War watt? 18 Cent für die Zukunft der Mobilität

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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08. September 2016
War watt? ist die energiepolitische Kolumne unseres Moderators Hubertus Grass, der seit nunmehr 30 Jahren für die Energiewende streitet.

Auch Opel kann nur durch eine Software sicher stellen, dass Dieselfahrzeuge die EU-Abgasnorm erfüllen. Beim Modell Zafira wird die Reinigung des Abgases reduziert, wenn Temperaturen unter 17° erreicht werden. Da die durchschnittliche Temperatur in Deutschland bei 10° liegt, sind auch bei Opel schlechte Abgaswerte eher Dauerzustand denn Ausnahme. Beschiss ist beim Diesel die Regel, denn nach den Herstellern hat der Dieselgate-Skandal nun auch den Stuttgarter Autozulieferer Robert Bosch erreicht. Wer hat nicht manipuliert oder auf die ein oder andere Art und Weise den Verbraucher in die Irre geführt? Die Zukunft der Mobilität, das ist  jetzt evident, können wir mit dem Dieselantrieb nicht gestalten. Zu dieser Einsicht kommen nun auch die ersten Autobauer. Offen bleibt noch die Frage, warum der Diesel weiter subventioniert wird.

Zukunft der Mobilität: Der Verkehr liefert noch keinen Beitrag zum Klimaschutz
Der Verkehr lieferte bisher noch keinen Beitrag zum Klimaschutz. Und dass er unsere Gesundheit belastet, wissen wir seit langem.

18,41 Cent pro Liter ist seit 1994 die Differenz in der Besteuerung zwischen Diesel und Benzinkraftstoffen. Anders ausgedrückt: Jedes Jahr verzichtet der Staat auf eine Einnahme in Höhe von sieben Milliarden Euro; bei der Kaufprämie für Elektroautos mit maximal 1,2 Milliarden Kosten kommt der Staat dagegen vergleichsweise preiswert weg. Gedacht war die Subvention für den Diesel als ein Geschenk an die deutschen Spediteure. Mehr als denen hat sie aber den deutschen Autobauern geholfen, den Dieselantrieb zum Massengeschäft zu machen. Die Lüge vom sauberen Diesel steht auf einem Fundament von 18,41 Cent.

Subventionen abschaffen, um Zukunft der Mobilität zu gestalten

Dass die Feinstäube aus den Dieselmotoren ein Riesenproblem für unsere Gesundheit sind, wissen wir seit Jahrzehnten. Schon im Jahre 2001 verklagte Greenpeace die Bundesregierung  und die Autohersteller, weil sie unsere Gesundheit gefährden bzw. nicht  hinreichend genug schützen. An der grundsätzlichen Problematik hat sich trotz technischer Neuerungen, hohen Entwicklungskosten und strengerer Auflagen nichts geändert. Gewachsen sind die wissenschaftliche Erkenntnisse über die Gefährlichkeit der Feinstäube, deren kanzerogene Wirkung erwiesen ist. Jetzt stehen sie auch im Verdacht, das menschliche Gehirn zu schädigen und Auslöser für die Alzheimer-Krankheit zu sein.

Als Dieselgate mit dem Eingeständnis von VW, betrogen zu haben, vor einem Jahr öffentlich wurde, kamen schnell Forderungen auf, die Dauer-Subvention für den Dieselkraftstoff zu beenden. Das Bundesumweltamt forderte bereits im letzten Jahr das Ende des Dieselprivilegs. Die UBA-Chefin legte jetzt nach, der „Diesel habe keine Zukunft in den Innenstädten.“ Unseren Verkehrsminister ficht das alles nicht an. Seine Politik im Zusammenhang mit dem Betrug erinnert eher an Verdunklung denn an Aufklärung. Jetzt droht ihm deshalb sogar Ärger mit der EU, ein Strafverletzungsverfahren wird geprüft. Minister Dobrindt hat alles, was in seiner Macht stand, für den Diesel getan. Ein Ende des Dieselprivilegs wird mit ihm nicht zu machen sein.

Die Zukunft der Mobilität braucht mehr Ladepunkte für die E-Mobility
Da fehlt noch was. Eine aktuelle Erhebung der BDEW zeigt, dass wir noch nicht hinreichend gerüstet sind für die Zukunft der Mobilität.

Sieben Milliarden Euro, die der Staat durch eine zügige Angleichung der Steuersätze von Diesel und Benzin mehr einnehmen könnte, wären eine schöne Hilfe bei der Gestaltung der Zukunft der Mobilität. Unsere finanzschwachen Kommunen können jeden Euro Investitionszuschuss  gebrauchen, um den ÖPNV auf elektrische Antriebe umzustellen, den Fahrradverkehr zu entwickeln und die Verkehrsträger zu vernetzen. Smart Cities kosten nicht nur Geld, sie könnten, wie eine Untersuchung zeigt, auch Geld bringen.  Und auch unsere Autobahnen brauchen Entlastung – eine Atem – und Denkpause, wie es mit dem ständig wachsenden Lkw-Verkehr weiter geht, steht an. Wie die Mobilität der Zukunft genau aussehen wird, wissen wir heute noch nicht genau. Sicher ist: Umweltschädliche Subventionen von gestern können wir morgen nicht mehr verkraften. Der Diesel muss seinen Steuervorteil an der Tankstelle verlieren.

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  1. Windmüller

    vor 8 Jahren

    Ich denke, es gibt heute Bereiche, da marschieren wir nicht vorwärts, sondern rückwärts. Durch die Diesel Skandale werden weniger Dieselmodelle abgesetzt, und mehr Benziner. Selbst schwere SUV werden heute mit Ottomotor angeboten. Das lässt die Co² Mengen natürlich steigen. Zudem werden die Autos immer größer und schwerer. Was wir durch moderne Motorentechnik einsparen, geht durch mehr Gewicht wieder drauf. Richtig absurd wird es bei der Heizungsmodernisierung. Da gibt es einen regelrechten Stau. So lange Energie so günstig ist, führt Effizienz im Wärmesektor ein Nischendasein.
    Leider fehlt von der Politik hier der Mut, mal Kante zu zeigen.

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