Wasserstoff und Brennstoffzelle – wesentliche Bestandteile einer erfolgreichen Energiewende

Gastautor Portrait

Dr. Johannes Töpler

Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband

Dr. Johannes Töpler ist seit 2002 Mitglied des Vorstandes des DWV (Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband). In den Jahren 2003 bis 2014 war er Vorsitzender des DWV. Zwischen den Jahren 2000 und 2010 war Dr. Töpler Mit-Herausgeber der Fachzeitschrift „Fuel Cells - from Fundamentals to Systems“. Zwischen 1988 und 2015 arbeitete er als Lehrbeauftragter für „Regenerative Energien“ an der Hochschule Esslingen. Von 1977 bis 2006 forschte er im Auftrag der Daimler-Benz/ DaimlerChrysler-Forschung in den Arbeitsgebieten: Wasserstoff, Brennstoffzelle und Regenerative Energien. Sein Physikstudium an der Technischen Hochschule Aachen absolvierte Dr. Töpler 1972, ehe er 1977 am Forschungszentrum Jülich promovierte.

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21. Januar 2019
Alstom Coradia iLint - innoTrans 2016
Foto: Wikimedia Commons

Die Zukunft der Energieversorgung wird eindeutig auf der Basis erneuerbarer Primärenergiequellen liegen. Die treibenden Kräfte für eine schnelle Abkehr von den fossilen Energieträgern sind die begrenzten Ressourcen, aber mehr noch die schnelle Verringerung der CO2 -Emissionen, die als wesentliche Klimakiller gelten. Die politischen Wege dazu sind in den letzten Klimakonferenzen in Paris und Kattowitz eindeutig vorgezeichnet worden.

Bedeutung der Energiespeicherung

Vergleich von volumetrischen Energiedichten
Abbildung 1: Aufgrund seiner Eigenschaften ist Wasserstoff für die Herstellung von Speichern mit sehr großer Kapazität geeignet

Ein wesentliches Problem bei der Versorgung mit erneuerbaren Primärenergien ist deren unstetige Verfügbarkeit. Dieses Problem lässt sich nur mit einer Vielzahl von Energiespeichern lösen, die zentral und dezentral angeordnet sein können. Für stärkere Schwankungen des Energieangebotes, z.B. mehrtägige „Dunkelflauten“ sind allerdings Speicher mit sehr großer Kapazität erforderlich, z.B. von Terawattstunden (TWh).

Solche Energiemengen lassen sich nur durch Speicherung chemischer Energie darstellen, da die Speicherung potenzieller Energie eine zu geringe Energiedichte hat. Dabei muss allerdings auch die Ein- und Ausspeicherung reversibel und mit hohem Wirkungsgrad möglich sein.

In diesem Zusammenhang spielt der Wasserstoff mit seiner elektrolytischen Herstellung und der Wiederverstromung mit der Brennstoffzelle eine entscheidende Rolle – s. Abb.1.

Auf diesem Wege ist die Speicherung großer Energiemengen im Bereich von TWh möglich -s. Abb.2. Bei einer thermischen Nutzung der Energie ist auch eine Umwandlung des gespeicherten Wasserstoffs in synthetisches Methan („Sabatier-Prozess“) möglich, wobei dann zur Verteilung die Infrastruktur des Erdgasnetzes genutzt werden kann.

Wasserstoff und Brennstoffzellen machen erneuerbare Energien grundlastfähig.

Erste große Elektrolyseure im Bereich von bis zu 100 Megawatt MW sind bereits in der Vorbereitung. Erste Module dieses Großelektrolyseurs sind seit einigen Jahren im Energiepark Mainz im Einsatz.

Die Speicherung von Wasserstoff selbst ist in Kavernen von einigen Millionen Kubikmetern geplant. Dafür gibt es in Deutschland ein so hohes Potential, dass auch die Energiespeicherung für Europäische Nachbarländer möglich erscheint. Natürlich verursacht eine Energiespeicherung zusätzliche Kosten, die aber verringert werden, wenn das gespeicherte Gut vielfältige Anwendung ermöglicht und nicht nur für die Rückverstromung gebraucht wird.

Vergleich von Energiespeichern
Abbildung 2: Vergleich von Speichertechnologien

Mobile Anwendung des Wasserstoffs

Anwendungen von Wasserstoff im Mobilitätssektor
Abbildung 3: Der Toyota-Mirai, Quelle: Toyota

Die wichtigste und nächstliegende Anwendung für diesen Fall ist die Anwendung des Wasserstoffs in der Mobilität. Wasserstofffahrzeuge werden bereits seit den 1970er Jahren untersucht, und Wasserstoff- und Brennstoffzellenfahrzeuge sind von vielen Herstellern bereits seit etlichen Jahren in Kalifornien im Einsatz. Der Vorteil von H2/BZ-Fahrzeugen besteht in dem hohen Wirkungsgrad des Elektroantriebes im Vergleich zum Verbrennungsmotor sowie in den kürzeren Betankungszeiten und größeren Reichweiten im Vergleich zur Batterie. Dies gilt insbesondere für größere PKW, Transporter sowie kommunale Nahverkehrsbusse als auch LKW.

PKW-Großserien für den internationalen Markt werden zurzeit von asiatischen Fahrzeugherstellern vorangetrieben.

In Deutschland werden die ersten Wasserstoff-PKW – z.B. Toyota-Mirai (s. Abb. 3) oder Hyundai-Nexo – bereits vertrieben und einige kleine Wasserstoff-Busflotten für den Nahverkehr werden ebenfalls aufgebaut, z.B. in Köln (Projekt HyCologne). Das Wasserstoff-Tankstellennetz in Deutschland umfasst derzeit 60 Tankstellen und wird bis Ende 2019 auf 100 erweitert. Bis 2022 sind weitere 300 in der Projektierung.

Wasserstoff macht die Erneuerbaren Energien mobil, gibt Elektrofahrzeugen große Reichweiten und macht die Mobilität CO2-frei.

Auch beim Schienenverkehr sind erste H2/BZ-Züge im regulären Einsatz. Zwischen Cuxhaven und Buxtehude verkehren fahrplanmäßig die Alstom-Züge „Corodia iLint“. Auf zahlreichen Strecken in ganz Deutschland ist die Umstellung vom Diesel-Antrieb auf die H2/BZ-Züge geplant.

Stationäre Anwendung des Wasserstoffs

In der stationären Anwendung werden H2/BZ-Systeme zurzeit in zwei verschiedenen Anwendungsgebieten eingeführt. Als erstes ist die unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) zu nennen, mit der wichtige Systeme, auch bei Ausfall des Netzes, mit Strom versorgt werden können. Diese sind u.a.:

  • Notstromversorgung kritischer Infrastrukturen,
  • Telematik, Verkehrsleittechnik,
  • Behördenfunk,
  • Katastrophenschutz,
  • Rechenzentren.

Vergleichbare Systeme werden bisher durch Batterien oder Dieselaggregate dargestellt. H2/BZ-Systeme haben wesentlich längere Betriebszeiten als Batterien und keinerlei schädliche Abgase. Die neuen H2/BZ-Systeme sind marktreif und bereits bei der Steuerung kritischer Industrieanlagen im Einsatz.

Auch in der Hausenergieversorgung werden zunehmend Wasserstoff- und Brennstoffzellensysteme eingesetzt. Fast alle Heiztechnik- Firmen in Deutschland haben entsprechende Systeme in der Entwicklung oder bereits im Markt. So hat z.B. die Firma Viessmann in Zusammenarbeit mit Panasonic das „Vitovalor-System“ mit einigen hundert Exemplaren bei Kunden im Einsatz. Da noch keine Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland vorhanden ist, wird dieses Gerät mit Erdgas versorgt. Das Erdgas wird in einem Reformer in Wasserstoff und CO2 gespalten und mit dem Wasserstoff dann die Brennstoffzelle betrieben. Ein wesentliches Ziel dabei ist, die hohe Effizienz der H2/BZ-Systeme für die Wärmekraftkopplung zu nutzen, insbesondere durch den hohen elektrischen Energie-Anteil der Zelle.

Darüber hinaus kann auch die Sauerstoff-arme Abluft der Brennstoffzelle mit einem O2-Gehalt von ca. 15% für den passiven Brandschutz genutzt werden. Bei dieser Konzentration kann ein Mensch noch gut atmen, aber es besteht keine Brandgefahr, sodass entsprechend belüftete Räume ohne weiteren aktiven Brandschutz sicher sind. Diese sicherheitsrelevante Anwendung ist auch heute bereits am Markt verfügbar.

Strategischer Ausblick

Bei allen mobilen und stationären Anwendungen wird der Wasserstoff aus einem großen Speichersystem entnommen, das aus dem Strom der erneuerbaren Primärenergien gefüllt wird, wenn aufgrund der Schwankungen des Angebotes mehr Energie angeboten wird als im elektrischen Netz unmittelbar benötigt wird. Damit liefert der Wasserstoff einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der elektrischen Netze. Dies ist der Grundgedanke der Power-to-Gas -Technologien, mit denen auch die Kopplung von Gas- und Stromnetz ermöglicht wird. Nach neuesten Studien, ist auch die Infrastruktur der zukünftigen Energieversorgung auf der Basis von Strom und Gas die wirtschaftlich günstigste Lösung. Darüber hinaus bietet die Power-to-Liquid- Technologie aber auch die Möglichkeit, in einer Übergangsphase konventionelle Kraftstoffe synthetisch mit Hilfe von grünem Wasserstoff herzustellen. Damit können auch in dieser Übergangsphase erneuerbare Primärenergien eine unterstützende Rolle spielen.

Wasserstoff und Brennstoffzelle leisten einen erheblichen Beitrag, im Rahmen erneuerbarer Energiesysteme hohe Effizienz zu erreichen und neue Technologien zu entwickeln. Das ist ein wesentlicher Beitrag, um die Energiewende bezahlbar zu machen und auch die Übergangsphase technologisch zu unterstützen.

Diskutieren Sie mit

  1. Dr Eckhard Lauer

    vor 1 Jahr

    Für 244 t Wasserstoff werden 1.9 TJoule elektr. Energie benötigt und müssen 122 Mio Liter Wasser elektrolysiert werden, d. h. also das Wasser von 49 olympischen Schwimmbädern (mit je 2.5 Mio Litern). Beim Umsatz von Wasserstoff mit Sauerstoff der Normalluft (zur Energie= erzeugung) muss der stark verringerte Wirkungsgrad der Reaktion (im Gemisch mit Stickstoff) bedacht werden. Wasserstoff als Energieträger kann man vergessen.

  2. Dipl.-Ing. Werner Hessler

    vor 2 Jahren

    Ich bin grundsätzlich ein Befürworter der H2-Technologie. Ich habe nur Bedenken, dass enorme Mengen an Wasser benötigt werden, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Speziell Brandenburg hat zwar viele Seen, ist aber sonst sehr trocken. Und viele Seen sind leider zum sterben verurteilt. Dazu habe ich leider bisher noch nicht allzu viel gehört oder gelesen. Es wäre schön, wenn ich dazu Erleuchtung fände.

  3. Helmut Willkomm

    vor 2 Jahren

    Früher haben sich energieintensive Industrieen dort angesiedelt, wo die Energie zur Verfügung stand. Kohlereviere waren beispielsweise zugleich Stahlstandorte. Wenn nicht beide Rohstoffe an einem Standort zur Verfügung standen, hat man möglichst so gebaut, dass nur der leichter zu transportierende Rohstoff über weitere Entfernungen bewegt werden musste.
    Stromtransport verursacht Energieverlust, so dass es fragwürdig ist, ob der Energietransport sinnvoller ist als der Materialtransport. Wäre der Strompreis"ehrlich", wäre Strom am Herstellungsstandort deutlich billiger als weit von diesem Standort entfernt. Dasselbe gilt entsprechend für das benötigte Material. Langfristig müssen sich manche Industriestandorte verändern. Stromintensive Industrie gehört dahin, wo der Strom produziert wird. ZB Aluminiumproduktion gehört nach Dithmarschen oder Ostfriesland. Vielleicht auch Autobau, Zementproduktion etc?

  4. Joe Schmidt

    vor 4 Jahren

    Es dürfte schlicht in den meisten Fällen unsinnig sein, H2 mobil einzusetzen, denn die notwendige 700bar-Kompression verschlechtert den ohnehin nicht guten Gesamtwirkungsgrad weiter. Für H2-BSZ-PKW wird ein deutlicher Marktanteil nicht vor 2030 prognostiziert - also eigentlich gar nicht mehr.
    Denn 2030 gibt es keine realen Vorteile mehr gegenüber einem BEV mit deutlich höherem Wirkungsgrad /greingeren Gesamtkosten.

    Die Annahme, H2 dezentral in Windparks aus "Überschussstrom" zu erzeugen, scheitert nicht nur am Wasserbedarf (1kg H2 b2nötigt etwa 9l reines Wasser (bzw. Kalilauge) und etwa 50kWh für die Elektrolyse - es wäre einfach nicht wirtschaftlich, die teuren Anlagen nur wenige Stunden im Jahr produzieren zu lassen.
    Das neue Konzept sieht einen Dauerbetrieb der Elektrolyseure vor - mit Drosselung zu Spitzenlastzeiten bzw. zu Zeiten geringer EE-Kapazität.
    Bis es so weit ist, muss allerdings ein hoher EE-Deckungsgrad erreicht sein. Das Hauptziel muss also die deutliche Erhöhung der EE-Kapazitäten /EE-Stromproduktion sein.
    Dazu vermisse ich allerdings das Engagement der Wasserstoff-Befürworter.

  5. Jo1408

    vor 4 Jahren

    Haben da nicht die Kraftwerksbetreiber und Öl,-und Gasverkäufer die Politik fest im Griff,um möglichst lange den Fortschritt zu verzögern?

  6. Rolf A. Pira

    vor 4 Jahren

    Richtig, wir müssen folglich einen stark steigenden Anteil erneuerbaren Energie von Nord nach Süd transportieren. Wenn das mal so einfach und schnell umsetzbar wäre; aber gerade Wasserstoff ist ja für Erzeugungs-Überschüsse der ideale Energiespeicher im großen Maße, hier ist die Industrie aufgefordert Think Big auf die Fahnen zu schreiben. Durch moderne Tanks ist auch Diffusion nicht mehr das ganz große Thema. Also gleich ob Power to Gas oder Gas to Power. da gibt es ja genügend neue Patente in Deutschland und neue Forschungsergebnisse.
    Beachten müssen Sie auch, dass gerade gegen die Überlandleitungen -gleich ob Ober- oder Erdleitungen noch erhebliche prozessuale Hürden anstehen. Und wenn Schnellladestationen an allen Standorten etabliert werden sollen, müssen auch neue innerstädtische Versorgungsleitungen installiert werden. Eine dezentrale Erzeugung macht damit schon Sinn.
    Wir müssen das Mobilitätsthema lösen, mit den derzeitigen Reichweiten und Nachladezeiten der Batterie-Hybride ist das ja ein Witz. Da muss die Brennstoffzelle forciert und der H2-Verbrenner wieder in den Fokus und nicht alte Kamellen wieder aufgewärmt werden. Da erwate ich schon mehr Öffentlichkeitsarbeit und Innovation.

  7. Gabriele Weimer

    vor 4 Jahren

    Ein großes Kriterium, dass in Deutschland noch keine Autos mit Brennstoffzelle in großem Umfang produziert werden, ist ja der hohe Kostenfaktor. Könnte dieser deutlich reduziert werden, wenn man den Wasserstoff direkt an den Windkraftanlagen produzieren würde? Hierzu bräuchte es dann nur noch Wasser. Der Vorteil wäre, es würde keine Energie durch weite Wege verloren gehen und man könnte die Windräder voll ausnutzen, die ja oft gedrosselt werden wegen Netzüberlastung.

  8. Hubertus Grass

    vor 4 Jahren

    Hallo Frau Weimer,
    Danke für Ihre Anmerkung.
    Perspektivisch wird die Herausforderung durch eine Elektrolyse vor Ort nicht gelöst. Wir haben in Deutschland in der Mitte und im Süden die größte Industrie- und Bevölkerungsdichte und damit den größten Verbrauch. Im Norden, auf See wie an Land, haben wir die meisten und besten Standorte für Windkraftanlagen. Wir müssen folglich einen - nach Atom- und Kohleausstieg stark steigenden - Anteil erneuerbaren Energie von Nord nach Süd transportieren. Es ist deutlich günstiger und effizienter, Strom über weite Strecken zu transportieren als Wasserstoff. Zumal die Leitungen für die Anbindung des deutschen Südens an das skandinavische Netz ohnehin gebraucht werden.

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  9. Ralph Weber

    vor 5 Jahren

    Mir fehlt die Beschreibung der LOHC Technik ( https://www.deutscher-zukunftspreis.de/de/nominierte/2018/team-3 ), bei der Wasserstoff in eine unproblematische "Flüssigkeit" verwandelt wird. Dadurch ließen sich die üblichen Tankstellen weiter benutzen, die Autobetankung wäre schnell und ungefährlich. Die Technik befindet sich bereits in der Anwendung: https://www.hydrogenious.net/index.php/de/hydrogen-2/

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