Zu einem Rückblick auf den derzeit tagenden Weltklimagipfel in Bonn lädt die Stiftung Energie & Klimaschutz ein. Auf dem Debattenabend am 29. November in Stuttgart wird es um die Bewertung des Gipfels und die Frage gehen, was die Ergebnisse des COP 23 für Deutschland bedeuten. Bringt die Konferenz den erhofften Erfolg für den Klimaschutz oder müssen wir den Bau höherer Deiche in Betracht ziehen. Wir hatten Gelegenheit, mit einer Mitdiskutantin des Debattenabends vorab zu sprechen. Sabine Nallinger ist Vorständin der Stiftung 2°, Deutsche Unternehmen für Klimaschutz.
Unternehmen für Kohleausstieg und höheren CO2-Preis
DEZ-Blog: Sehr geehrte Frau Nallinger, beginnen möchten wir mit einem Glückwunsch für die Initiative, mitten in die Sondierungsgespräche eine Erklärung zu platzieren, in der mehr als 50 deutsche Unternehmen sich für mehr Klimaschutz und u.a. für den Kohleausstieg und einen konstant höheren CO2-Preis einsetzen.
Sabine Nallinger: Vielen Dank! Wir freuen uns über die große positive Resonanz. Ich denke, das Signal der Wirtschaft an die Politik ist in diesen nicht ganz einfachen Zeiten so wichtig wie eindeutig. Die Unternehmen haben die Jamaika-Verhandlungspartner zu einem ambitionierten Klimaschutz ermutigt und sie wissen, dass die Wirtschaft dazu einen großen Teil beizutragen hat.

Wie schätzen Sie die allgemeine Stimmung in der deutschen Wirtschaft ein, beim Klimaschutz nun einen Gang nach oben zu schalten?
Die Erklärung zeigt ja, wie diese Stimmungslage ist: Die konsequente Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 wird von der Wirtschaft als unverzichtbares Modernisierungsprogramm für Deutschland gesehen. Die Unternehmen wissen um die Zukunftschancen eines ambitionierten Klimaschutzes: Es geht dabei nicht nur um unsere Wettbewerbsfähigkeit, sondern Klimaschutz schafft auch Arbeitsplätze und stärkt die Innovationskraft Deutschlands. Gleichzeitig brauchen die Unternehmen Planungssicherheit, um Ihre Investitionen entsprechend zu lenken.
Deutschland und die EU müssen die politischen Voraussetzungen schaffen, damit die Dekarbonisierung zum Rezept für wirtschaftlichen Erfolg und soziale Gerechtigkeit wird.
Unternehmen dürfen den strukturellen Umbruch nicht verschlafen
Sie sprechen mit vielen Unternehmern, nicht nur mit Ihren Mitgliedern. Ist sich die deutsche Wirtschaft bewusst, dass die Umsetzung des Abkommens von Paris uns nur noch ein begrenztes Emissionsbudget bei den Treibhausgasen gestattet?
Ja, da gibt es natürlich ein großes Bewusstsein. Auch besteht ja der explizite Wunsch seitens der Unternehmen, dass der Emissionshandel weiterentwickelt wird, weil er im Moment nicht aureichend für Anreize für ein CO2-armes Wirtschaften liefert.
Der Emissionshandel muss ab 2021 so ambitioniert gestaltet werden, dass er mit den Klimazielen Deutschlands für 2030, 2040 und 2050 und einem Pfad zu 95 Prozent Reduktion bis 2050 in der EU im Einklang steht.
Die großen Verbände der deutschen Industrie, der BDI, der Verband der chemischen Industrie und die im VDA zusammen geschlossenen Autobauer haben einen ambitionierten Klimaschutz in Deutschland immer wieder erfolgreich torpediert. Sehen Sie eine Chance, dass diese Koalition der Unwilligen den politischen Widerstand einstellt oder zumindest herunter fährt?
Ich denke, dass bestimmte Geschäftsmodelle – wie zum Beispiel der Verbrennungsmotor – vor dem Hintergrund der Erfordernisse und internationalen Vereinbarungen einfach nicht mehr erfolgreich sein und aussterben werden. In Norwegen zum Beispiel sollen ab 2025 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor zugelassen werden, auch in anderen Ländern könnten solche Regelungen kommen. Dies betrifft ja das Kerngeschäft vieler Unternehmen und es würde nicht im Einklang mit unternehmerischen Handeln und Denken stehen, die Zeichen der Zeit weiter hartnäckig zu ignorieren. Um beim Beispiel zu bleiben: Der Automobilindustrie darf es nicht wie Teilen der Energiewirtschaft gehen, wo strukturelle Umbrüche einfach zu lange verschlafen wurden. Meine Hoffnung und Prognose ist, dass hier sehr bald Bewegung kommt.
Danke für das Gespräch.
Eine Einladung an unsere Leserinnen und Leser
Der Debattenabend „Blick nach Bonn: Alles gut oder baut die Deiche höher?“ findet statt am Mittwoch, den 29. November 2017 um 18:30 Uhr in Stuttgart. Dort diskutieren
- Christiane Brunner, Sprecherin für Umwelt der Grünen in der Republik Österreich
- Sabine Nallinger, Vorständin Stiftung 2° – Deutsche Unternehmer für Klimaschutz
- Helmfried Meinel, Ministerialdirektor im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
- Dr. Hans-Josef Zimmer, Mitglied des Vorstands der Energie Baden-Württemberg AG
Wie immer haben wir für unsere Leserinnen und Leser einige Plätze reserviert. So können Sie teilnehmen: Bitte melden Sie Ihre Teilnahme bis spätestens Dienstag, 21. November per Mail an: energieundklimaschutzBW@enbw.com
Ergänzende Informationen erhalten Sie im Zuge der Teilnahmebestätigung.
Schicken Sie uns Ihre Fragen an die Referenten und erhalten Zugang zum Livestream!
Haben Sie keine Gelegenheit am 29. November nach Stuttgart zu kommen, interessieren sich aber fürs Thema? Gerne dürfen Sie uns ab sofort Ihre Fragen an die Referenten zukommen lassen. Für den Debattenabend schicken wir Ihnen dann einen Link zu einem Livestream des Abends, über den Sie der Veranstaltung folgen können.
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