Elektromobilität: Kaufprämie alleine wird nicht ausreichen

Gastautor Portrait

Kai Decker

EnBW

Nach dem Studium der Wirtschaftswisschenschaften bekleidete Kai Decker unterschiedliche Positionen im Bereich Marketing und Kommunikation eines großen deutschen Medienhauses. Seit 2010 ist er Teil des Teams der EnBW-Unternehmenskommunikation. Bis 2016 war er im Rahmen der Blog-Redaktion für die Etablierung und Weiterentwicklung des Energiewendblogs verantwortlich.

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09. Februar 2016

EnBW_Ladestation_car2go_quadratDie Idee einer Kaufprämie in Höhe von € 5.000,- für Elektrofahrzeuge wird seit der letzten Woche wieder intensiv diskutiert. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen zu haben, scheint aktuell in weiter Ferne. Die Verkaufszahlen wachsen nur sehr schleppend. Kann eine Kaufprämie nun genug Anreiz schaffen, damit sich hier grundlegend etwas ändert? Diese Frage stellen wir in der aktuellen Umfrage den Lesern unseres Blogs (hier teilnehmen).
Für ein Kurzinterview haben wir Matthias Brumbach gesprochen. Er verantwortet für die Sales & Solutions GmbH das Geschäftsfeld Elektromobilität. Seiner Meinung nach wird eine Kaufprämie alleine vermutlich nicht ausreichen.

DEZ: Herr Brumbach, welches sind aktuell die größten Hemmnisse auf dem Weg zu einer Million Elektrofahrzeuge in Deutschland bis 2020?

Brumbach: Im Wesentlichen gibt es drei Gründe für die zögerliche Entwicklung bei der Elektromobilität.
Zum einen die geringere Reichweite von Elektrofahrzeugen im Vergleich zu gängigen Verbrennerfahrzeugen. Zum anderen die höheren Anschaffungskosten für E-Fahrzeuge verbunden mit dem zögerlichen Einstieg der traditionellen Automobilhersteller sowie fehlenden Vertriebs- und Kaufanreizen. Und darüber hinaus die fehlende flächendeckende Ladeinfrastruktur, da es wenig Investitionsbereitschaft gibt, solange die öffentliche Ladeinfrastruktur nicht wirtschaftlich betrieben werden kann.

DEZ: Denken Sie, dass die Kaufprämie den Durchbruch für die E-Mobilität in Deutschland bringt?

LadesäuleBrumbach: Es gab bislang ja bereits Versuche den Markt „anzuschieben“, z.B. über Förderprogramme für Forschungsprojekte und Steuervergünstigungen. Aber auch indirekte Anreize für Nutzer von Elektrofahrzeugen gibt es, wie z.B. kostenlose Parkplätze oder die Berechtigung für die Nutzung von Busspuren.
Der Blick ins Ausland z.B. nach Norwegen oder die Niederlande zeigt aber, dass eine direkte Förderung mit Kaufprämien viel erfolgreicher ist. In Norwegen ist bereits jede dritte Neuzulassung ein E-Fahrzeug. Ich erwarte von einer Kaufprämie einen deutlichen Schub im Elektromobilitätsmarkt, ob es allerdings zu dem von der Bundesregierung ernannten Ziel “eine Million E-Fahrzeuge in 2020“ reicht, ist fraglich. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre es auf jeden Fall, damit Deutschland die angestrebte Positionierung als Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität im internationalen Vergleich überhaupt noch erreichen kann. Damit es zu einem Durchbruch für die Elektromobilität kommt, muss es aber auch möglich sein die E-Fahrzeuge jederzeit und ohne großen Zusatzaufwand wiederaufzuladen. Zur Prämierung von Fahrzeugen gehört somit auch die direkte Förderung des weiteren Aufbaus und Ausbaus der Ladeinfrastruktur.

DEZ: Was müsste sich noch ändern, um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen? Welche Trends sind erkennbar?

Brumbach: Hier gibt es viele kleine und kurzfristige wie auch große und längerfristige Ansätze. Um die Reichweitenangst zu nehmen, ist Aufklärungsarbeit erforderlich. Fragen zur täglichen Nutzung eines E-Fahrzeugs müssen beantwortet werden, z.B. „Welchen täglichen Reichweitenbedarf habe ich tatsächlich?“. Aber auch die Batteriekapazitäten müssen und werden sich stetig verbessern. Die Ladetechnologien zwischen Ladeinfrastruktur und Fahrzeug müssen besser aufeinander abgestimmt werden. Was bringt es, eine Ladestation mit 22kW Leistung aufzubauen, wenn das Fahrzeug nur 3kW verarbeiten kann? Neue Ladetechnologien mit Leistungen bis 150kW werden kommen, um die größer werdenden Batterien in akzeptabler Zeit nachladen zu können.
Das übergeordnete Ziel ist es aber, den Klimawandel zu stoppen und u.a. den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Somit sollte die Beladung von E-Fahrzeugen weiterhin ausschließlich mit Grünstrom erfolgen. Es muss aber auch darüber nachgedacht werden, wie die Schadstoffverursacher an der Lösung beteiligt werden. Steuererleichterungen für Dieselfahrzeuge oder Kaufprämien für Hybridfahrzeuge, die dann ausschließlich im Verbrennermodus gefahren werden wären das falsche Signal. Bonussysteme wie z.B. Kaufprämien helfen also, um den Markt anzukurbeln. Es ist aber leider zu befürchten, dass ein stärkerer Effekt durch Malussysteme erreicht wird, wenn z.B. wegen Feinstaubalarm keine Verbrennerfahrzeuge mehr fahren dürfen.

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MBrumbach_kleinMatthias Brumbach studierte Elektrotechnik an der Universität Stuttgart und am INPG in Grenoble. Danach war er 13 Jahre in unterschiedlichen Fach- und Führungs-Positionen im Bereich Produkte und Business Development in der Mobilfunkbranche tätig. Nach seinem Wechsel in die Energiebranche im Bereich Smart Meter verantwortet er aktuell das Geschäftsfeld Elektromobilität bei der Sales & Solutions GmbH.

 

 

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  1. Windmüller

    vor 9 Jahren

    Ich denke, die Autohersteller sollten Interessierten E Autos mal ein Wochenende zur Probe anbieten.Wer einmal E Auto gefahren hat, der schämt sich, ein Auto zu fahren, welches noch mit stampfenden Kolben arbeitet. Das bringt mehr, als alle Aufklärungsarbeit.

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