Energiewende zwischen allen Stühlen

Gastautor Portrait

Dimitri Vedel

Bodensee-Stiftung und Hochschule Rottenburg

Dimitri Vedel, Diplom Forstwirt, ist sowohl Projektleiter bei der Bodensee-Stiftung im Bereich Erneuerbare Energien als auch Projektmitarbeiter an der Hochschule Rottenburg. Seine thematischen Schwerpunkte sind die Steigerung der Akzeptanz für die Energiewende und Möglichkeiten einer aktiven Bürgerbeteiligung. Er ist beteiligt an der Realisierung von zahlreichen Bioenergiedörfern im süddeutschen Raum und Mitherausgeber der Studie „Die Energiewende im Spannungsfeld energiepolitischer Ziele, gesellschaftlicher Akzeptanz und naturschutzfachlicher Anforderungen“.

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05. September 2016
Die Studie aus den Bfn-Skripten 433, 2016, zeigt auf, in welchem Spannungsfeld sich die Energiewende befindet.

Die Energiewende in Deutschland wird gelingen! Davon geht eine Mehrheit der Bevölkerung aus und die Politik gibt sich Mühe an den Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung zu arbeiten. Zuversichtlich darf man auch sein, wenn man sieht, wie sich der Anteil an Erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Der Anteil an erneuerbarem Strom in Deutschland im Jahr 2015 betrug  30 Prozent der gesamten Bruttostromerzeugung. Den größten Anteil macht die Windkraft aus.

Etwas bescheidener fallen die Zahlen zum Anteil an Erneuerbaren Energien aus, wenn nicht alleine die Stromerzeugung betrachtet wird, sondern auch die benötigte Energie für Wärme und Mobilität berücksichtigt wird. Schnell reduziert sich der Anteil an Erneuerbaren Energien auf unter 15 Prozent des gesamten Energiebedarfs.

Die Studie aus den Bfn-Skripten 433, 2016, zeigt auf, in welchem Spannungsfeld sich die Energiewende befindet.

Versteht man die Energiewende nicht alleine als eine Umstellung von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare, sondern versteht man diese als ein Zusammenspiel von Ausbau Erneuerbaren Energien, effizienter Nutzung von Energieträgern und einer Reduktion des Energiebedarfs, stellt man fest, dass die Erfolge in den einzelnen Bereichen sehr unterschiedlich ausfallen. Der Anteil an Erneuerbaren nimmt zwar zu, Effizienzmaßnahmen werden in geringem Maße umgesetzt, aber man kann auch feststellen, dass der Energiebedarf in den vergangen Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Gründe sind unter anderem Rebound-Effekte eines veränderten Konsumentenverhaltens.

Betrachtet man allerdings die unterschiedlichen Langzeitszenarien der unterschiedlichen Institutionen auf Bundes- oder europäischer Ebene zur Energiewende, stellt man fest, dass die Reduktion des Energiebedarfs fester Bestandteil einer erfolgreichen Energiewende ist. Je nach Referenzzeitraum umfassen die geforderten Energieeinsparungen bis zu 20 Prozent! Ob unter diesen Umständen zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt von einer erfolgreichen Energiewende sprechen kann, sei dahingestellt.

Energiewende im Spannungsfeld

In einem gemeinsamen F+E Projekt der Technischen Universität Berlin und der Hochschule für Forstwirtschaft („Die Energiewende im Spannungsfeld energiepolitischer Ziele, gesellschaftlicher Akzeptanz und naturschutzfachlicher Anforderungen“) wurde untersucht, welche gesellschaftlichen und politischen Bereiche adressiert werden müssen, um die komplexen Zusammenhänge der Energiewende zu verstehen und vor allem zu kommunizieren. Die Ergebnisse wurden in der Reihe der BfN Skripte (Band 433) veröffentlicht. Es werden die fördernden Faktoren beschrieben, die zu einer hohen Akzeptanz der Energiewende beitragen können und was so hemmend sein kann, dass Widerstände eine Realisierung der Energiewende gefährden (Beiträge von Anke Blöbaum und Ines Heger). Aufgezeigt werden, welche strukturellen Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, damit die Bürgerinnen und Bürger für die Notwendigkeit von Energieeinsparungen sensibilisiert werden können (Beitrag von Dörte Ohlhorst und Friederike Korte). Der Beitrag von Lars-Arvid Brischke beschäftigt sich die Widersprüchlichkeit des individuellen Energieverhaltens überwinden lässt.

Im Mittelpunkt des Vorhabens steht die Frage, wie Kommunikationsprozesse gestaltet sein müssen, damit eine erfolgreiche Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger gelingt. Vorschläge zu den Werkzeugen und Erfordernisse an den Kommunikationsprozess liefern die Kommunikationsexperten Ute Holzmann-Sach und Jonas Hölderle speziell für den Einsatz von Social Media.

Eine besondere Rolle für eine erfolgreiche Gestaltung der Energiewende fällt dem Naturschutz zu. Aus der Praxis beschreiben Martin Köppel und Dana Marquardt, welche geeigneten Kommunikationsmethoden sich bisher bewährt haben.

Studienfokus: Gestaltung von Kommunikationsprozessen

Alle Beiträge haben gemeinsam, dass sie mit dem nötigen wissenschaftlichen Hintergrund, auch immer Beispiele aus der Praxis aufzeigen, wie das Spannungsfeld zwischen den unterschiedlichen Ansprüchen an die Energiewende entspannt werden kann. Vorschläge wie vor allem der Kommunikationsprozess gestaltet sein könnte, geben Hinweise wie die Zusammenhänge zwischen einem einerseits erforderlichen Ausbau von Erneuerbaren Energien und der zwingenden Notwendigkeit von Energieeinsparungen das komplexe Thema für Bürgerinnen und Bürger zugänglich gemacht werden kann.

Das BfN-Skript ist nicht im Buchhandel erhältlich, aber als PDF-Version kostenfrei verfügbar.


Ergebnisse des gleichnamigen F+E-Vorhabens (FKZ 3515801800) des Bundesamtes für Naturschutz Herausgeberinnen der Dr. Bernd Demuth (TU Berlin), Prof. Dr. Stefan Heiland (TU Berlin), Prof. Dr. Rainer Luick (Hochschule für Forstwirtschaft, Rottenburg), Dimitri Vedel (Hochschule für Forstwirtschaft, Rottenburg), Kathrin Ammermann (BfN, Außenstelle Leipzig) und Dr. Norbert Wiersbinski (BfN, Außenstelle Insel Vilm)


 

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