Der Milchschlauch – eine vergessene Milchverpackung
Beitrag vom 4. November 2016
Kaum ein anderes Flüssigprodukt wird in so unterschiedlichen Verpackungsformen verkauft, wie die Milch. Wo sie früher noch in blechernen Milchkannen über den Ladentisch ging, steht heute ein hoch-technologisierter Milchautomat. Doch auch heute wird Milch nicht überall gleich verkauft. In Großbritannien und Irland sind Plastikkanister beliebt, in Estland gibt es die Milch in dünne Plastikfolie eingeschweißt.
Die Rede ist vom Milchschlauch, einer Verpackungsmethode, die man in Deutschland kaum noch kennt. Denn durch die Nachteile im Transport und der Stabilität wurde der Milchschlauch nach und nach vom Marktriesen Tetra Pak verdrängt. Nicht so aber in Estland, hier gibt es die gleiche Milch im Karton und im Schlauch.
Welche Verpackung ist eigentlich umweltfreundlicher?
Auf den ersten Blick wirkt der Tetra Pak in Sachen Umweltschutz unschlagbar. Denn alles was aus Papier ist lässt sich recyceln, wächst nach und bildet keinen Müll. Doch das stimmt so nicht ganz. Dr. Maike Groeneveld von der Landwirtschaft-, Lebensmittel- und Ernährungsberatung aid.de schreibt, dass bei Produkten, die wie Milch haltbar sein müssen eine lichtundurchlässige Aluminiumschicht in den Karton eingezogen ist. Darüber hinaus ist die Milch auch nicht im direkten Kontakt zum Karton – dazwischen befindet sich eine Schicht PET, also Plastik. Zusammen mit Druckbeschichtung und Klebstoff kommen weitere künstliche Stoffe in die Papierverpackung.
Dagegen ist der Milchschlauch ganz einfach aufgebaut: „Ökologisch ist der Milchschlauch nicht zu toppen, das war reines Polyethylen und lässt sich leicht recyceln“, sagte Ulf Kelterborn, der Geschäftsführer der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen 2015 Spiegel Online. Für den Hersteller war es darüber hinaus vor allem eines – billig.
Das sieht man in Estland am Preis für den Konsumenten: Ein Liter Alma-Milch der Firma Valio kostet im Getränkekarton 0,68 Euro, in Folie kostet das gleiche Produkt dagegen nur 0,49 Euro.
Kaum recyclebares Rohstoffmischmasch
Getränkekartons zu recyceln ist aufwändig und teuer. Die Mischung aus PET, Papier, Aluminium, Klebstoff und Druckfarbe ist kaum zu trennen. Darum bleibt oft nur die thermische Verbrennung übrig, um den Müll so gering wie möglich zu halten, so Kelterborn.
Obwohl der Milchschlauch im Vergleich so eine billige und ökologische Verpackung war, ist er in Deutschland in seiner ursprünglichen Form quasi ausgestorben. In Estland dagegen lebt er fort. Und nicht nur in der Milch: Von Sauerrahm, Kefir und Joghurt bis zu allen Arten von Quark gibt es alle Milchprodukte auch in umweltschonenderen Verpackungsschläuchen. Aber auch in Deutschland drängen gelegentlich praktischere Abwandlungen des Milchschlauches wieder auf den Markt. Wer demnächst also vor dem Milchregal zwischen Folie und Karton zweifelt: Der Griff zum Schlauchprodukt ist umweltfreundlicher.
Von Tobias Mayr
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