Uhrenindustrie zeige.

Noch härter wird das Thema Arbeitsplätze bei ISME-Gründer Manfred Schmid diskutiert. Für eine Teilnehmerin kein Argument: „Wenn sich unsere Automobilindustrie nicht radikal wandelt, stirbt sie. In ihrem jetzigen Zustand schafft sie keine neuen Arbeitsplätze mehr.“

Mobilitäts- und Stadtplaner Schmid kennt das Spannungsfeld, in dem sich vor allem kleinere Kommunen bewegen. Er weiß: In der Stadt ist das Auto sogar lästig, in ländlicheren Gebieten erfordert die ÖPNV-Nutzung aber mehr Planung und ist zu unflexibel, wenn Busse z.B. entweder fast leer oder zu Stoßzeiten drangvoll sind: „Wir brauchen massentaugliche Systeme.“ Das Fazit des Panels: Wissen und Technik sind nicht das Problem, sondern die Anwendung. Eine Transformation kann aber nur freiwillig geschehen.

Am Ende zahlt jeder gern für Zeitersparnis und Pünktlichkeit

Wie lässt sich mit der Mobilität in Zukunft Geld verdienen? Und muss das ein Automobilhersteller machen, oder kann dies ein Startup übernehmen? Bei der Leiterin Industrialisierung der Landesagentur e-mobil BW GmbH Katja Gicklhorn durften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer spinnen. Die Ideen waren trotzdem keineswegs abwegig. Die CO2-Kosten in den Mobilitätspreis zu integrieren und sich die Batterie des eigenen E-Autos über eine Plattform als Schwarmspeicher bezahlen zu lassen, waren die Ideen, von einer Seilbahn als Geschäftsidee  – funktioniert in weniger entwickelten Ländern schließlich auch –  bis zu einer Kompensation für nicht gefahrene Kilometer. Oder auch dynamische Modelle wie höheren Bahnpreise zu Stoßzeiten. Einig waren sich die Diskutanten jedenfalls, dass durchaus die Bereitschaft vorhanden sei, für gesparte Zeit, eine verlässlich planbare Ankunftszeit am Zielort oder auch fallweise für Komfort Geld auszugeben.

 

Bei den Urban Talks-Reihe wählen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen drei Diskussionsrunden aus. Der lockere Austausch in Workshop-Atmosphäre „zieht“ nicht nur Young Professionals, Studierende und Gründer an. Auch die Panelmoderatoren profitieren: Sie sind als Multiplikatoren tätig und erhalten von den Urban Talks-Teilnehmern wichtige Impulse. In der Vergangenheit haben sich hieraus auch schon neue Projekte in den jeweiligen Fachbereichen ergeben.

Einen Eindruck des Nachmittags gibt es auch auf Twitter über den #UMT2019.

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