Gesucht: ein nationaler „Kümmerer“ zur Erreichung der Energiesparziele

Gastautor Portrait

Prof. Dr. Peter Hennicke

Gastautor

Peter Hennicke war bis 2008 Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Zuvor arbeitete er an verschiedenen Hochschulen, in der Ministerialverwaltung und am Öko-Institut in Freiburg. Bereits 1985 (!!) schrieb er ein visionäres Sachbuch mit dem Titel „Die Energiewende ist möglich“. Der studierte Ökonom und Chemiker war in den Jahren von 1987 bis 1994 Mitglied der Enquete-Kommissionen des Bundestages Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre und Schutz der Erdatmosphäre. 2014 wurde er in den globalen Think Tank des Club of Rome aufgenommen und mit dem Umweltpreis der Bundesstiftung Umwelt ausgezeichnet.

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08. Dezember 2014

Das Energiekonzept der Bundesregierung zur Energiewende vom September 2010 sieht für 2020 bzw. 2050 ambitionierte Leitziele vor. Sie sollten auf gesetzlicher Grundlage verbindlich gemacht werden, um langfristige Verlässlichkeit und Planungssicherheit zu schaffen, insbesondere für Energieeffizienz und Energieeinsparung. Denn nur durch eine erheblich ambitioniertere Strategie zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden, Geräten und Anlagen wird die Energiewende nicht nur für die Umwelt, sondern auch wirtschaftlich ein Erfolg.

Mit dem gegenwärtigen politischen Instrumentarium werden die Ziele sowohl der Bundesregierung als auch der EU (vgl. Energieeffizienzrichtlinie, EED, von 2012) zur Energieeinsparung deutlich verfehlt. Diese Einsparlücke im Strom- und Wärmemarkt kann durch eine erhebliche Aufstockung der heutigen Förderung der Gebäudesanierung und mit zusätzlichen Programmen für Haushalte, GHD und Industrie, vor allem zur Stromeinsparung (z.B. bei Klimatisierung, Beleuchtung, Umwälzpumpen) geschlossen werden. Dass dies mit hohem volkswirtschaftlichem Gewinn möglich ist, zeigen zahlreiche Studien. Das Wuppertal Institut hat z.B. errechnet, dass durch Energiesparprogramme in den kommenden sieben Jahren rund 80 Milliarden Euro an zusätzlichen privaten Investitionen mit einem erheblichen positiven Beschäftigungseffekt ausgelöst würden, die zur Aufstockung der niedrigen deutschen Investitionsquote und als Innovationsmotor dringend gebraucht werden.

Zur Überwindung einer Vielzahl von Hemmnissen und zur geplanten Verdoppelung der Modernisierungsrate im Gebäudebestand auf 2% pro Jahr müssen die Ausgaben für Förder- und Beratungsangebote wesentlich erhöht werden: Statt heute rund zwei sind etwa 6,5 Mrd. Euro pro Jahr erforderlich. Diese Anreize kommen den Haushalten bzw. Gebäudeeigentümern zugute, aber auch Unternehmen in Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Industrie profitieren hiervon.

Die aufgestockten Förderprogramme aus dem Bundeshaushalt (z.B.KfW-Programme) sollten langfristig verstetigt werden. Weitere Finanzierungsoptionen können z.B. sein: Erlöse eines wieder funktionstüchtigen EU-Emissionshandels, der Abbau umweltschädlicher Subventionen oder die Einführung einer – bezogen auf die Kilowattstunde – sehr geringen Energiesparabgabe d.h. ein „Einspar-Zehntelcent“, etwa 0,2 cts/kWh Umlage auf Strom und Brennstoffe.

Sanierung

Die Förderung, die aus dem Bundeshaushalt (vor-)finanziert wird, führt durch volkswirtschaftliche Folge- und Multiplikatoreffekte (z.B. neue Geschäfts- und Innovationsfelder, mehr Beschäftigung) zu Steuermehreinnahmen sowie Ausgabensenkungen, die in der Summe die Förderkosten überkompensieren: die Selbstfinanzierungsquote dieser Programme ist größer als 1.

Für die erfolgreiche Umsetzung dieses anspruchsvollen Programms ist eine effiziente bundesweite Koordination der Programmgestaltung und -umsetzung notwendig.  Vorgeschlagen wird vom Wuppertal Institut die Gründung einer Bundesagentur für Energieeffizienz und Energiesparfonds (BAEff), die als „nationaler Kümmerer“ mit einem umfassenden Mandat die notwendigen Kompetenzen von nationalen Energiesparakteuren (z.B. Dena, BAFA) bündelt, personell verstärkt und mit der Vielzahl regionaler Effizienzakteure vernetzt. Der BAEff wird auf gesetzlicher Grundlage die Prozessverantwortung für das Erreichen der Energiesparziele der EED sowie des langfristigen Energiekonzepts der Bundesregierung übertragen. Die BAEff nimmt insofern ihre Ausgaben wahr a) im Rahmen einer „polyzentrischen Governancestruktur“ der deutschen Energieeffizienzpolitik und b) soweit wie möglich durch wettbewerbliche Prozesse (z.B. Ausschreibung der Umsetzung von Energiesparprogrammen). Sie koordiniert und evaluiert die zielkongruente Programmumsetzung und Mittelvergabe durch KfW und Banken sowie regionale und lokale Energieagenturen, Verbraucherzentralen, Energieunternehmen, lokale Netzwerkknoten für Gebäudesanierung und andere Programmpartner.
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Hinweis zum Copyright des Potraitsfotos:
© Bernd Thissen/Uli Deck/DBU

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  1. Dominik Pöschel

    vor 9 Jahren

    Ich habe gerade in diesem Jahr mein eigenes Häusle fertiggestellt. Vom Energiewert habe ich ein sogenanntes Passivhaus gebaut.

    Förderung war von Seiten des Staats gleich Null!!! Weder fürs Haus noch für die sich im Haushalt befindlichen Geräte. Ganz im Gegenteil es wurden Steuern eingenommen und das nicht zu knapp!!!

    Wenn wir wirklich einen Effekt für die Umwelt erzielen möchten muss schnell was aus der Politischen Ecke dazu entschieden werden, so dass die Masse der Häuslebauer was Energieeffizienz angeht an einem Strang ziehen. Aber ich vergaß schnell geht ja zumindest POLITISCH nichts.

    Ich und meine Familie freuen uns nun darüber aus dem eigenen Geldbeutel was für die Umwelt und die Zukunftssicherung getan zu haben!!!!

    Prof. Dr. Peter Hennicke Sie haben recht hier muss dringend was unternommen werden um die Energiewende erfolgreich weiter voran zu treiben.

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