Die wirtschaftlichen Chancen der Energieeffizienz

Gastautor Portrait

Andreas Kühl

Energieblogger @energynet

Andreas Kühl ist freiberuflicher Content-Manager, Texter und Social-Media Manager mit den Schwerpunkt-Themen Energiewende, Gebäude, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Als Diplom-Ingenieur (FH) bringt er seinen fachlichen Hintergrund aus der Bauphysik in die Arbeit ein. Seine Erfahrungen im Online-Marketing und das Interesse sich in neue Themen einzuarbeiten zeigt er mit dem eigenen Blog energynet.de, den er seit mehr als 17 Jahren betreibt.

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21. November 2014

Langsam scheint das Thema Energieeffizienz bei immer mehr Akteuren der Energiewende anzukommen. Die Bundesregierung erarbeitet zurzeit den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE), der am 03. Dezember im Kabinett verabschiedet werden soll. Die Deutsche Energie-Agentur dena hat eben erst ihren zweitägigen Energieeffizienz-Kongress beendet. Und in den Medien wird erstaunlich positiv berichtet über Energieeffizienz. Zumindest ist jetzt nicht wieder von Verboten die Rede (wie bei der Ökodesign-Richtlinie) oder von der scheinbar gefährlichen Wärmedämmung. Letzteres ist nach Fertigstellung des Textes doch wieder ein großes Thema.

Aber haben schon alle erkannt, wie groß das Potential der Energieeffizienz ist?

Potentiale der Energieeffizienz beim EU-Gipfel nicht genutzt
Beim EU-Gipfel Ende Oktober hatten sich die Staats- und Regierungschefs auf eine Verbesserung der Energieeffizienz bis 2030 um mindestens 27 Prozent als ein indikatives, also freiwilliges, Ziel geeinigt. Damit blieben sie bei ihrem Kompromiss noch hinter der Forderung der EU-Kommission mit 30 Prozent und weit hinter der Forderung des EU-Parlamentes von einem verbindlichen Ziel von 40 Prozent.

Hinter dieser Abschwächung steckt vermutlich eine Angst vor wirtschaftlichen Nachteilen durch zu hohe Ziele. Dabei berichtete das europäische Online-Magazin euractiv.com im Juni dieses Jahres von größeren Vorteilen für die Volkswirtschaft durch höhere Effizienz-Ziele. Der dahinter stehende Bericht war der EU-Kommission durchaus bekannt. In diesem Bericht stand, dass die höchsten Ziele auch die höchsten wirtschaftlichsten Vorteile mit sich bringen würden.

Bei dem 40%-Ziel wären das, wie ich im Juni schon geschrieben hatte:

  • ein jährliches Wirtschaftswachstum von +4%
  • ein jährliches Beschäftigungswachstum von 3,15%
  • eingesparte jährliche Importkosten von fossilen Energien von 505 Milliarden Euro
  • Verringerung der Gas-Importe in die EU um 40%

Alleine in der chemischen Industrie hätte man ein Beschäftigungswachstum von 4,1%, bei einem Ziel von 25% beträgt das Wachstum nur noch 0,4%.

Durch ein verbindliches Ziel für die Energieeffizienz in der Europäischen Union hätte man dazu beitragen können, drei große Ziele der europäischen Politik zu erreichen:

  • Mehr Unabhängigkeit vom Import fossiler Energieträger
  • Verringerung der CO2-Emissionen
  • Mehr Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum

Andere Ziele waren jedoch vermutlich wichtiger oder man hat den Zahlen nicht vertraut.

EU-Beschlüsse zu Energieeffizienz-Ziele bis 2030 sind Bankrotterklärung
Für den Branchenverband der Unternehmen, die im Bereich Energieeffizienz tätig Dämmensind, kommen die Beschlüsse des EU-Rats einer Bankrotterklärung der europäischem Energiepolitik gleich. Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF):
„Das ist die Bankrotterklärung der europäischen Energiepolitik und zudem ein wirtschaftspolitisches Desaster. Die Bundesregierung hat mit ihrer Zustimmung blindlinks alle Chancen geopfert, die künftige Bezahlbarkeit von Energie und damit Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit in Europa sicherzustellen und unabhängig von Energieimporten zu werden.
Mit einem unverbindlichen Energieeffizienzziel von 27 Prozent ist die 2007 begonnene EU-Energiepolitik heute auf ihren Nullpunkt zurückgekehrt. 27 Prozent liegen noch unter den sowieso stattfindenden Effizienzfortschritten.“
Verschiedene Forschungs- und Wirtschaftsinstitute, sowie Unternehmen und Verbände hatten sich zuvor für ein verbindliches Ziel von 40% ausgesprochen.

IEA: Energieeffizienz ist die wichtigste Energiequelle weltweit
Für die Exekutivdirektorin der Internationalen Energie Agentur IEA, Maria van der Hoeven, ist Energieeffizienz das unsichtbare Kraftwerk, das im Hintergrund arbeitet, um unsere Versorgungssicherheit zu sichern, um unsere Energiekosten zu reduzieren und uns hilft, die Klimaschutz-Ziele zu erreichen. Die IEA bezeichnet Energieeffizienz bereits seit einigen Jahren als ‚First-Fuel‘, die Energiequelle mit den weltweit höchsten Investitionen, die großes Potential hat zur Erreichung der weltweiten Klimaschutz-Ziele.

Diese Bezeichnung und hohe Einstufung der Energieeffizienz wird mit beeindruckenden Zahlen unterlegt:

  • Ohne Energieeffizienz würden die Verbraucher in den 11 IEA Mitgliedsstaaten heute ungefähr zwei Drittel mehr Energie verbrauchen, als sie es heute tun.
  • Von 2005 bis 2010 haben Energieeffizienz-Maßnahmen das Energie-Äquivalent von Öl im Wert von 420 Milliarden US-Dollar in den 11 Mitgliedsstaaten der IEA eingespart.
  • Im Jahr 2010 überstiegen die Energieeinsparungen durch Effizienz-Maßnahmen die genutzte Energie aus jeder anderen Quelle bzw. jedes anderen Energieträgers.

Bis die Bedeutung der Energieeffizienz bekannter wird und sich als wichtigste Energiequelle durchsetzt, ist noch mehr Aufklärung notwendig. Energieeffizienz muss auch sichtbarer werden, damit Erfolge sich weiter verbreiten lassen und leichter zum Vorbild werden.

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