Nachhaltiger und verantwortlicher Kohlebergbau ist möglich

Gastautor Portrait

Michael Vassiliadis

IG Bergbau Chemie Energie

Michael Vassiliadis ist Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE) und Präsident der europäischen Gewerkschaftsföderation industriAll Europe. Er ist u.a. Mitglied des Aufsichtsrates der STEAG, Vorstandsvorsitzender des Innovationsforums Energiewende und Mitglied sowohl im Rat für Nachhaltige Entwicklung als auch im CSR-Forum der Bundesregierung.

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29. Oktober 2014

Eine gemeinsame Kohle-Konferenz von EnBW, FESCOL und IG BCE in Bogota ist der Frage nachgegangen, wie Kohlebergbau unter vernünftigen Bedingungen zu gestalten ist. Eingeladen waren neben den Kohleproduzenten in Kolumbien auch Vertreter der Regierung, der indigenen Völker, der betroffenen Gemeinden, der Bergbaugewerkschaften sowie NGOs aus Kolumbien und Europa. Die ausgesprochen kritischen und ernsthaften Beiträge aller Beteiligten zeigten das hohe Interesse am Thema.  

Was ist verantwortlicher Kohlebergbau?
In meinen Augen gehört hierzu ein Höchstmaß an Sicherheit. Der deutsche Steinkohlebergbau hat beispielsweise mit die niedrigsten Unfallraten aller Industrien und Kohlebeschaffung_vor_Ortden höchsten ökologischen Standard in der Bundesrepublik. Es kann uns als IG BCE nicht egal sein, unter welchen Bedingungen Kohle in anderen Teilen der Welt gefördert wird. Die Sozialpartner in den europäischen extraktiven Industrien haben sich gemeinsam auf Mindeststandards verpflichtet, die u.a. auch das ILO-Übereinkommen 176 zum Arbeitsschutz in Bergwerken beinhaltet. Dies sind aus meiner Sicht gute und überprüfbare Kriterien, die weltweit gelten sollten.
Die Frage der Umsiedlung beschäftigt uns auch im deutschen Braunkohletagebau. Es bleibt immer eine Abwägung unterschiedlicher Interesse. Eine Entscheidung basierend auf den Gesetzen des Landes muss auch sicherstellen, dass die Umsiedlung gerechtfertigt und fair erfolgt. Dabei gilt es auch, die Bestimmungen gerade des ILO-Übereinkommens 169 zum Schutze indigener Völker zu beachten.
In diesen Bereichen bedarf es neben Unternehmen, die sich höchsten Standards verpflichten auch eines demokratischen und durchsetzungsfähigen Staates. Im Falle Kolumbiens sind wir hiervon noch ein ganzes Stück entfernt.  Mein Eindruck ist, die Unternehmen haben bereits verstanden, dass sie mehr tun müssen. Der kolumbianische Staat hat hier erkennbar Nachholbedarf. 

Wie umgehen mit begangenem Unrecht?
In Kolumbien stellen sich ganz existentielle Fragen. Ermordungen und Drohungen gegen Gewerkschafter und Anwohner in den Abbaugebieten sind keine Seltenheit. Der Staat verfolgt die Mörder nur sehr unzureichend und die multinationalen Unternehmen distanzieren sich nicht öffentlich gegen das Treiben der Täter. Im Department Cesar gibt es zahlreiche Hinweise, dass Unternehmen möglicherweise selber mit Paramilitärs zusammengearbeitet haben. Eine Aufarbeitung dieser Vergangenheit ist meines Erachtens unumgänglich. 

Was ist nachhaltiger Kohlebergbau?
Eine nachhaltige Politik muss das Wohl zukünftiger Generationen im Auge haben. Hierzu gehören der Erhalt natürlicher Ressourcen und der Schutz der Umwelt. Steinkohle ist kein nachwachsender Rohstoff, gleichwohl aber gibt es gute Gründe , von nachhaltigem Bergbau zu sprechen.
Es ist sicherzustellen, dass die Luft und die Wasser nicht verunreinigt werden. Es darf keine Gefährdung der Umwelt und der anwohnenden Bevölkerung geben.  Wenn der Kohlebergbau beendet ist, müssen die nicht mehr genutzten Flächen rekultiviert werden.
Die Kohleverstromung hat einen hohen spezifischen CO2-Ausstoß. Es wird jedoch ohne Speicher für erneuerbare Energien und ohne marktfähige Preise deshalb ein Teil der Stromproduktion für eine gewisse Übergangszeit durch fossile Energieträger erfolgen müssen. Niemand kann zurzeit vorhersagen für wie lange.
Umso dringlicher ist es deshalb neue Techniken einzusetzen, die die C02-Emissionen reduzieren. Bestehende Techniken sind in Deutschland sogar erfolgreich getestet worden: ARTIS-Uli Deck// 11.10.2014 EnBW RDK8, RDK 8, Tag der offenen Tuer und offizielle InbetriebnahmeDie Abscheidung des CO2 und dessen Verpressung in sichere Gesteinsschichten (CCS) oder die Wiederverwertung des Kohlendioxids beispielsweise für Kunststoffe (CCR). Je eher wir in diese Techniken investieren, umso eher sinken auch die Emissionen in Deutschland. Dass dies möglich ist, zeigen seit Jahren die großen Mengen verpressten Erdgases in unterirdischen Kavernen, kein Gas ist je entwichen.  Dennoch sperren sich einige Umweltverbände und Bürgerinitiativen allein schon gegen Testspeicherungen, die überprüfen könnten, ob das verpresste COauch im Untergrund verbleibt.

Was bleibt noch zu tun?

  • Die multinationalen Bergbauunternehmen müssen noch mehr Anstrengungen unternehmen im Umweltschutz, der Rekultivierung, der Zusammenarbeit mit den Gemeinden im Umfeld der Minen sowie in ihrem Verhältnis zu den Gewerkschaften.
  • Der kolumbianische Staat muss seiner Rolle als Gesetzgeber und Kontrolleur stärker gerecht werden. Hierzu gehört auch, die gerechte Verteilung der Steuereinnahmen an die Gemeinden in den Bergbauregionen.
    Insbesondere von den in Kolumbien tätigen Unternehmen erwarte ich eine deutliche Distanzierung von den Mordkommandos.
  • Die deutsche Bundesregierung muss stärker mit der kolumbianischen zusammenarbeiten und auf eine Verbesserung der Gesetzgebung und der Einhaltung der Menschenrechte drängen, das Freihandelsabkommen der EU mit Kolumbien bietet hierzu zahlreiche Möglichkeiten.
  • Die deutschen Stromerzeuger müssen weiter auf Offenheit und vermehrten Anstrengungen der Bergbauunternehmen drängen; sei es durch bilaterale Vereinbarungen oder externen Audits im Rahmen der Bettercoal-Initiative.
  • Wir als IG BCE werden unsere kolumbianischen Gewerkschaftskollegen weiter unterstützen.

Ganz sicher muss der Dialog mit allen Beteiligten in Kolumbien und Europa aufrechterhalten werden, denn ohne einen kontinuierlichen Dialog werden wir keine Entwicklungen sehen.
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In dieser Reihe erschienen bisher:
Importkohle aus Kolumbien: Reden ist Silber – Handeln ist Gold
Kohle – ein Baustein der sicheren Energieversorgung
Die Steinkohle im Energiemix
Infografik: Der Weg der Kohle
Verantwortliche Rohstoffbeschaffung beginnt vor Ort

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  1. Dominik Pöschel

    vor 9 Jahren

    Bei der aktuellen Klimadiskussion kann man sich, wenn man wirklich Interesse an einer Abmilderung der Erderwärmung hat, die Gedanken im o.a. Text sparen!!!!

    Man sollte anstatt der Kohlekraftwerke die vorhandenen AKW´s so lange laufen lassen bis wir in der Lage sind unseren Strombedarf regenerativ zu decken.

    Auch die Ausreden von Versorgungsengpässen bei der Regenerativen Stromerzeugung kann man langsam nicht mehr hören!!!! Wenn wir genug Regenerative Kraftwerke haben gibt auch keine Engpässe und bis dahin haben wir AKW`S und Gaskraftwerke und die können die alten Kohlekraftwerke ersetzen.

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