Energiewende der zwei Geschwindigkeiten

Gastautor Portrait

Dr. Werner Götz

Vorsitzender der Geschäftsführung, TransnetBW GmbH

Geboren 1962 in München. Nach Auslandsstationen bei der TÜV Süddeutschland AG trat Dr. Werner Götz im Jahr 2000 in die EnBW Energie Baden-Württemberg AG ein. Dort übernahm er Tätigkeiten als Geschäftsführer, unter anderem bei der EnBW Energy Solutions GmbH und der EnBW Erneuerbare Energien GmbH. Anschließend war Götz Technischer Vorstand der EnBW Erneuerbare und Konventionelle Erzeugung AG, später leitete er den Geschäftsbereich Erzeugung Betrieb der EnBW AG. Anfang 2015 wurde Götz in die Geschäftsführung der TransnetBW GmbH berufen. Seit 2017 ist er deren Vorsitzender. Quelle Bild: „TransnetBW GmbH“

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13. Juni 2019

Mich irritiert es immer wieder, wenn die Energiewende-Debatte als „Entweder-Oder“ geführt wird

Dr. Werner Götz, Vorsitzender der Geschäftsführung der TransnetBW GmbH

Fragen Sie sich, was denn ein Übertragungsnetzbetreiber mit dem Ausbau der Offshore-Windanlagen zu tun hat? Außer: für den Transport des dort erzeugten Stromes zu sorgen?

Nun, eine Menge, lautet meine Antwort. Denn zum einen ist der Ausbau von Wind on- und offshore, von Photovoltaik und Biomasse als Grundlage für die szenarien-basierte Planung im Netzentwicklungsplan (NEP) entscheidend – die Kapazitäten bei Erzeugung und Transport müssen am Ende des Tages zusammenpassen. Darum brauchen auch wir Übertragungsnetzbetreiber ein klares Bild, was sich denn auch Offshore so tut.

Und zum anderen: Ja, wir sprechen von der „Energiewende der zwei Geschwindigkeiten“ beim Blick auf den rasanten Ausbau der Erneuerbaren und den eher schwierigen und langwierigen Genehmigungsverfahren im Netzausbau. Die Windparks sind gebaut, die Transportnetze noch nicht. Das heißt für uns aber nicht: Verlangsamt den Erneuerbaren-Ausbau! Sondern: Beschleunigt den Netzausbau! Vor allem mit Blick auf das 65-Prozent-Ziel der Bundesregierung für 2035.

Wir wissen, dass wir den Ausbau nicht abwürgen dürfen; schon gar nicht den Offshore-Zubau. Denn der ist inzwischen nicht allein aus Kostengründen ein effizienter Schritt zur Energiewende – denken Sie nur an das 0-Euro-Gebot der EnBW. Vielmehr hat Offshore-Wind auch das größte Potenzial als tragende Säule der Energiewende und ist bei über 4.400 Volllaststunden praktisch das erneuerbare „Grundlastkraftwerk“ der Energiewende.

Ausbau der Übertragungskapazitäten derzeit effizienteste Lösung

Die aktuelle Faktenlage belegt, dass wir sogar mehr als die bisher geplanten 15 GW Zubau von Offshore-Windkraftanlagen brauchen. Das zeigt der aktuelle NEP für das Jahr 2035 in der Version, die 2019 erstellt wurde und Ende dieses Jahres bestätigt werden soll. Wir benötigen aber auch mehr als die heute schon geplanten HGÜ-Leitungen.

Außerdem: Nichts macht volkswirtschaftlich und ökologisch weniger Sinn, als Windanlagen abzuregeln, weil der Strom nicht abtransportiert werden kann. Volkswirtschaftlich, weil dafür teure Redispatch-Maßnahmen eingeleitet werden müssen. Und ökologisch, weil Redispatch oft genug noch den Einsatz fossiler Kraftwerke bedeutet.

Mich irritiert es immer wieder, wenn die Energiewende-Debatte als „Entweder-Oder“ geführt wird. Entweder dezentral oder zentral. Entweder Leitungen oder Speicher. Entweder mehr Kupfer oder mehr Intelligenz im Netz.

Meine Überzeugung ist: Wir brauchen ein „Sowohl als auch“. Wir brauchen einen breiten Technologie-Mix – zum Beispiel aus hochleistungsfähigen Übertragungsnetzen, die die Verbrauchszentren im Süden mit dem in den großen Windparks im Norden erzeugten Strom versorgen, und aus innovativen Lösungen für die Umwandlung von Strom in Gas oder andere Stoffe, die gespeichert werden können. Der Ausbau der Übertragungskapazitäten bleibt dabei derzeit allerdings die effizienteste Lösung. Aber er muss ergänzt werden durch innovative alternative Methoden zur Integration der Erneuerbaren. Dann klappt es auch mit der Energiewende.

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