Stromspeicher – die Popcorntechnologie der Energiewende

Gastautor Portrait

Christof Wiedmann

Stromspeicherplus

Der Diplomwirtschaftsingenieur von der Universität Karlsruhe engagiert sich beruflich wie privat seit vielen Jahren im Bereich der Erneuerbaren Energien. Als Inhaber der Firma „Stromspeicherplus“ hat er Batteriespeicher für verschiedenste Anwendungsfälle konzipiert und realisiert. Christof Wiedmann begann seine berufliche Laufbahn bei der Audi AG und war danach über zehn Jahre im Maschinenbau tätig.

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18. November 2015

Aller Anfang ist schwer. Wir als Hersteller von Stromspeichern erleben das täglich. Seit Jahren sind die Speicher in den Schlagzeilen, weil die Einsatzmöglichkeiten in vielen Bereichen so offensichtlich und die Erwartungen an diesen „missing Link“ so hoch sind. Wo stehen die Stromspeicher heute? Warum sind Stromspeicher die Popcorntechnologie der Energiewende?

Komponentenmarkt Stromspeicher bereits etabliert

Am Endkundenmarkt sind Stromspeicher noch ein Nischenprodukt. 15.000 Home – Speicher pro Jahr entspricht ca 0,1% des Marktpotentials. Doch im Hintergrund läuft der Markt der Batteriezellen und -module bereits auf Hochtouren, die meist asiatischen Akteure fahren die Fertigungskap hoch: Samsung, LG, Panasonic sind die namhaftesten, Tesla der schillerndste und Build Your Dreams (BYD) mit Wang Chuanfu als Träger des alternativen Nobelpreises der „hidden“ Champion, der Rekorde bei stationären Stromspeichern und Elektrofahrzeugen am laufenden Band bricht. Lars Thomsen, CEO von future matters, einer der renomiertesten Analysten von Technologietrends vergleicht (in einem hier verlinkten Video) die Entwicklung mit der Popcornpfanne: Lange Zeit tut sich nichts Offensichtliches für den Zuschauer. Doch im Inneren der Maiskörner steigen Temperatur und Druck. Und dann geht alles ganz schnell.  Beim Stromspeicher sind die Voraussetzungen für den Durchbruch weitgehend erfüllt, die ersten Körner poppen:

  1. Die Speichertechnologie hat eine ausreichende Reife erreicht, was an den Stückzahlen, der Anzahl der Anbieter und den Produktionskapazitäten erkennbar ist.
  2. Die Preise sind in den letzten beiden Jahren deutlich zurückgegangen und Stromspeicher können bei immer mehr Anwendungen wirtschaftlich betrieben werden.
  3. Stromspeicher werden von immer größeren Teilen der potentiellen Nutzer akzeptiert.

Wir verfolgen gerade live beim Rollout des neuen MiniES, einem kleinen netzparallelen Speicher mit 3 kW Leistung und 3 kWh oder 6 kWh, wie enorm die Bereitschaft des Massenmarktes „Einfamilienhaus“ gestiegen ist, mit Stromspeichern die Fotovoltaikanlage nachzurüsten und damit den Autarkiegrad zu erhöhen, die Stromrechnung zu reduzieren und auch bei Stromausfall nicht im Dunkeln zu sitzen.
Große Kostendegressionen sind bereits umgesetzt und am Markt angekommen, kontinuierliche Preissenkungen um 5 – 10% werden die nächsten Jahre bestimmen. Alternativ dazu könnten im einzelnen Stromspeicher verfügbare Nettokapazität in ähnlicher Größe Jahr für Jahr steigen bei stagnierenden Preisen.

Stromspeichersysteme sind mehr als Batteriezellen

Die Kompetenz für die Fertigung von Batteriezellen, -modulen und das zugehörige fenecon, Stromspeicher – die Popcorntechnologie der EnergiewendeZellmanagement liegt weitgehend in asiatischer Hand. Zum Erfolg am Markt gehört aber deutlich mehr, hier aufgezeigt am Beispiel FENECON und BYD: Die Batterietechnik benötigt ein elektrotechnisches Gesamtkonzept mit Wechselrichter, Laderregler, Kommunikationsschnittstellen, Absicherungen und einiges mehr. Dieses Gesamtpaket muß dann den landesspezifischen Netzanschlußbedingungen angepasst werden – eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe. Erst mit dem „german engineering“ der niederbayrischen Ingenieursschmiede FENECON ist es BYD gelungen im europäischen Speichermarkt Fuß zu fassen.
Instabile Netze erfordern dezentrale, temporär inselfähige Systeme mit Stromerzeugern und Stromspeichern, während die kleinen Eigenverbrauchsanlagen in unseren hochstabilen deutschen und europäischen Stromnetzen (noch) problemlos auf die technische Leistung derselben vertrauen dürfen.
Die reine Hausstromversorgung kann für Wohnhäuser mit wenigen Tausend Kilowattstunden Jahresverbrauch durch Fotovoltaik und einfache Speichersysteme sichergestellt werden. Soll dann jedoch auch der elektrische Wärmeerzeuger (Wärmepumpe, Heizstab, Infrarot, …) oder das Elektrofahrzeug mit Energie aus eigener Produktion versorgt werden, wird das System anspruchsvoller. Nicht nur mehr Erzeugungsleistung und mehr Speicherkapazität sind erforderlich, eventuell macht auch ein Micro-Blockheizkraftwerk Sinn, welches neben der Wärme auch zusätzlichen Strom insbesondere in den sonnenarmen Wintermonaten beisteuern kann. Diese Komplexität will gemanagt werden, die einzelnen Verbraucher und Erzeuger müssen in Abhängigkeit von individuell hinterlegten oder selbstlernenden Algorithmen hoch- oder runtergefahren werden.

Stromspeicher – die Popcorntechnologie der Energiewende

Nur der Wandel ist beständig…

…sagte Heraklit von Ephesos vor 2500 Jahren. Er hatte wohl unsere Energiewirtschaft im Blick. Wir werden in den nächsten Jahren noch kleine und große Änderungen erleben auf dem Weg von der alten Planwirtschaft mit ihren wenigen, dank billigster Rohstoffe und staatlicher Subventionen wirtschaftlichen Großkraftwerken hin zu einer weitgehend dezentralen Energiewirtschaft, in der große und kleine Einheiten weitgehend autonom funktionsfähig sind und sich durch intelligente Kommunikation zu einem flexiblen, insgesamt ausfallsicheren Versorgungssystem verbinden.
Heute installierte Speichersysteme müssen technisch auf Alles vorbereitet sein: Die Kapazität muß in unterschiedlichen Stufen erweitert werden können, die Leistung höhere Anforderungen abdecken. Der Speicher wird zum Smartphone und erhält neue Funktionen (Apps) per Internet. Erst damit wird die geplante Systemlebensdauer von 20 Jahren auch wirtschaftlich sinnvoll. Auch bei den Tarifen werden sich Entwicklungen wiederholen: Die zeitabhängigen Telefontarife kennen wir noch, bei „zuwenig“ Strom im Netz werden höhere Preise je Kilowattstunde in Rechnung gestellt als wenn „zuviel“ Strom zur Verfügung steht. Dann bekommt derjenige Geld, der das Netz entlasten kann, und das ist jeder mit freien Speicherkapazitäten. Die aktuellen Tarife erhält das Speichersystem über die App und passt die aktuelle Speicherbewirtschaftung entsprechend an.

Die Epoche der „geeigneten Speicherbetreiber“

Vor wenigen Jahren waren Dachgröße und –ausrichtung die wichtigsten Parameter bei der eigenen Stromerzeugung. Jetzt steht der Ausgleich zwischen Erzeugungs- und Verbrauchsprofil im Vordergrund. Die tägliche Stromproduktion sollte den Verbrauch soweit übersteigen, das bei Sonnenuntergang der Speicher voll ist. Und der muß ausreichend dimensioniert sein, um genau dann leer zu werden, wenn die Sonne wieder aufgeht und die Versorgung übernimmt. Optimal geeignete Speicherbetreiber ist die klassische Familie, bei der der Alltag i.d.R. vor Sonnenaufgang beginnt und erst spät in der Nacht der letzte Stromverbraucher das Licht ausschaltet. Trotz Wetter und Jahreszeiten sind zirka 75% Eigenversorgung realisierbar, was bei einem Jahresstromverbrauch von 8.000kWh und einem Strompreis von 25 Cent immerhin 6.000kWh bzw. 1.500€ einspart. Für die restlichen 2.000kWh stehen dann nur noch 500€ statt 2.000€ auf der jährlichen Stromrechnung. Gut, das ein Stromspeicher mehr kann, als kWh zwischenzuspeichern. Mit Leistungsreserven, die gerade nicht benötigt werden, wird das öffentliche Netz stabilisiert und mit den daraus erzielten Einnahmen bezahlt der Betreiber die verbleibende Stromrechnung. Das ist beim FENECON Energy Pool bereits Realität, an Weihnachten wird erstmalig ausbezahlt. Möglich ist das durch die hohen Lade- und Entladeleistungen der FENECON-Speicher, womit Geschäftsmodelle erschlossen werden, die Leistung (Kilowatt) zusätzlich zu Energie (Kilowattstunden) vermarkten.

Speicher als eigenes Geschäftsmodell?

Stromspeicher – die Popcorntechnologie der EnergiewendeDiese Grafik zeigt deutlich: Durch den Zubau der erneuerbaren Erzeuger wird aus dem sanften „Solarhügel“ ein steiler Berg. Diese steilen Rampen erfordern schnelle Technologien, für moderne Speichertechnik ist das keine Herausforderung, Lithiumbatterien z.B. sind für schnell wechselnde Anforderungen prädestiniert. Aber auch verschiedenste Aufgaben wie die Bedienung von Hochlast-Zeitfenstern, Kompensation von Blindleistung, Spannungs- und Frequenzhaltung, Schieflastausgleich und Schwarzstartfähigkeit, die bisher von Netzbetreibern mit hohem technischen Aufwand bewältigt wurden, können von Stromspeichern quasi nebenher erledigt werden.
Mit dem ersten Stromspeicher aus Serienproduktion ist FENECON inzwischen in der Lage, viele Anforderungen von Stadtwerken, Industrie, aber auch Wohnungsbau, Landwirtschaft und Gewerbe zu erfüllen. Mit einer Leistung von 40 Kilowatt und einer nutzbaren Kapazität von 40 Kilowattstunden ist der COMMERCIAL mit allen AC / DC Stromerzeugern kompatibel und skalierbar bis zu 500kW / 500 kWh. Gerade für Stadtwerke ist der vollständige Funktionsumfang und die einfach Integration in virtuelle Kraftwerke und das geringe Investitionsvolumen entscheidend, eigene Erfahrungen im Umgang mit Stromspeichern zu gewinnen.

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