Was der Wahlausgang für
Energie und Klima bedeutet

Gastautor Portrait

Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
15. Mai 2025

Debatten-Abend im Stuttgarter Design-Office

Energiepolitik muss glaubwürdig, zielgerichtet und bezahlbar sein. Auf diesen kleinsten gemeinsamen Nenner lassen sich die Standpunkte von Nachmittagstalk und Debatten-Abend bringen. Mehr als 80 Gäste waren ins Design-Office in der Stuttgarter Innenstadt gekommen. In Arbeitsgruppen diskutierten sie über die Kosten auf dem Weg zur Klimaneutralität. Sie bewerteten die Aussichten einer internationalen Energiepolitik sowie die Möglichkeit, überschüssigen Grünstrom im Netz zu integrieren und die Systemkosten zu senken. Auch soziale Gerechtigkeit war ein Thema. Schließlich profitieren vor allem Eigenheimbesitzer von der EEG-Förderung – die oft wohlhabender sind als andere.

Lösungen wurden zunächst in drei Arbeitsgruppen gesucht, sie formulierten Fragen legten sie den eingeladenen Landtagsabgeordneten vor. Die vier Fachleute für Umwelt-, Energie- und Klimapolitik diskutierten die Ergebnisse später auf dem Podium. Insgesamt vier Stunden Gruppenarbeit und Debatte. Danach ging es beim Netzwerken weiter ans Eingemachte – mit vegetarischen Snacks und kühlen Getränken. Hier die Blitzlichter des Events.

Dr. Florentine Koppenborg, Lehrstuhl für Umwelt- und Klimapolitik der Hochschule für Politik München

Bild: sandra göttisheim photographie

„Die Glaubwürdigkeit der deutschen Energiepolitik steht auf dem Spiel.“

Dr. Florentine Koppenborg kritisiert die Widersprüche deutscher Energiepolitik. So hat die Bundesregierung Staaten wie Nigeria und Senegal ermutigt, neue Erdgasfelder zu erschließen, um den steigenden Gasbedarf in Deutschland zu decken. Das konterkariere jedoch die Bemühungen internationaler Klimakonferenzen. Dort werden afrikanische Staaten , auch von Deutschland, aufgefordert, in erneuerbare Energien zu investieren und nicht in fossile Brennstoffe.

Prof. Dr. Katrin Schaber, Erneuerbare Energien, Wirtschaftsinformatik, Flexibilitätsmärk-te, Energieeffizienz, Hochschule Biberach

„Die Flexibilität auf dem deutschen Energiemarkt lässt sich netzdienlich nutzen.“

Die Diskussionsgruppe um Prof. Dr. Katrin Schaber war sich einig, dass sich überschüssiger Strom aus Wind- und Solaranlagen so intelligent einspeisen lässt, dass er das Netz stabilisiert. Doch derzeit gibt es noch Hemmnisse, die laut Koalitionsvertrag abgebaut werden sollen. Wie die Politik beabsichtigt, dieses Ziel zu erreichen, wollte die Arbeitsgruppe von den Abgeordneten wissen.

Dr. Frederik Trippe, Leiter Unternehmensentwicklung und Strategie, EnBW Energie Baden-Württemberg AG

Bild: sandra göttisheim photographie

„Wenn wir die Speicher nutzbar machen, die sowieso vorhanden sind, haben wir einen großen Hebel, um Systemkosten zu drücken.“

Vor kurzem erschien eine Studie des Beraters Aurora im Auftrag der EnBW. Sie zeigt Möglichkeiten auf, den Umbau des Energiesystems kostengünstiger zu machen. Das Einsparpotenzial soll bis 2045 bei bis zu 700 Milliarden Euro liegen. Die Workshop-Gruppe kam überein, dass PV-Heimspeicher und Batterien von Elektroautos wichtige Hebel darstellen, um Kosten zu sparen.

Jutta Niemann (GRÜNE), Sprecherin Energie- und Klimapolitik (Foto 2. v. r.)

Bild: sandra göttisheim photographie

„Wenn wir 20 Gigawatt Gaskraftwerke bauen, dann stehen die für 20 bis 40 Jahre – und das Erdgas importieren wir. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir nach dem Überfall auf die Ukraine erreichen wollten. Klüger wäre es, an dem Ziel festzuhalten, Übergangskraftwerke zu bauen, die für grünen Wasserstoff geeignet sind.“

Die Kritik gilt einer Ankündigung im Koalitionsvertrag. Danach sollen im Rahmen einer neuen Kraftwerksstrategie bis 2030 bis zu 20 Gigawatt Gaskraftwerksleistung ausgeschrieben werden. Die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hatte danach die Forderung aufgestockt und von „mindestens“ 20 Gigawatt gesprochen.

Daniel Karrais (FDP), Vorsitzender Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft

Bild: sandra göttisheim photographie

„Wir brauchen die Vielfalt der Energieträger und da gehören Gaskraftwerke als Backup-Lösung dazu. Außerdem müssen wir die Tiefengeothermie noch mutiger nutzen und wir dürfen keine Denkverbote bei Biogas und der Verwertung von Holz haben.“

Der FDP-Politiker tritt für Technologieoffenheit im Klimaschutz ein. Er fordert auch die Nutzung von blauem Wasserstoff aus Erdgas, bei dessen Produktion CO2 abgeschieden und gespeichert wird. Holz als Energieträger ist in der Fachwelt umstritten, weil Wälder zu stark beansprucht wer-den könnten und bei der Verbrennung gesundheitsschädliche Stoffe ent-stehen.

Gabi Rolland (SPD), Vorsitzende Arbeitskreis Umwelt, Sprecherin für Umweltpolitik und Naturschutz

Bild: sandra göttisheim photographie

„Der Rückhalt bei der Bevölkerung für die Energiewende ist durch das Heizungsgesetz beschädigt worden - dabei war das Gesetz gut. Aber es ist übel durchgestochen worden – ein Gesetz, das noch nicht fertig war. So ein Foulspiel innerhalb der demokratischen Kräfte darf es nicht geben.“

Die Teilnehmenden auf dem Podium waren sich einig, dass die Klimaziele nur mit Rückendeckung der Bevölkerung eingehalten werden können. Als Voraussetzungen nannten sie neben dem Erhalt der Wirtschaftskraft auch die soziale Gerechtigkeit.

Raimund Haser (CDU), Vorsitz Arbeitskreis VI – Umwelt, Klima und Energiewirtschaft

Bild: sandra göttisheim photographie

„Es gäbe weltweit keine Photovoltaik, wenn es das EEG nicht gegeben hätte. Ich denke, wir sollten stolz auf das sein, was wir erreicht haben. Und wenn wir die letzten drei Meter nicht mehr schaffen, weil es nicht anders geht, dann sollten wir lernen, auch das zu akzeptieren, bevor alles zerbricht“

Das Podium diskutierte darüber, wie es gelingen kann, produzierende Unternehmen in Deutschland zu halten. Dabei ging es auch um die Grundstoffindustrie (Stahl, Zement, Chemie, Papier, Aluminium), die ein Fünftel der weltweiten Treibhausgase emittiert und den Ausstoß derzeit noch nicht auf null senken kann.

Heimo Fischer

Kolumnist

Person
Als Wirtschaftsjournalist schreibe ich für bekannte Zeitungen, Magazine und Firmenpublikationen. Meine Auftraggeber profitieren von meiner Erfahrung, denn das Geschäft der Medien kenne ich seit vielen Jahren. Ich war Gründungsmitglied der Financial Times Deutschland, für die ich sieben Jahre als Korrespondent aus Paris und London berichtet habe. Mein Studium habe ich als Diplom-Kaufmann abgeschlossen und mehrere Jahre Medienarbeit für die Bundeswehr betrieben. Ich bin Absolvent der Journalistenschule Axel Springer und wurde unter anderem mit dem Deutsch-Französischen Journalistenpreis ausgezeichnet. Als Autor interessieren mich besonders die Menschen hinter meinen Geschichten. Über sie schreibe ich am liebsten – präzise, spannend und einfühlsam.

Diskutieren Sie mit

Ich akzeptiere die Kommentarrichtlinien sowie die Datenschutzbestimmungen* *Pflichtfelder

Artikel bewerten und teilen

Was der Wahlausgang für
Energie und Klima bedeutet
0
0