War watt? Der Preisverfall bei der Offshore-Windenergie

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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10. November 2016
War watt? ist die energiepolitische Kolumne unseres Moderators Hubertus Grass, der seit nunmehr 30 Jahren für die Energiewende streitet.

Nach deutschem EEG erhalten Investoren bei Offshore-Projekten derzeit eine garantierte Einspeisevergütung von 15,4 Cent pro Kilowattstunde für die Dauer von zwölf Jahren. Doch es geht deutlich preiswerter. Das ist das Ergebnis einer dänischen Ausschreibung. Der Zuschlag erfolgte in diesem Wettbewerb bei einem Preis von 4,99 Cent/kWh an den Energiekonzern Vattenfall. Nach Angaben von Vattenfall ist es das niedrigste Gebot für einen Offshore-Windpark weltweit. Kriegers Flak ist mit 600 Megawatt (MW) Leistung das bislang größte Offshore-Windenergieprojekt in Dänemark. Das gesamte Investitionsvolumen beläuft sich auf bis zu 1,3 Milliarden Euro. Der rasante Preisverfall für Strom aus der Offshore-Windenergie hält offenbar an.

Kriegers Flak: Vattenfall gewinnt Ausschreibung - Preisverfall bei Offshore-Windprojekten setzt sich fort.

Wo findet der Preisverfall ein Ende?

Im letzten Jahr hatte Vattenfall das Ausschreibungsverfahren des Projektes Horns Rev 3 gewonnen. Der gebotene Preis lag im Februar 2015 mit umgerechnet 10,2 Cent/KWh für die Dauer von zwölf Jahren noch doppelt so hoch wie beim Zuschlag diese Woche. Vor zwei Monaten bei den Near-Shore-Projekten Vesterhav Syd und Vesterhav Nord fiel der Hammer des Zuschlags noch bei 6,4 Cent/kWh. Nach 10,2 Cent, 6,4 und nun 4,99 Cent – wo wird diese Entwicklung enden? Wird Offshore-Wind der neue Discounter auf dem Energiemarkt? Wo findet der Preisverfall ein Ende?

Kein Offshore-Projekt gleicht dem anderen. Neben der Entfernung zur Küste sind der Baugrund, die Wassertiefe und die Orkanstärke und -häufigkeit wesentliche Kostenfaktoren. Die in der folgenden Grafik aufgemachte einfache Reihe des Preisverfalls ist in der Realität etwas komplizierter. Doch die Tendenz stimmt. Aufgrund der gesammelten Erfahrungen bekommen die Planer, Konstrukteure und Betreiber die Projekte immer besser in den Griff. Damit sinken die Risiken und die Kosten.

Preiserfall Windenergie Offshore

Offshore-Wind kein Preistreiber der Energiewende

Die Ergebnisse der dänischen Ausschreibungen zeigen mit großer Deutlichkeit, dass die im aktuellen EEG garantierten Einspeisevergütungen für Offshore-Wind nicht mehr zeitgemäß sind. Der Preis von 4,99 Cent/kWh dokumentiert: Offshore-Wind wird erschwinglich. Jenen Energiewende-Enthusiasten, die befürchteten, Offshore-Wind-Projekte würden die Energiewende unnötig verteuern, gehen bei Preisen unter 5 Cent/kWh die Argumente aus. Auch bisher hat Offshore-Wind kaum messbar zur Erhöhung der EEG-Umlage beigetragen. Im Jahr 2015 lag der Anteil des Offshore-Windes am gesamten EEG-Strom in Deutschland bei marginalen 0,04 Prozent. Selbst die derzeitige Überbezahlung taugt nicht dazu, Offshore-Wind als Preistreiber der Energiewende zu diskreditieren.

Bringen Ausschreibungen immer die besseren, weil kostengünstigeren Lösungen?

Bei einem Zuschlagspreis, der 70 Prozent unter dem Garantiepreis nach EEG liegt, wird die Grundsatzfrage aufgeworfen: Bringen Ausschreibungen von EEG-Projekten grundsätzlich die besseren, weil kostengünstigeren Lösungen? Tendenziell zeigt sich, dass staatliche Preisvorgaben kaum geeignet sind, die aktuelle Marktlage zu treffen. Beim Projekt Kriegers Flak lag der Zuschlag 58 Prozent unter dem geforderten Limit. Andererseits stellt sich die Frage, ob 4,99 Cent ausreichend sind für eine angemessene Rendite. Der Markt für Windkraftprojektierer hat sich positiv entwickelt, weil bisher das Risiko des Investments auf hoher See im Erfolgsfall belohnt wurde. Dass es heute einen funktionierenden Markt gibt, ist auch den überproportionalen Gewinnaussichten zu verdanken. Windkraft auf hoher See ist auch heute noch ein Geschäft mit hohem Risiko. Der Instandhaltungsaufwand zum Beispiel lässt sich nur sehr grob abschätzen.

Wer heute behauptet, Ausschreibungen von EE-Projekten seien der alleinige Pfad, der in die erneuerbare Zukunft führt, der irrt. Auch auf hoher See brauchen wir in Zukunft einen Instrumentenmix, um kostengünstig die Entwicklung der Windenergie weiter voran zu treiben. Wer nur auf Ausschreibungen setzt, wird auf lange Sicht verlieren. Weitere Kostensenkungen wird es nur geben, wenn bei Offshore-Wind-Projekten der Pluralismus der Akteure erhalten bleibt. In Dänemark hat sich in den letzten zwei Jahren immer das gleiche Unternehmen durchgesetzt.

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  1. Bernd huhnt

    vor 7 Jahren

    Deutschland kauft jährlich mehrere MW Atom € Kohle-
    Strom aus Frankreich & Tschechien. Wenn wochenlange
    Keine Sonne& Wind weht, und zwar in ganz Europa
    Was der DWD schon untersucht hat, ist die versorungss-
    Sicherheit nicht gegeben. Deshalb brauchen wir
    Backup Kraft Werke , also doppelte Kosten, denn
    Speicher für ca. 65 bis 75 GW für unsere Strom
    Sicherheit pro tag Stehen niemals zur Verfügung
    Windstrom ist die schlechteste und teuerste Lösung
    Mit den größten Schäden bei Mensch Tier Natur
    Und Landschaft.

  2. Windmüller

    vor 7 Jahren

    In den letzten ´Tagen ist hitzig in der Politik über den Klimaschutzplan 2050 gestritten worden. Um die Umweltministerin nicht mit leeren Händen zum Klimagipfel nach Marrakesch fliegen zu lassen, hat man einen verwässerten Plan beschlossen. Nun haben die Briten beschlossen, bis 2025 das letzte Kohlekraftwerk abzuschalten. Derzeit sind auf der britischen Insel noch 8 Kohlekraftwerke am Netz. Was die Briten bis 2025 schaffen, schafft Deutschland bis 2050 nicht ? Was soll aus diesem Land noch werden?

  3. Windmüller

    vor 7 Jahren

    Es zeigt sich mal wieder, dass bei keinem Thema so erbärmlich gelogen wird, wie beim Thema Stromerzeugung. Kriegers Flak liefert Strom für rund 5 cent/Kwh, der Strom aus Hinkley Point C wird einmal bei 12,5 cent/Kwh anfangen. Und in Deutschland erzählt man weiterhin das Mantra vom kaum noch bezahlbaren Strom, und Schuld ist Öko. Nicht anders in Frankreich. Über den Winter werden 11 Reaktorblöcke für Sicherheitsüberprüfungen vom Netz sein. Der Netzbetreiber RTE warnt vor Blackoutgefahr. Bürger sollen über eine App gewarnt werden, wenn die Netze überlastet werden, die Industrie ist schon mal vor Stromabschaltungen in ganzen Regionen gewarnt worden. Was hat man in Deutschland nicht Horrormärchen erzählt, was passiert, wenn man auf erneuerbare Energien setzt ? Die Franzosen setzen auf Kernkraft, und dort erklärt die Regierung, man müsse im Winter auch schon mal mit 19°C in der Wohnung leben, davon werde niemand erfrieren.Deutschland setzt auf erneuerbare Energien, und wir haben Strom im Überfluss, und da kann man auch 25°C in der guten Stube haben, ohne dass man sich entschuldigen muss. Noch Fragen Kienzle ? Nein Hauser

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