Die Pariser Klimakonferenz

Gastautor Portrait

Prof. Dr. Hermann E. Ott

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie

Hermann Ott ist Senior Advisor für globale Nachhaltigkeits- und Wohlfahrtsstrategien beim Wuppertal Institut. Nach seinem Studium der Rechts- und Politikwissenschaften promovierte Hermann Ott über das Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht. 1994 begann er als Projektleiter in Wuppertal. 1998 wurde er dort kommissarischer Leiter der Abteilung Klimapolitik und ab 2001 Direktor. Von 2009 bis 2013 gehörte er als Abgeordneter der Fraktion Bündnis90/Die Grünen dem Deutschen Bundestag an. Im Juli 2016 wurde Hermann Ott zum Honorarprofessur an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde berufen.

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27. November 2015
Operation Weltrettung

Warum Klimaschutz im Konsens nicht funktioniert und wir eine neue diplomatische Initiative für Klimapioniere brauchen

Neben dem gewälttätigen Terror von Paris und den Flüchtlingsströmen nach Europa haben es längerfristige Gefährdungen zur Zeit schwer, unsere Aufmerksamkeit zu erringen. Doch dürfen wir die Gefahren des Klimawandels nicht vernachlässigen. Im Grunde ist ja die jetzige Lage nur ein Vorgeschmack dessen, was kommen wird, wenn der Klimawandel ganze Regionen unbewohnbar macht. Die meisten Schätzungen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten 250 – 300 Millionen Klimaflüchtlinge aus ihren Heimaten vertrieben werden. Ein ungebremster Klimawandel wird dazu führen, dass der Terrorismus neuen Nährboden erhält, er wird Staaten destabilisieren, alte Konflikte verschärfen und neue Kriege entfachen.

Umso wichtiger wäre, dass die Pariser Klimakonferenz einen entscheidenden Durchbruch im Kampf gegen den Klimawandel brächte. Doch ist dies leider nicht der Fall. Zwar ist seit jenem Dezember 1997, als das Kyoto-Protokoll in der alten japanischen Königsstadt verabschiedet wurde, viel geschehen. Vor allem der Siegeszug der Erneuerbaren Energien ist beeindruckend. Doch befindet sich die internationale Klimapolitik seit jenem historischen Abkommen im Grunde auf dem Rückzug. Und das was jetzt in Paris beschlossen werden soll, ist nur noch ein magerer Abklatsch dessen, was eigentlich notwendig wäre. Es wird zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit ein völkerrechtliches Abkommen in Paris verabschiedet werden, doch wird dies zu schwach sein um eine echte Wende herbeizuführen.

Pariser Klimakonferenz: Maßnahmen nur im Konsens

Eigentlich wäre es eine gute Nachricht, dass ca. 150 Staaten Vorschläge für ihre Beiträge im Kampf gegen den Klimawandel gemacht haben, darunter Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien aber auch viele Staaten, die eigentlich genug andere Sorgen haben. Doch muss diese gute Nachricht gleich wieder relativiert werden: Selbst wenn diese Beiträge alle umgesetzt Pariser Klimakonferenzwürden, wären sie nicht ausreichend, um den Klimawandel in zivilisatorisch verträglichem Rahmen zu halten. Denn es käme zu einer Erwärmung unserer Atmosphäre um ca. 3°C im globalen Mittel – weit über die Erwärmung von 2°C hinaus, die von der Wissenschaft noch gerade als verkraftbar angesehen werden.
Und die zweite schlechte Nachricht: Die Umsetzung dieser schon an sich unzureichenden Beiträge ist keinesfalls gesichert. Denn verhandelt werden nicht völkerrechtlich verbindliche Pflichten zur Treibhausgas-Minderung für alle großen Verschmutzer – verhandelt werden so genante INDCs, „beabsichtigte, national bestimmte Beiträge“ zum Klimaschutz – reine Absichtserklärungen der Staaten ohne rechtliche Bindung. Und es ist nicht einmal sicher, dass am Ende auch ein System zur Überprüfung der Umsetzung vereinbart werden kann – mehr Unverbindlichkeit geht nicht…
Ist das ein Grund die internationale Klimapolitik aufzugeben? Nein, aber die gegenwärtigen Verhandlungen müssen ergänzt werden: Es hat sich gezeigt, dass ein Umbau unserer Weltwirtschaft im Konsens zwischen fast 200 Staaten nicht möglich ist. Die wenigsten Menschen wissen, dass in den Klimaverhandlungen aufgrund eines Vetos von Saudi Arabien ein Konsenszwang herrscht, dass also immer alle mit jeder Maßnahme einverstanden sein müssen! Das wäre, als wenn eine Gruppe von 200 Junkies beschließt aus der Droge auszusteigen – aber nur dann, wenn sich alle immer einig sind. Und da unter den Junkies auch einige Dealer sind, die vom Verkauf der Droge profitierten, müssen auch die einer Verringerung ihrer Einnahmen immer wieder zustimmen. Das Ergebnis kann man sich vorstellen. Aber genau dieses Unmögliche soll in der Klimapolitik funktionieren: Neben allen von fossilen Brennstoffen abhängigen Staaten müssen auch die Lieferanten wie die Ölförderstaaten, die USA, Russland, Kanada und Australien allen klimaschützenden Maßnahmen immer zustimmen. Das kann nicht funktionieren.
Deshalb muss die UN-Ebene ergänzt werden durch eine Allianz der Vorreiter, einen Zusammenschluss derjenigen Staaten und Regionen, die wirklich Klimaschutz wollen. Es braucht eine diplomatische Initiative nach Paris, um die Pioniere einer effektiven Klimapolitik zusammenzubringen. Mit dynamischen Abstimmungsregeln, die eine schnelle Anpassung von Maßnahmen erlauben anstelle endloser Streitigkeiten über Petitessen. Mit starken Maßnahmen die Aussicht haben, den klimaverträglichen Umbau unserer Wirtschaft voranzubringen. Dies wäre eine Initiative, die Strahlkraft hat und Hoffnung auf eine Lösung des Klimaproblems vermittelt. Mögliche internationale Partner gibt es dafür mehr als genug.
Deutschland darf sich nicht länger von den Bremsern der Öl- und Kohlestaaten seine Klimapolitik vorschreiben lassen! Dies ist auch eine Frage der Verantwortung Deutschlands gegenüber den Menschen jetzt und in Zukunft auf unserer Erde.

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Unser Gastautor hat zahlreiche Beiträge über die internationalen Klimakonferenzen verfasst. Mehr dazu auf seiner Webseite und auf der Internetpräsenz des Wuppertaler Instituts.

 

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