Solarthermische Kraftwerke: Grüner Strom für Schwellenländer

Gastautor Portrait

Dimitrij Chudinzow

Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung, Universität Stuttgart

Dimitrij Chudinzow studierte Maschinenbau und Energietechnik an der RWTH Aachen University. Seit 2015 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung tätig. Zu seinem Forschungsgebiet zählen urbane und regionale Energiesysteme mit Schwerpunkt auf solarthermischen Kraftwerkstechnologien. Aktuell ist er im Forschungsprojekt Rapid Planning eingebunden, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird

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08. Januar 2016

Die UN-Klimakonferenz in Paris 2015 und ihre 195 Teilnehmerstaaten haben klar gezeigt: der Schutz unseres Klimas ist eine internationale Aufgabe, die nur gelingen kann, wenn alle Länder sich ihrer Verantwortung bewusst werden und zusammenarbeiten. Während die Industrienationen ihr wirtschaftliches Wachstum über ein Jahrhundert lang hauptsächlich mit fossiler Energie befeuert haben und die Umstellung auf eine nachhaltige Energieversorgung als eine der zentralen Aufgaben für die kommenden Jahrzehnte angesehen wird, stellt sich die Frage, ob heutige Schwellenländer von modernen Technologien profitieren können, um ihren Weg auf dem fossilen Energiepfad deutlich zu verkürzen. Welchen Beitrag können solarthermische Kraftwerke zu einer nachhaltigen Stromversorgung in Schwellenländern in diesem Kontext leisten?

Heute leben 7,3 Milliarden Menschen auf unserer Erde, über 80 % davon in Schwellenländern. Während im Jahr 1973 die Industriestaaten noch 72,8 % der weltweit erzeugten elektrischen Energie generiert haben, betrug dieser Anteil im Jahr 2013 nur noch 46,2 %. Gleichzeitig stieg die weltweit verbrauchte elektrische Energie fast um das Vierfache. Zudem betrug 2013 der Anteil fossiler Energieträger an der weltweiten Stromerzeugung immer noch rund 78 %. Vor diesem Hintergrund wird offensichtlich, dass der Energieversorgungsstruktur in Schwellenländern eine große Bedeutung zukommt. Die Frage, ob die beschlossenen Klimaziele erreicht werden, wird auch in diesen Ländern entschieden.

Das Fresnel-Kraftwerk Puerto Errado 2 in Spanien

Es existieren verschiedene Möglichkeiten, die Energie der Sonne für die Stromerzeugung zu nutzen. Die Photovoltaik ist die geläufigste Technologie, denn sie kann sowohl in kleinem HelioSpanienMaßstab auf Hausdächern als auch in großem Maßstab in PV-Kraftwerksparks eingesetzt werden. Die Parabolrinnen- und Turmkraftwerke sind die bis heute am häufigsten umgesetzten konzentrierenden Solarstromtechnologien. Eine weitere, bisher wenig verbreitete Technologie, sind solarthermische Fresnel-Kraftwerke. Fresnel-Kraftwerke fokussieren Sonnenlicht mit Tausenden dem Sonnenverlauf nachgeführten Spiegeln auf einen linearen Receiver. Ein Wärmeträgermedium im Receiver verdampft durch die zugeführte Energie und treibt eine Dampfturbine samt Generator an. Bis heute existieren nur wenige kommerzielle Kraftwerke dieser Art. Dass dieser Kraftwerkstyp dennoch Potential besitzt, zeigt die Anlage Puerto Errado 2, die 2012 in Calasparra in Spanien errichtet und in Betrieb genommen wurde. Auf einer Spiegelfläche von ca. 300.000 m², was der Fläche von rund 45 Fußballfeldern entspricht, wird Sonnenlicht eingefangen, wodurch bis zu 30 MW an elektrischer Leistung erzeugt werden. Im ersten Betriebsjahr wurden ca. 40.000 MWh Strom erzeugt, wodurch der Jahresstrombedarf von rund 10.000 Haushalten gedeckt werden konnte.

Dieses Beispiel macht uns deutlich, dass vom technologischen Standpunkt her die Fresnel-Technologie in sonnenreichen Gebieten eine konkurrenzfähige Alternative zu konventionellen Kraftwerken darstellt.

Solarthermische Kraftwerke für Ägypten

Das in Nordafrika gelegene Ägypten mit über 88 Mio. Einwohnern besitzt große Reserven an Rohöl und Erdgas. Im Jahr 2014 betrug der Anteil von regenerativ erzeugtem Strom an der gesamten Stromerzeugung knapp 9 %, wovon ein großer Teil auf die Wasserkraft entfällt.            Die gesamte installierte Kraftwerkskapazität von rund 32 GW ist jedoch bereits heute nicht ausreichend: besonders in den heißen Sommermonaten, in denen jede verfügbare Klimaanlage in Betrieb ist, kommt es häufig zu Stromausfällen. Hinzu kommt, dass in den kommenden Jahren der Strombedarf um 5-6 % ansteigen soll6. Aufgrund der aktuellen Defizite beschloss die ägyptische Regierung, die Erzeugungskapazität solarer Kraftwerke bis 2027 um 3.500 MW auszubauen. Zusätzlich sollen bis 2022 erneuerbare Energieträger 20 % des benötigten Stroms liefern. Der politische Wille sowie die günstige Solarstrahlung machen das Land zu einem geeigneten Kandidaten für den Bau von Fresnel-Kraftwerken.  Am Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung durchgeführte Berechnungen haben gezeigt, dass ein Fresnel-Kraftwerk in Ägypten mit einer ähnlichen Konfiguration wie Puerto Errado jährlich knapp 45.000 MWh Strom liefern könnte.

Fazit

Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung, wenn der Ausbau solarthermischer Kraftwerke im Sonnengürtel der Erde künftig weiter forciert würde. Neben der Technik sind aber auch finanzielle Aspekte entscheidend für den erfolgreichen Ausbau solarer Kraftwerke. Aufgrund noch recht hoher Investitionskosten und wetterabhängiger Stromproduktion werden auf absehbare Zeit finanzielle Anreize und Subventionen nötig sein, um mehr Kraftwerke dieser Art zu installieren. Dies ist aber kein Argument gegen diese Technologie! Vergessen wir nicht: auch die nukleare (und kohlebasierte) Stromerzeugung wird mit Milliardenbeträgen subventioniert. Die Kosten und die Risiken der Endlagerung von hochgefährlichem Atommüll entziehen sich sowieso jeder verlässlichen Prognose.

Appendix: Die Untersuchung, wie solarthermische Kraftwerke in die Energieversorgung von Schwellenländern integriert werden können, wird durch das Forschungsprojekt Rapid Planning mitunterstützt. Bei Rapid Planning steht die Entwicklung einer ganzheitlichen, transsektoralen Planungsmethodik im Vordergrund, mit der den Herausforderungen in schnell wachsenden urbanen Metropolregionen begegnet werden soll. Gefördert wird das Forschungsprojekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Diskutieren Sie mit

  1. Dimitrij Chudinzow

    vor 9 Jahren

    Da haben Sie recht, Windenergieprojekte wurden auch durch die BRD gefördert: http://www.bmz.de/de/themen/energie/erneuerbare_energien/wind/windpark.html
    Die Kombination von Sonnen- und Windenergieanlagen würde sogar noch den zusätzlichen positiven Effekt der Peakglättung mit sich bringen.Häufig weht der Wind, wenn die Sonne nicht scheint - dies würde die Netzstabilität unterstützen.

  2. Uwe Buchholtz

    vor 9 Jahren

    Ägypten eignet sich nicht nur für Sonnenenergie sondern auch für Windenergie .
    Am Roten Meer weht dauernd Wind.
    In der Nähe von Hurgada gibt es einige Windanlagen .
    Jedesmal wenn ich am Roten Meer bin, frage ich mich: Warum wird die Windenergie hier nicht stärker genutzt?

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