Naturschutz – Erhalt unserer Lebensgrundlagen

Gastautor Portrait

Sylvia Pilarsky-Grosch

Landesvorsitzende des BUND Landesverband Baden-Württemberg e.v.

Sylvia Pilarsky-Grosch, 1962 geboren, ist seit 2021 im Amt und die vierte Landesvorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Baden-Württemberg. Ab 2014 war sie Landesgeschäftsführerin und damit für landespolitische Themen und die fachliche Arbeit im Verband zuständig. Als ehrenamtliche Rechtsreferentin hat sie den BUND Landesvorstand zwischen 2001 und 2014 bei Auseinandersetzungen um den Bau von Stuttgart 21, die Erweiterung der Landesmesse und einige Straßenbauprojekte beraten. Vor ihrer Zeit beim BUND sammelte sie Verwaltungserfahrung in der Atomabteilung des hessischen Umweltministeriums in atomrechtlichen Verfahren, wie der Schließung der Atomfabriken in Hanau. Diese Erfahrungen nutzte sie anschließend als Rechtsanwältin und Mediatorin bei der Beratung und Betreuung von Photovoltaik- und Windenergieprojekten. Pilarsky-Grosch war bundespolitisch und europapolitisch als Vorstandsmitglied im Bundesverband Windenergie, Bundesverband Erneuerbare Energien und der European Renewable Energies Federation (EREF) aktiv. Als Aufsichtsrätin der Oekogeno eG möchte sie ökologische Wohnquartiere in Baden- Württemberg und Erneuerbare Energieanlagen fördern. Sylvia Pilarsky-Grosch ist Mitglied im Landesbeirat für Umwelt- und Naturschutz und in dessen Unterausschuss, dem Fachausschuss für Naturschutzfragen und im Beirat der Stiftung Naturschutzfonds. Im Beirat der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg wirkt sie an den kommunalen Energiethemen mit und setzt sich für das Zusammendenken der Felder Mobilität, Strom und Wärme ein.

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23. April 2025
Hinweisschild „Geschützter Landschaftsbestandteil“ vor grüner Naturkulisse an einem sonnigen Tag.

Wer die Naturzerstörung stoppen will, braucht politischen Willen und den Mut, sich mit mächtigen Lobbygruppen anzulegen.

Sylvia Pilarsky-Grosch

Nach dem Global Risks Report 2025 des Weltwirtschaftsforums gehört der Verlust der biologischen Vielfalt, der Zusammenbruch von Ökosystemen zusammen mit extremen Wetterereignissen und Umweltverschmutzung zu den größten globalen Risiken der nächsten zehn Jahre. Der Klimawandel hat auch in Baden-Württemberg in den letzten Jahren mit großer Härte zugeschlagen und die Folgen des Klimawandels werden auch künftig deutlich spürbar werden. Gleichzeitig ist der Zustand der natürlichen Biotope in Baden-Württemberg mehr als beklagenswert. Gerade mal 14% der FFH-Gebiete sind in einem günstigen Erhaltungszustand. Beide Befunde zeigen die fundamentalen Herausforderungen, denn bei Klimaschutz und dem Schutz der Biodiversität spricht man von einer „Zwillingskrise“. Sie zu bewältigen ist eine Existenzfrage. Wer die Naturzerstörung stoppen will, braucht politischen Willen und den Mut, sich mit mächtigen Lobbygruppen anzulegen. Mehrheitlich wünschen sich die Deutschen einen guten Schutz der biologischen Vielfalt und viele sind sich bewusst, dass hierfür mehr politischer Einsatz nötig ist. Mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz, der Einführung nationaler Artenhilfsprogramme und der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur sind zuletzt drei wichtige Vorhaben für den Naturschutz gelungen.

Naturschutz darf nicht praxistauglich werden

Naturschutz hatte im Wahlkampf keinen Platz, findet sich nicht in der Präambel des Koalitionsvertrages und soll vor allem praxistauglich sein. Praxistauglichkeit bedeutet hier, dass er weder dem Ausbau der Infrastruktur noch allen anderen Vorhaben im Wege stehen soll. Die EU-Wiederherstellungsverordnung, mit der das internationale Ziel zum langfristige Erhalt der biologische Vielfalt in Europa umgesetzt soll, geschädigte Ökosysteme wiederhergestellt und in einen guten Zustand versetzt werden sollen bedingt aber gerade, hergebrachte Praktiken zu ändern.  Die Formulierungen lassen aber nicht erwarten, dass in der nächsten Legislaturperiode viel Energie darauf verwendet wird, jene Verordnung umzusetzen, gegen die Landwirte ge­wet­tert und die konservativen Par­teien im EU-Parlament gestimmt haben. Auf ihre „Praxistauglichkeit“ soll auch die Nationale Biodiversitätsstrategie überprüft werden, als ob sie ein beliebiges Papier wäre und nicht der Fahrplan, mit dem Deutschland auf seiner Fläche anpackt, was die Weltgemeinschaft beschlossen hat: bis 2030 den Verlust von Artenvielfalt und Ökosystemen zu stoppen. Die große Hoffnung des 2022 ­beschlossenen UN-Biodiversitätsabkommens war, dass sich die Kluft schließt zwischen der gemeinsamen Absichtserklärung und ihrer Übersetzung in politisches Handeln in den Ländern. Deutschland hat nun einen Koalitionsvertrag, der diese Hoffnung schrumpfen lässt.

Leistungen der Naturschutzverbände

Naturschutz hatte im Wahlkampf keinen Platz, findet sich nicht in der Präambel des Koalitionsvertrages und soll vor allem praxistauglich sein.

Sylvia Pilarsky-Grosch

Die Umwelt- und Naturschutzverbände setzen mit ihren Haupt- und Ehrenamtlichen nicht nur an vielen Stellen Naturschutz um z.B. in dem sie Kröten und Frösche im Frühling über Straßen tragen oder Streuobstwiesen pflegen. Sie sind als Anwalt der Natur eingesetzt. Deshalb haben sie das Recht für die Natur einzustehen und zu klagen. Diese Klagen werden ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden bezahlt, was zwangsläufig dazu führt, dass mit diesem Instrument sehr zurückhaltend umgegangen wird. Diese Zurückhaltung führt dazu, dass die Umwelt- und Naturschutzverbände eine wesentlich höhere Erfolgsquote haben als im Verwaltungsverfahren üblich. Eine erfolgreiche Klage ist nur bei einem rechtswidrigen Verhalten der Behörde gegeben. Die Umweltverbände verhelfen damit dem Rechtsstaat zur Wirksamkeit. Im Koalitionsvertrag wird unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus eine massive Einschränkung der Umweltstandards und der Beteiligungs- und Klagerechte angekündigt. Das ist der falsche Weg, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten.

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