Speicher in der Warteschleife

Gastautor Portrait

Eva Mahnke

Klimaretter.info

Eva Mahnke hat in Leipzig und Budapest Philosophie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre studiert. Nach einem kurzen Exkurs in die Öffentlichkeitsarbeit für erneuerbare Energien hat sie schnell herausgefunden, dass sie das Thema Energiewende noch umfassender verfolgen will – und ist als Quereinsteigerin in den Journalismus bei Klimaretter.info gelandet. Sie schreibt außerdem für die Deutsche Welle und neues deutschland.

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08. Juli 2014

Alle sind sich einig: Die Energiewende braucht massenhaft Speicher, um das unstete Angebot von Sonne und Wind abzufedern. Doch bisher ist unklar, wer sie bauen soll. Zu unsicher sind den Investoren die politischen Rahmenbedingungen, zu wenig ausgereift die Technologien.

Die Energiewende braucht Speicher. Denn das größte Potenzial für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland liegt in der unsteten Solarenergie und der noch viel unsteteren Windenergie. Zurzeit muss das Stromsystem mit rund 70 Gigawatt wetterabhängiger Kraftwerkskapazität umgehen. Im Jahr 2035 werden es nach Prognosen der Übertragungsnetzbetreiber bereits mehr als 160 Gigawatt sein. Speicher sollen das System auf Sonne und Wind ausrichten helfen, die Versorgungssicherheit garantieren und dafür sorgen, dass das Angebot sich an die Nachfrage anpasst. Was dafür getan werden muss, diskutieren Teilnehmer der Fachkonferenz „Speicher für die Energiewende“ am Montag und Dienstag in Berlin.

Klar ist: Selbst wenn es gelingt, die benötigten Lasten in den Spitzenzeiten zu reduzieren – etwa indem Großverbraucher ihren Stromverbrauch flexibilisieren –, wird Deutschland erhebliche Speicherkapazitäten benötigen. Problematisch sind hier vor allem die sogenannten „dunklen Flauten“ in den Wintermonaten, in denen tagelang die Sonne nicht scheint und der Wind ruht.

Als großtechnische Lösung gibt es hier bisher nur die Pumpspeicherwerke – die jedoch nur für maximal sechs Stunden am Stück Energie liefern können. Sieben Gigawatt Pumpspeicherleistung sind zurzeit in Deutschland installiert. Weitere sieben Gigawatt befinden sich in verschiedenen Planungsstadien. Wie viele jedoch davon am Widerstand der lokalen Bevölkerung sowie am Naturschutz scheitern könnten, ist noch völlig offen.

Investoren halten sich zurück
„Darüber hinaus stehen keine größeren marktfähigen Speichertechnologien zur Verfügung“, sagt Peter Franke, der sich als Vizepräsident der Bundesnetzagentur von Berufs wegen um die Versorgungssicherheit in Deutschland sorgen muss. Großes Potenzial für die Zukunft sieht Franke nur in der Power-to-Gas-Technologie, bei der überschüssiger Windstrom in Wasserstoff beziehungsweise in einem weiteren Schritt in Methan umgewandelt wird. Der Vorteil: Hierfür ließe sich das vorhandene Gasnetz als Speicher nutzen. Franke sieht Potenzial für 120.000 Gigawattstunden elektrischer Leistung – genug, um zwei Monate zu überbrücken. „Die Power-to-Gas-Technologie ist die derzeit einzige Technologieoption für eine Langzeitspeicherung von Strom“, so Franke. Der Nachteil: Marktreif ist die Technologie noch nicht.

Die große Langzeitspeicher-Wende steht bislang noch aus. Vor allem große Investoren sind mehr als zurückhaltend. „Wir haben leider die Erfahrung gemacht: Wenn man früh einsteigt, verbrennt man sich die Finger“, sagt Robert Schrimpff von Greencoat Capital, einem in München ansässigen Investmentfonds. Erschwerend kommt hinzu, dass zurzeit unklar ist, wie sich Investitionen in Speicher refinanzieren lassen. Denn nicht nur Gaskraftwerke leiden unter den niedrigen Börsenstrompreisen. Auch neue Großspeicherprojekte werden sich kaum rechnen. Die Solaranlagen im Land haben vor allem die hohen Strompreise in den Mittagsstunden, in denen die Nachfrage in Deutschland besonders hoch ist, gekappt. Und drohen damit das betriebswirtschaftliche Modell der Speicherbetreiber kaputt zu machen. „Der klassische Erlös für Speichertechnologie ist hin“, sagt Christoph Schöpfer vom Stadtwerkeverbund Trianel.

Investoren fordern deshalb verlässliche politische Rahmenbedingungen, die den Bau von Speichern in Deutschland attraktiv machen sollen. „Die Weichen für die Infrastruktur der Energiewende müssen jetzt gestellt werden“, sagt Hannes Seidel von der Deutschen Energieagentur (Dena). „Vor allem im Bereich der Speicher gibt es einen deutlichen Handlungsbedarf. Wir müssen die Technologien zur Marktreife entwickeln und die regulatorischen Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Speicher sytemoptimal eingesetzt werden können und sich ein Markt entwickeln kann.“

Kapazitätsmarkt oder Dezentralisierung?
Eine Möglichkeit hierfür wäre die Bezahlung über einen Kapazitätsmarkt, über dessen Einführung die Bundesregierung in der zweiten Jahreshälfte diskutieren will. Dann könnten sich große Speicher, ebenso wie etwa die Betreiber von Gaskraftwerken, dafür bezahlen lassen, gesicherte Leistung vorzuhalten. Solange die Rahmenbedingungen aber noch unklar sind, werden sich die Investoren weiter zurückhalten. „Speicher sind zwar ein wesentliches Thema, aber zurzeit nur ein Thema unter Beobachtung“, sagt Armin Sandhövel vom Wasserkraft8148[1]Versicherungskonzern Allianz. Zwar setze man sich intensiv damit auseinander, aber die Pensionsfonds, Stiftungen und Rentenfonds, die die Allianz in Sachen Investments berät, setzen zurzeit lieber auf die sicheren Kapitalrückflüsse aus Erneuerbare-Energie-Projekten.

Andere, wie Bernhard Schumacher von der Mannheimer MVV Energie AG, setzen angesichts der unsicheren Lage auf die Kraft des Dezentralen. Schumacher geht davon aus, dass es einen Boom an kleinen dezentralen Anlagen geben wird. „Wir glauben an eine Energiewelt, die geprägt sein wird von lokaler Stromerzeugung und lokalen Speichern“, so Schumacher. Dazu trägt nicht nur bei, dass kleine Anlagen ein sehr viel geringeres finanzielles Risiko bergen als die Großprojekte. Mehr und mehr Menschen wollen darüber hinaus so weit wie möglich energieautark leben. Sie stellen sich deshalb zu ihrer Photovoltaikanlage auf dem Dach einen Speicher in den Keller und erhöhen so ihre Stromausbeute erheblich.

„Wir haben hier ein Potenzial von Millionen dezentraler Anlagen und ein Potenzial von Millionen Euro an Investitionen“, ist Schumacher überzeugt. „Bald wird es so sein, dass kleine dezentrale Anlagen günstiger sind als ein großes Pumpspeicherwerk.“ Die MVV Energie AG sieht in diesem Bereich auch ein künftiges Geschäftsfeld. Das Unternehmen will sogenannte Strombanken organisieren, über die mehrere Kunden einen gemeinsamen Speicher nutzen könnten. Die Mannheimer würden sich für deren Verwaltung und Organisation bezahlen lassen.
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Dieser Artikel erschien auf den Seiten der Klimaretter
Thematische Links
Stromspeicher unter Tage
Stromspeicher furs Wohnzimmer
Jahreskonferenz der DENA „Power-to-Gas“

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  1. Erich Görgens

    vor 10 Jahren

    Hallo Frau Mahnke,
    ich widerspreche Ihnen zwar nur ungern, aber es lässt sich nicht vermeiden. Wir brauchen keine Speicher, denn wir haben ein Lösungskonzept was wir in Kürze von hier oder aus Asien kennenlernen. Bei Interesse, sehen Sie sich bitte meinen Kommentar auf der Seite von Herr Grass an unter https://www.dialog-energie-zukunft.de/umfrage-herausforderungen-energiewende/#comment-2193. Ich freue mich auf Ihr Feedback!

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