Gas: Nicht trotz, sondern wegen der Energiewende

Gastautor Portrait

Markus Baumgärtner

EnBW Energie Baden-Württemberg AG

Als Leiter "Wertschöpfungskette Gas" hat Markus Baumgärtner in den letzten Jahren das Gasgeschäft und die Gasstrategie der EnBW wesentlich geprägt. Der Maschinenbau-Ingenieur blickt auf zahlreiche Stationen im EnBW-Konzern, unter anderem im Bereich Handel, zurück. Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der GasVersorgung Süddeutschland GmbH sowie Mitglied im Aufsichtsrat der terranets bw GmbH und der Verbundnetz Gas AG.

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18. Mai 2016
Gas EnBW

Eine erneuerbare Welt ist möglich, aber sie sieht völlig anders aus als die Energiewelt, die wir bisher kannten. Die neue Welt ist kleinteilig, dezentral und erfordert mehr Flexibilität, um die Energie überall und ohne Unterbrechung zur Verfügung zu stellen. Diese Welt kommt nicht von selbst, sondern erfordert einen tiefgreifenden Umstellungsprozess in allen Bereichen des wirtschaftlichen Handelns. Die erneuerbaren Energien Wind und Sonne sind dabei der Schlüssel zu einer dekarbonisierten Gesellschaft.

Gas als Backup in der neuen Energiewelt

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Einer der Schlüssel zu einer dekarbonisierten Welt: die Windkraft.

Auf dem Weg zu dieser neuen, emissionsarmen Welt werden die konventionellen Energieträger nach und nach abgelöst mit einem Fahrplan bis 2050. Es müssen Wind- und Solarparks errichtet werden, die ausreichend Energie erzeugen, es müssen Kabel verlegt werden, die die erzeugte Energie in die Bedarfszentren bringen, und es müssen Lösungen geschaffen werden, Zeiten ohne ausreichend Wind und Sonne zu überbrücken.

Die Erzeugungskapazität der erneuerbaren Energien lag im vergangenen Jahr mit 95 Gigawatt in Deutschland erstmals über der Kapazität der konventionellen Kraftwerke von 85 Gigawatt. Mit großen Windparks on- und offshore hat sich zum Beispiel auch die EnBW konsequent an der Energiewende ausgerichtet und wird hier bis 2020 weitere drei Milliarden Euro investieren. Spätestens wenn 2022 das letzte Kernkraftwerk vom Netz geht, wird der Druck auf die konventionellen Kraftwerke weiter ansteigen. Vor dem Hintergrund der steigenden fluktuierenden Erzeugung brauchen wir in Deutschland Gas als Backup. Es kann dezentral über ein funktionierendes Verteilnetz überall und zu jeder Zeit zur Verfügung gestellt werden.

Gas ist als residualer Energieträger natürlicher Partner der Erneuerbaren. Gas ist emissionsarm und langfristig als ausreichende Ressource vorhanden, und es steht mit den Gasnetzen und Gasspeichern auch für zukünftige Anwendungen von erneuerbar erzeugtem Wasserstoff und synthetischem Methan die Infrastruktur zur Verfügung.

Gasspeicher, Gas
Gaskavernen, wie hier im südöstlich von Wilhelmshaven gelegen Etzel, dienen als Erdgas-Speicher.

Mit einer ausgereiften Power-to-Gas-Technologie kann langfristig sogar überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien in den Energieträger Wasserstoff und mittels eines weiteren Prozessschrittes in synthetisches Methan umgewandelt werden. Die durch Elektrolyse hergestellten gasförmigen Stoffe können in das bestehende Gasnetz eingespeist und gespeichert werden und gleichzeitig durch die vorhandene Infrastruktur weiteren Sektoren zur Verfügung gestellt werden.

Große Potenziale im Wärmemarkt

Neben der Stromerzeugung hat Gas im Wärmemarkt mit seinen enormen CO2-Einsparungspotenzialen für die Erreichung der Ziele der Energiewende eine Schlüsselfunktion: auf Erdgas entfallen rund 35% des Endenergieverbrauchs (Wohn- und Nichtwohngebäuden) und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen.

Die Hälfte der Wohngebäude in Deutschland wird mit Erdgas beheizt. Dank Erdgas können die Menschen in Deutschland weiter sicher, komfortabel und bezahlbar ihre Wohnungen und Häuser heizen. Und dies immer CO2-ärmer: Denn mit modernster Brennwerttechnologie bietet Erdgas ideale Kombinationsmöglichkeiten mit den erneuerbaren Energien z. B. Erdgasbrennwertgerät mit Solarenergie. Diese Potenziale sollten im Sinne einer wirksamen Wärmewende gehoben werden. Im Wärmemarkt steht die CO2-Reduktion im Mittelpunkt. Dementsprechend könnte Erdgas bei der KfW-Förderung, beim Marktanreizprogramm und bei steuerlichen Maßnahmen ohne Diskriminierung berücksichtigt werden, um die CO2-Ziele schneller zu erreichen.

Mobil mit Erdgas

Nicht zu vergessen ist die Erdgasmobilität. Der Einsatz von LNG und CNG bietet insbesondere im öffentlichen Nah- sowie im Güterverkehr kostengünstige CO2-Reduktionsmöglichkeiten, die im Rahmen des Klimaschutzplans berücksichtigt werden sollten.

Die Auffassung, dass Erdgas in den Bereichen Strom, Wärme, Industrie eine langfristige Perspektive hat, bei speziellen Anwendungen auch im Verkehr, ist die Basis unserer Gasstrategie bei der EnBW. Mit der Übernahme des Leipziger Gasversorgers VNG im April sind wir der drittgrößte Gasversorger in Deutschland. Wir glauben, dass sich die Erkenntnis durchsetzen wird, dass Gas der ideale Partner der Erneuerbaren und damit ‚alternativlos‘ ist.

Als Fazit bleibt für mich sodann auch:
Gas wird nicht trotz, sondern wegen der Energiewende an Bedeutung zunehmen.

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  1. Windmüller

    vor 8 Jahren

    Ich denke auch, dass Gas an Bedeutung gewinnen wird. Ich verstehe nicht, warum man nicht mehr auf Erdgasfahrzeuge setzt. Bei Dieselfahrzeugen wird zukünftig großer Aufwand nötig sein, um die Abgasnormen zu erfüllen. Da baut man eine halbe Chemiefabrik unters Auto. Dann kann man auch die Mehrkosten für die Erdgasanlage nutzen.

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