Untersuchungen an einem Magnetfilter zur Minimierung von Sekundärabfall beim Rückbau kerntechnischer Anlagen

Gastautor Portrait

Carla-Olivia Krauß

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Nach ihrem Abschluss des Studiums der Physik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeitet Carla-Olivia Krauß seit 2015 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am KIT am Institut für Technologie und Management im Baubetrieb im Bereich Rückbau konventioneller und kerntechnischer Bauwerke.

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18. März 2021
Foto: EnBW AG

Das Unglück von Fukushima jährt sich nun zum zehnten Mal. Aus diesem Anlass haben wir als Blog-Redaktion Expertinnen und Experten als Gastautor*innen eingeladen, ihre Themen rund um den Ausstieg aus der Kernenergie vorzustellen: Wie können Fachkräfte qualifiziert werden? Wie erfolgt die Nachwuchssicherung in Fragen des Rückbaus? Welche Herausforderungen gilt es beim Thema Rückbau zu lösen und welche Fortschritte und Erfolge wurden erzielt? Antworten auf diese und weitere Fragen finden sich in diesem und weiteren Gastbeiträgen unter dem Hashtag #Kernenergie. In unserem heutigen Beitrag publiziert Carla-Olivia Krauß vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Ausgangslage

Beim Rückbau kerntechnischer Anlagen wird das Wasser-Abrasiv-Schneid-Verfahren (WAS-Verfahren) neben anderen Verfahren zum Zerlegen des Reaktordruckbehälters und seiner Einbauten verwendet. Diese Stahlkomponenten sind durch die Neutronenstrahlung aktiviert. Das WAS-Verfahren bietet viele Vorteile im Vergleich zu anderen Zerlegetechniken, so kann es unter anderem fernhantiert eingesetzt werden und es entstehen keine Aerosole und Hydrosole. Es weist aber auch einen großen Nachteil auf. Bei der Anwendung dieses Verfahrens entsteht ein Partikelgemisch aus Stahlpartikeln der zu zerlegenden Stahlkomponente und den Abrasivpartikeln des WAS-Verfahrens. Da die Stahlpartikel radioaktiv sind, muss dieses Partikelgemisch derzeit als radioaktiver Abfall behandelt werden. Dieses Partikelgemisch wird als Sekundärabfall bezeichnet. Die Mengen an Sekundärabfall sind dabei enorm, sodass das WAS-Verfahren trotz seiner technischen Vorteile kaum noch eingesetzt wird.

Lösung: Wiederverwendung

In einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojekt wurde eine Separationsanlage entwickelt, die das Partikelgemisch aus dem WAS-Schnitt behandelt. Nach der Behandlung mit der Separationsanlage erhält man zwei Fraktionen. Eine Fraktion besteht hauptsächlich aus Stahlpartikeln und wird als radioaktiver Abfall entsorgt. Die andere Fraktion besteht aus groben Abrasivpartikeln, die für einen erneuten WAS-Schnitt verwendet werden.

Separationsanlage

Diese Anlage besteht aus einem Rührbehälter, in dem eine homogene Suspension aus Partikelgemisch des WAS-Schnitts und Wasser erzeugt wird. Mit Hilfe einer Pumpe wird diese Suspension zu einem Sieb befördert. Diese trennt die feinen Partikel von den groben Partikeln. Die feinen Partikel werden mit Hilfe eines Beutelfilters aufgefangen und als radioaktiver Abfall entsorgt. Die groben Partikel werden mit einem Magnetfilter weiter bearbeitet.

Grafik: Carla-Olivia Krauß

Magnetfilter: Funktionsweise

Durchläuft dieses Partikelgemisch den Magnetfilter, werden die Stahlpartikel von dem im Magnetfilter bestehenden Magnetfeld angezogen. Die Abrasivpartikel wiederum passieren das Magnetfiltersystem. Es kommt somit zu einer Separation der Abrasiv- und Stahlpartikel.

Der Magnetfilter ist modular aufgebaut und besteht aus Magnetrosten. Dieser modulare Aufbau ermöglicht eine Erweiterung des Magnetfilters um weitere Magnetroste möglich.

Magnetfilter: Durchgeführte Untersuchungen

Um diesen Abscheideprozess besser verstehen zu können und zu verbessern, wurde der Abscheideprozess der Stahlpartikel im Magnetfiltersystem experimentell und numerisch untersucht. Bei den Untersuchungen wurden jedoch die Abrasivpartikel vernachlässigt, d.h. es wurde analysiert, was passiert, wenn ausschließlich die Stahlpartikel das Magnetfiltersystem passieren. Die Wirksamkeit der Separation wurde anhand des Abscheidegrads beurteilt, welcher angibt, wie viele Stahlpartikel vom Magnetfiltersystem separiert werden.

Erzielte Abscheidegrade

Experimentell und mit Hilfe einer Simulation wurden die Abscheidegrade bei Verwendung von einem und zwei Magnetrosten bestimmt. Bei Verwendung von einem Magnetrost wurde numerisch ein Abscheidegrad von 78-79% berechnet. Befanden sich zwei Magnetroste im Magnetfilter wurde experimentell und numerisch ein Abscheidegrad von 92-93% erzielt.

Bei Verwendung von mehr als zwei Magnetrosten wurde der Abscheidegrad numerisch und mathematisch bestimmt. Beim Einsatz von drei Magnetrosten wurde numerisch und mathematisch ein Abscheidegrad von 97-99% bestimmt. Die Verwendung von vier Magnetrosten ergab mathematisch einen Abscheidegrad von 98,9-99,7 %.

Empfehlung: Verwendung von drei Magnetrosten

Eine Erhöhung der Verwendung von mehreren Magnetrosten führt also zu einer Steigerung des Abscheidegrads. Da der Magnetfilter zur Behandlung von radioaktiven Partikelgemischen genutzt wird, bedeutet die Verwendung von mehreren Magnetrosten auch eine Erhöhung der Störstellen im Magnetfiltersystem. An diesen Störstellen können sich nun radioaktive Partikel anlagern. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Abrasivpartikel des WAS-Schnitts Stahlanhaftungen aufweisen, d.h. der Abscheidegrad im realen Partikelgemisch ist begrenzt. Unter den betrachteten Aspekten wird die Verwendung von drei Magnetrosten empfohlen.

Reduzierung des Sekundärabfalls

Wird ausschließlich der Magnetfilter betrachtet, wird davon ausgegangen, dass man je nach Einsatz eine Reduzierung von 40 % des Sekundärabfalls erzielen kann. Wird das Partikelgemisch mit der kompletten Separationsanlage behandelt, ist eine Reduzierung des Sekundärabfalls von bis zu 50-75 % möglich. Die Reduzierung ist hierbei hauptsächlich von der Maschenweite des Siebes abhängig. Der Einsatz unterschiedlicher Maschenweiten wird derzeit experimentell untersucht.

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