War watt? Die Unwahrheit und nicht Ökostrom schadet dem Klimaschutz

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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10. März 2016
War watt? ist die energiepolitische Kolumne von Hubertus Grass. Hier geht es um die Energiewende. Wie bekommen wir die gut hin?

#Energiewende schadet dem Klimaschutz. Ökostrom schadet dem Klima. Es sprang den Online-Leser heute förmlich an. Bei Twitter war es die häufigst zitierte Schlagzeile. RP-Online, Focus oder andere Portale meldeten heute unisono, dass eine Studie ebendies festgestellt habe: Die Erneuerbaren Energien sind der Feind des Klimaschutzes. Die Studie kommt vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW)  Zitiert wird dann: „Wegen des Ausbaus des Ökostroms, dessen Stromerzeugung starken Schwankungen unterliegt, und geringen Kohle-Preisen haben die Versorger zunehmend Kohle-Kraftwerke mit hohem CO2-Ausstoß eingesetzt. Die Energiewende soll vornehmlich bestimmte Technologien fördern und dient nicht dem kurzfristigen Klimaschutz, resümiert das Institut.“

Im Vorstand des IW sitzen Vertreter der Metall-Industrie ebenso wie die Vereinigung Rohstoffe und Bergbau e. V., die Wirtschaftsvereinigung Stahl, der Verband der Chemischen Industrie e.V. Klimaschutz22und andere Lobbygruppen. Stets bemüht, seinen Publikationen einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben, kann das Institut der Deutschen Wirtschaft kaum verhehlen, dass hier unter dem Deckmantel von Seriosität Auftragsarbeit für eine Interessengruppe erledigt wird. Was das IW im Kleide wissenschaftlicher Expertise verpackt, ist das, was den Herren im Vorstand (es sind wirklich nur Herren im über 20-köpfigen Vorstand!) nützlich erscheint. Es ist opportun, wenn die deutsche Wirtschaft glaubt, mit solch einem Institut ihre Interessen im Meinungskampf besser vertreten zu können. Dass Medien Blödsinn (um nichts anderes handelt es sich bei der heutigen Meldung) drucken oder 1:1 online verbreiten, ist der täglich wieder kehrende Skandal, an den wir uns keinesfalls gewöhnen sollten.
Diese Unwahrheit, dass die deutsche Energiewende kein probates Mittel für den Klimaschutz ist, verbreitet das IW schon seit Jahren. Mal musste der europäische Emissionshandel als vorgeschobenes Argument dienen, mal der billige Kohlestrom. Die Wahrheit ist, dass kein anderes Projekt auf der Welt so viel für den Klimaschutz gebracht hat wie die deutsche Energiewende. Das IW bezieht sich immer auf den deutschen CO2-Ausstoß und die deutschen Klimaziele. CO2 macht aber, wie auch das IW weiß, nicht an den Grenzen Deutschlands halt.

Wenn das IW der Wissenschaftlichkeit und nicht einer Interessengruppe verpflichtet wäre, Klimaschut65würde es einmal untersuchen, wie hoch der deutsche Beitrag zur globalen Energiewende und damit zum weltweiten Klimaschutz genau ist. Das wäre mal des Schweißes der Edlen wert. Auf solche Untersuchungen wird man beim IW aber vergebens warten. Schon beim Mindestlohn hatte das IW hundertfach erklärt, welchen Schaden er anrichten wird. Hier lag das IW ähnlich weit daneben wie bei der Kernkraft, für die sich das IW über Jahre (streng wissenschaftlich, versteht sich) jahrelang engagiert hat. Es ist eine Sache, wenn die deutsche Wirtschaft (in Wahrheit ist es nur ein bestimmter Teil der Wirtschaft) ein Institut unterhält, dessen Ergebnisse stets im Sinne der Eigner sind. Das ist legitim. Es ist eine andere Sache, wenn die Pressemeldungen des IW durchgereicht werden, als hätte hier die Wissenschaft gesprochen.

Klimaschutz4

Als Kontrastprogramm zur Desinformationspolitik des IW zeigen wir im nachfolgenden Video, wie lustvoll ein US-Versorger seine Kohlekraftwerke in die Luft jagt. Das Krachen der Sprengladungen reichte US-Energieversorger Duke Energy aber offenbar nicht. Er inszenierte den Abriss von vier maroden Kohlekraftwerken mit Tschaikowskys Ouvertüre 1812. Für diese Info danken wir dem Managermagazin.

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  1. Windmüller

    vor 8 Jahren

    Sie schreiben mir aus der Seele. Auch ich ärgere mich darüber, dass in Deutschland immer wieder das Mantra der teuren Ökoenergien gerasselt wird. Tatsache ist, dass der Strom ohne Energiewende auch nicht weniger kosten würde. Ohne Ökoenergien müsste man in viele neue Kohlekraftwerke investieren, und die gibt es im Aldi auch nicht gratis an der Kasse. Zudem liefert das britische Hinkley Point Projekt das beste Beispiel. Die Investitionsentscheidung ist zum neunten Mal verschoben worden. Der Finanzchef von EdF hat das Handtuch geschmissen, weil er das Projekt für unbezahlbar hält.

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