Energiewende aktuell: Wie viel Dezentralität ist möglich?

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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08. Juli 2015
Hier kommt die Auswertung unserer letzten Umfrage zu aktuellen Energiepolitik, Umfrage, Energiewende aktuell

Diese Frage stellten wir den Nutzern des Energiewende-Blogs in unserer jüngsten Umfrage. Erstmals waren hierbei mehrere Antworten möglich, denn die Frage zielte sowohl auf die Energieerzeugung als auch die Stromverteilung ab. Für die Antwort: „ 100% dezentrale Erzeugung halte ich für machbar“ votierten 25 Prozent. 28 Prozent Teilnehmer meinten: „Ganz ohne große & zentrale Erzeugungskapazitäten klappt es nicht.“ Nur 20 Prozent teilen die Einschätzung, dass „100% dezentrale Verteilnetze ausreichen und 27 Prozent meinen, dass ohne ein überregionales Netz die Energiewende nicht gelingt. Eine klare Aussage über die Dezentralität der Energiewende kam also nicht heraus. Bei der Auswertung haben wir festgestellt, dass mehr Umfrageteilnehmer die Frage nach der Energieerzeugung beantworteten, sich zum Thema Stromverteilung aber nicht äußerten. Dies lag teilweise bestimmt auch an der nicht ganz optimalen Darstellung der Antwortoptionen in der Umfrage.

Wir möchten gleich an dieser Stelle für das konstruktive Feedback einiger User danken. Wir haben das Optimierungspotential erkannt und werden bis zum nächsten Einsatz daran arbeiten.  Denn die Frage der Dezentralität ist eine der kontroversesten und spannendsten in der ganzen Debatte rund um die Energiewende.

Die Verfechter einer dezentralen und bürgernahen Energiewende lehnen den (zurzeit noch sehr teuren) Ausbau der Offshore-Windenergie ebenso als unnötig ab wie den Ausbau der Netze mit HGÜ-Leitungen. Wissend, dass eine dezentrale Energiewende technisch derzeit illusorisch ist (regionaler Verbrauch und Deckungsgrad mit Erneuerbaren Energien nebst den nötigen Speichertechnologien sind nicht in Einklang zu bringen), halten sie Ihren Vorstellungen fest. Dabei wird gerne auf die Notwendigkeit eines starken regionalen Ausbaus der Erneuerbaren Energien sowie den notwendigen technischen Fortschritt hingewiesen

Offshore, Energiewende aktuell

Offshore – nicht von allen geliebt

Die Anderen, die an eine kleinteilige, dezentrale Energiewende nicht glauben, führen ins Feld, dass nur über den Ausbau der Offshore-Windenergie die nötige Stabilität ins Stromnetz komme, wenn die konventionelle Kraftwerksleistung gegen Null gehe. Zwar sei Offshore-Windenergie, derzeit fast doppelt so teuer wie die Windenergienutzung an Land, aber auch auf dem Meer würde mit den Erfahrungen sowie der Menge und der Größe der Projekte die Preisdegression einsetzen. Da der Wind auf dem Meer gleichmäßiger wehe, seien die Kosten über das gesamte System geringer. Auch bei den Befürwortern der weniger dezentralen Energiewende schwingt folglich die Hoffnung mit, dass der technische Fortschritt seinen Beitrag zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme beitragen wird. 

SolarBaum

Energiewende aktuell – dezentral in Bürgerhand: Auch ästhetisch reizvoll

Die Kosten für den Netzausbau auf Hoch-, Mittel- und Niederspannungsebene werden bis 2030 mit den 42 Milliarden Euro angegeben. Diese immense Summe ist ein starkes Argument für die Verfechter der Dezentralität in der Energiewende. Diese Milliarden, so die andere Seite, seien aber einmalige Investitionen. Den Strom regional zu speichern, koste immer wieder Energie und damit Geld und komme auf Dauer viel teurer, als jetzt den Netzausbau zu finanzieren. 

Ist die unglaubliche Preisreduktion bei den solaren Speichern ein Anzeichen dafür, dass eine dezentrale Energiewende machbar ist? Stehen weitere Preis- und Effizienzrevolutionen bei der Solarenergie, den großen und kleinen Windkraftwerken an? Kommen Speicher im MW-Bereich in die Rentabilität, weil sie billiger werden und Regelenergie teurer wird? Sind in 30 oder 40 Jahren die teuren Netze Investitionsruinen, weil die Energiewende dezentral funktioniert?

Der Spruch stimmt schon: Prognosen, wenn sie die Zukunft betreffen, sind schwierig. Aus unserer Sicht zeigt das Ergebnis eines allerdings ganz deutlich: Die Energiewende ist und bleibt facettenreich, das Speichern von Energie tritt als wichtiger Baustein neben Erzeugung und Transport. Diesen Themenschwerpunkt beleuchten wir aktuell im Energiewende-Blog aus unterschiedlichen Perspektiven.

Unsere Umfrage, an der 81 Personen teilnahmen, lief vom 15. bis zum 28. Juni. Danke fürs Mitmachen und Bitte um Nachsicht für die technischen Probleme. 

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