Energiewende – jeder kennt das Thema, jeder hat eine Meinung dazu. Doch leider wird oft die Energiewende von der Politik und in den Medien auf die „Stromwende“ reduziert. Vielerorts wird es dann auf die einfache Formel herunter gebrochen: Kernkraftwerke abschalten und Photovoltaik und Windkraftanlagen zubauen; das kostet Geld und die Versorgungssicherheit könnte gefährdet werden. Doch das ist zu kurz gesprungen, die Energiewende ist viel weitreichender und birgt in vielerlei Hinsicht Potenziale für Umwelt, Wirtschaft und jeden Einzelnen. Aber dafür kommt es darauf an, Synergien nicht nur in der Energieerzeugung, sondern auch in der -verteilung und der Energiespeicherung in dem Blick zu nehmen. Mit dem Technologiewandel hin zur Elektromobilität eröffnen sich weitere Chancen, um die Energiewende erfolgreich zu schaffen.
Wasserstoff wird dabei durch seine flexiblen Einsatzmöglichkeiten als Energieträger und Kraftstoff eine zentrale Schlüsselrolle einnehmen. Denn je mehr erneuerbare Energien z.B. aus Wind und Sonne ins Versorgungsnetz eingespeist werden, desto mehr steigt der Bedarf, diese Energie zu speichern, wenn Angebot und Nachfrage nicht zusammen passen, weil der Wind zu stark bläst oder eben nicht. Strom, also elektrische Energie, lässt sich aber nicht ohne weiteres speichern, man kann ihn nur umwandeln z.B. chemisch in Batterien, mechanisch in Schwungrädern, physikalisch in Kondensatoren oder man nutzt einen Energieträger zum Speichern. Bei letzterer Variante erzeugt man aus Elektronen Moleküle, aus Strom wird Gas. Dieser als „Power-to-Gas“ bezeichnete Prozess bietet die Möglichkeit, den überschüssig erzeugten Wind- oder Sonnen-Strom für die Zeit zu speichern, wenn er gebraucht wird. Dies geschieht mittels Elektrolyse, d.h. der Spaltung von Wasserstoff in seine Elemente. Den entstehenden Wasserstoff kann man nun vielfältig verwenden: Beispielsweise kann er ins weitläufige Erdgasnetz eingespeist werden, um dann in Gaskraftwerken zur Stromerzeugung verbrannt zu werden. Dies bietet den Vorteil, dass das Netz bereits vorhanden ist und große Speicherkapazitäten bietet und zudem importiertes Erdgas substituiert wird.
Per Mobilität ins Wasserstoffzeitalter
Deutlich effizienter ist es jedoch, den höherwertigen Wasserstoff in separaten Tanks unter Druck zu speichern und z.B. in einem Brennstoffzellenfahrzeug zu verstromen. Damit ist auch der Bogen zur Mobilität geschlagen, denn der Einsatz von Brennstoffzellenfahrzeugen hat viele Vorteile: hohe Effizienz (etwa 2,4 mal besser als ein Diesel), große Reichweite (ca. 500 km), schnelle Betankungszeiten (3 Minuten), völlige Alltagstauglichkeit. Während sich der Einsatz von kleinen Batteriefahrzeugen in erster Linie auf den Stadtverkehr beschränkt, können ergänzend dazu auch größere und schwerere Fahrzeuge dank Brennstoffzelle als emissionsfreie Elektrofahrzeuge lange Distanzen überwinden. Wasserstofftankstellen werden nun sukzessive aufgebaut, bis Ende 2017 sollen es bundesweit 100 sein und bis 2023 bereits 400 Tankstellen. In Baden-Württemberg wird die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie von vielen Akteuren vorangetrieben.
Der 2013 gegründete Cluster Brennstoffzelle BW, der von der Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzelle koordiniert wird, ist dabei ein wichtiges Netzwerk. Zahlreiche Forschungs- und Industriepartner sind im Bereich der Forschung, Entwicklung und Kleinserienfertigung aktiv und auch das Land Baden-Württemberg fördert die Technologie mit Nachdruck.
Aktuell befinden wir uns in der Phase der Markteinführung, sowohl im stationären als auch im mobilen Bereich der Brennstoffzellen und Wasserstofftechnologie. Und wie bei jedem neuen Produkt sind am Anfang die Stückzahlen gering und die Preise hoch. Man erinnere sich nur an die ersten Mobiltelefone oder die Einführung der Flachbildfernseher – heute Massenware zu erschwinglichen Preisen. Daher werden jetzt die „Early Adopters“ benötigt, die bereit sind, für die neue und innovative Technologie mehr auszugeben. Zudem sind die Hersteller gefragt, durch Serienfertigung und Technologieweiterentwicklung die Kosten sukzessive auf das Niveau der konventionellen Technologie zu senken. Und die Politik ist in dieser Anfangsphase gefordert, durch entsprechende mehrjährige und damit verlässliche Förderprogramme, auch in Form von Marktanreizprogrammen, der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologie zum Durchbruch zu verhelfen. Dann kann die Energiewende nicht nur gelingen, sondern auch für den Verbraucher attraktiv und kostengünstig gestaltet werden.
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Bisher in dieser Reihe erschienen:
Die Brennstoffzelle im ÖPNV, Steffen Raff (Stuttgarter Straßenbahnen AG)
Alternative Kraftstoffe, Alexander Thomas (Netze BW)
Grüner Wasserstoff für den Verkehr, Werner Diwald (DWV)
Auf dem Weg in die Wasserstoffgesellschaft, Patrick Schnell (CEP und Total Deutschland)
Wasserstoffinfrastruktur, Dr. Ulrich Bünger (Ludwig-Bülkow-Systemtechnik)
Hans Marius Schuster
vor 10 JahrenWasserstoff ist mit Sicherheit ein vielversprechender Energieträger der Zukunft, der Weg jedoch in die sogenannte "Wasserstoff Gesellschaft" bzw. "hydrogen society" wird, meiner Meinung nach, nicht regional (im Alleingang) zu bewältigen sein, sondern Bedarf einer internationalen Kooperation zwischen den betroffenen 'global player' und schiele bei diesem Gedanken, insbesondere auf Japan.