Bundestagswahl 2017: Die Konzepte der Parteien für die Verkehrswende

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Sabine Leidig

Gastautor

Sabine Leidig ist Mitglied des Bundesvorstandes der Partei DIE LINKE und wirkt dort aktiv an der Ausarbeitung des Wahlprogramms zur Bundestagswahl mit. Sie ist seit 2009 Mitglied des Bundestages und verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion. In ihrer Fraktion koordiniert sie außerdem die Arbeitsgruppe zum sozial-ökologischen Umbau. Vor ihrem Wechsel in den Bundestag war Sabine Leidig Geschäftsführerin des globalisierungskritischen Netzwerks Attac und davor DGB-Regionsvorsitzende Mittelbaden.

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17. Mai 2017
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DIE LINKE: Sozial-ökologische Verkehrswende jetzt angehen

Der Verkehrssektor hat bislang nicht zum Klimaschutz beigetragen, im Gegenteil: Die CO2-Emissionen steigen. Gleichzeitig sind Kosten und Nutzen des Verkehrssystems heute sehr ungleich verteilt: Z. B. werden durch Lärm und Abgase besonders die Menschen belastet, die sich nur die niedrigeren Mieten an großen Straßen, Bahnstrecken und Flughäfen leisten können. Der Bund setzt seit Jahrzehnten und derzeit mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 auf ungehemmtes Wachstum im umwelt- und gesundheitsschädlichen Straßenverkehr und vernachlässigt gleichzeitig den öffentlichen Personenverkehr sowie den Rad- und Fußverkehr. Verkehrswachstum wird als positiv angesehen, obwohl es keinen gesamtgesellschaftlichen Nutzen bringt.

Wir brauchen daher eine konsequente Mobilitätswende: Wir wollen eine flexible, ökologische, barrierefreie und bezahlbare Mobilität für alle Menschen. Denn Mobilität bedeutet Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und dem Zugang zu Gütern. Wir setzen dabei auf Verkehrsvermeidung, kurze Wege und energiesparende Verkehrsmittel. Statt erzwungener Automobilität, wollen wir unsere Städte als öffentlichen Lebensraum für alle lebenswerter machen. Dafür sind intelligente, ökologische und für alle zugängliche Mobilitätssysteme erforderlich. Lärm-, Abgasbelastungen und Flächenverbrauch des Verkehrs müssen drastisch gesenkt werden.

Die Verkehrsinvestitionen müssen zielgerichtet an einer ökologischen Mobilitätswende ausgerichtet werden. Dabei wollen wir über einen Verkehrswendefond sicherstellen, dass vor Ort die besten sozialen und ökologischen Lösungen gefunden werden, für deren Umsetzung den Kommunen das Geld vom Bund zur Verfügung gestellt wird. Eingespart werden kann das Geld bei vielen unsinnigen Straßenbauprojekten.

Eine Privatisierung von Straßen und Autobahnen auch über ÖPP lehnen wir ab, da sie hohe finanzielle Risiken birgt und die Gestaltung von Zukunftsinvestitionen dem demokratischen Einfluss entzieht.

Attraktive Angebote ermöglichen andere Mobilität

Wir treten ein für eine intelligente Vernetzung der Mobilität zu Fuß, per Rad, mit Bus und Bahn (Umweltverbund) sowie mit Leihautos (CarSharing). Diese Vernetzung bildet die richtige Voraussetzung für neue sozial-ökologische Lebensweisen in den Städten und auf dem Land. Wir wollen für den ländlichen Raum eine Mobilitätsgarantie schaffen, die z.B. durch flexible Angebote wie Bürgerbusse oder kostengünstige Anruf-Sammeltaxis zu erfüllen ist.

Radfahren muss durch Investitionen und Überarbeitung des rechtlichen Rahmens attraktiver und sicherer werden: Es ist ein kostengünstiges, emissionsfreies Verkehrsmittel, mit dem man flexibel und im Nahbereich sogar oft am schnellsten ans Ziel kommt und dabei sogar noch etwas für die Gesundheit tut.

Wir treten für die Einführung von Sozialtickets und einer Sozial-Bahncard für einkommensschwache Haushalte sowie kostenlose Schüler- und Azubitickets ein. Perspektivisch wollen wir den fahrscheinlosen, entgeltfreien öffentlichen Nahverkehr für alle. Die Preise im Bahnverkehr wollen wir senken. Die Bahn muss sich an den Mobilitätsbedürfnissen aller Menschen und nicht an Erste-Klasse- Kunden oder Konzerninteressen ausrichten.

Wir wollen den innerdeutschen und innereuropäischen Flugverkehr so weit wie möglich auf die Schiene verlagern. Die Bundesregierung muss international dafür eintreten, dass die Belastungen auf ein ökologisch angemessenes Maß reduziert werden. Der internationale Flugverkehr soll in den EU-Emissionshandel einbezogen und steuerlich endlich der Bahn gleichgestellt wird. Das betrifft die Einführung einer Flugbenzinsteuer, die volle Mehrwertsteuererhebung bei Auslandsflügen, die Anhebung der Flugticketsteuer und die Beendigung der Subventionierung von Flughäfen.

Elektromobilität: Förderung, wo es Sinn macht

Elektroautos bieten keine nachhaltige Alternative: Ihre Produktion belastet die Umwelt über die Maßen. Deshalb treten wir nur da für eine Förderung ein, wo Fahrzeuge viel unterwegs sind, beispielsweise im ÖPNV, im Lieferverkehr, für Handwerker, soziale Dienste oder Taxen. Es kommt dabei nicht auf die Zahl von 1 Millionen Elektrofahrzeugen an: Ziel muss die Reduzierung der Abgas emittierenden Fahrzeugflotte sein. Im Übrigen gibt es seit langem die Elektromobilität auf der Schiene, die viel effizienter ist, weil es kein Speicherproblem gibt. Hier bedarf es Investitionen in den allgemeinen Ausbau des Schienennetzes sowie in die Elektrifizierung des gesamten Netzes.

Die Belastung der Luft durch Feinstaub muss reduziert werden. Nachgerüstete Partikelfilter wollen wir weiter fördern und auf alle Fahrzeugklassen und Baumaschinen ausweiten.

Lebensqualität ins Zentrum rücken

Wenn sich in der Politik weiterhin Lobby- und Partikularinteressen durchsetzen, fahren wir damit mittel- bis langfristig an die Wand. Die Chefetagen der Autoindustrie haben bewiesen, dass ihnen Klima und Gesundheit egal sind. Und auch der Bauindustrie geht es um kurzfristige Aufträge und Profite und nicht um eine zukunftsfähige Gestaltung unserer Infrastruktur.

Die Lebensqualität der Menschen vor Ort sowie die unserer Kinder und Enkel muss im Fokus der Politik stehen. Und die Politik muss Visionen haben und den Willen, die Zukunft zu gestalten. Mit Blick auf Klima- und Gesundheitsschutz (Abgase, Lärm, Sicherheit) sowie die Frage, wie wir den Lebensraum in unserem Wohn- und Arbeitsumfeld gestalten wollen, gelangen wir dann schnell zu konkreten Maßnahmen für eine Verkehrswende.

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  1. Hackurtz

    vor 7 Jahren

    Das Thema ist schon wichtig auch für die gesamte Umwelt aber so leicht lässt sich das nicht gegen die gesamten Lobbyisten umsetzen und dauert auch Jahre bzw. mindestens ein Jahrzehnt dazu müssten alle mitmachen angefangen von der Industrie bis zu den Autofahrern*innen dort istnoch sehr viel Arbeit zuleisten es ist aber eine Vision.

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