Mülltrennung in Polen und Deutschland im Vergleich: Systeme, Recyclingquoten und Herausforderungen der Abfallwirtschaft

Ana Alegra Rieger

Energie-Reporterin

Ana Alegra Rieger berichtet für uns aus Polen zu den Themen Energiewende, Nachhaltigkeit und Klimaschutz.

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11. Juni 2025

Mülltrennung als Teil europäischer Umweltpolitik

Die Mülltrennung ist ein zentraler Bestandteil der europäischen Umwelt- und Energiepolitik. Sie dient nicht nur der Reduzierung des Deponieaufkommens, sondern ist auch ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft, zur Ressourcenschonung und zur Senkung des Energieverbrauchs. Ein Vergleich zwischen Polen und Deutschland zeigt, wie unterschiedlich die Umsetzung trotz gemeinsamer EU-Vorgaben ausfallen kann.

Mülltrennung in Polen

In Polen – und damit auch in der Hauptstadt Warschau – ist seit dem 1. Januar 2020 ein landesweit einheitliches System zur getrennten Sammlung von Siedlungsabfällen gesetzlich vorgeschrieben. Die rechtliche Grundlage bildet das polnische Abfallwirtschaftsgesetz in Verbindung mit den EU-Richtlinien zur Abfallvermeidung und -Verwertung. Gesammelt werden fünf Fraktionen: Papier, Glas, Metalle und Kunststoffe, Bioabfälle und Restmüll – jeweils mit einheitlich farblich markierten Tonnen. Diese Trennung ist für alle Haushalte verpflichtend, unabhängig davon, ob es sich um private Wohnungen, kommunale Einrichtungen oder Unternehmen handelt. In der Praxis jedoch bestehen noch viele Herausforderungen. In Einfamilienhäusern gibt es meist eigene Mülltonnen, ähnlich wie in Deutschland. In Warschauer Mehrfamilienhäusern oder großen Wohnanlagen hingegen werden zentrale Müllplätze genutzt, was oft zu überfüllten oder falsch befüllten Behältern führt. Obwohl Haushalte, die ihren Müll nicht korrekt trennen, höhere Gebühren zahlen müssen – teils das Doppelte –, wird dies in der Praxis nur selten durchgesetzt. Laut Umfragen fühlen sich über 30 % der Polen nicht ausreichend informiert, wie sie ihren Müll korrekt trennen sollen. Die Recyclingquote in Polen lag laut Eurostat 2022 bei etwa 39,9 % – deutlich unter dem EU-Durchschnitt von rund 49,6 %. In Warschau ist die kommunale Müllabfuhr in der Regel Aufgabe der städtischen Entsorgungsfirma MPO, die versucht, durch Sensibilisierungskampagnen und die Einführung digitaler Kontrollsysteme die Quote zu verbessern. Ziel der polnischen Regierung ist es, die Recyclingquote bis 2030 auf über 60 % zu steigern.

Mülltrennung in Deutschland

Im Gegensatz dazu gilt Deutschland als Vorreiter im Bereich Abfallmanagement. Seit den 1990er-Jahren ist die Mülltrennung gesetzlich fest verankert. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz und die Verpackungsverordnung bilden die rechtliche Basis für ein differenziertes Sammelsystem, das Haushalten verschiedene Tonnen zur Verfügung stellt: für Papier, Bioabfälle, Restmüll und Verpackungen, ergänzt durch öffentliche Glascontainer und Rücknahmestellen für Problemstoffe. Besonders effektiv ist das deutsche Pfandsystem für Einweg- und Mehrwegflaschen, das Rückgabequoten von über 98 % erreicht. Diese strukturierte Infrastruktur ermöglicht nicht nur eine umweltschonende Entsorgung, sondern auch eine Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe und eine deutliche Energieeinsparung. So spart das Recycling von Aluminium bis zu 95 % Energie im Vergleich zur Herstellung aus Primärmaterial. Laut Umweltbundesamt liegt die Recyclingquote in Deutschland bei rund 67 % und gehört damit zu den höchsten in Europa. Diese Erfolge wären jedoch ohne das starke gesellschaftliche Bewusstsein kaum denkbar. Mülltrennung ist in Deutschland Teil des Alltags, wird in Schulen vermittelt und durch Informationskampagnen gefördert. Initiativen wie „Mülltrennung wirkt“ oder „Der Grüne Punkt“ unterstützen die Bevölkerung beim richtigen Umgang mit Abfällen. Laut einer Studie der Europäischen Umweltagentur geben über 85 % der Deutschen an, ihren Müll regelmäßig korrekt zu trennen. In Polen liegt dieser Anteil bei etwa 56 %. Auch der Umgang mit Verpackungsmüll unterscheidet sich: Während in Deutschland zunehmend auf wiederverwendbare Alternativen gesetzt wird, bleibt der Einweganteil in Polen hoch.

Gemeinsame Ziele, unterschiedliche Wege

Trotz aller Unterschiede stehen beide Länder vor ähnlichen Herausforderungen – etwa bei der Reduktion von Verpackungsmüll, der Steigerung der Qualität von Kunststoffrecycling oder der stärkeren Einbindung der Bevölkerung. Polen hat in den letzten Jahren wichtige Fortschritte gemacht, doch die Umsetzung ist vielerorts noch lückenhaft. Deutschland wiederum zeigt, wie ein gut strukturiertes System, begleitet von gesellschaftlichem Engagement, zu hohen Recyclingquoten führen kann. Mülltrennung ist damit nicht nur eine technische oder gesetzliche Frage, sondern Ausdruck einer gemeinsamen Verantwortung für eine nachhaltige und ressourcenschonende Zukunft.

 

Quellen

https://www.welt.de/wirtschaft/article218764576/Verpackungsmuell-Jeder-Deutsche-produziert-227-5-Kilogramm-im-Jahr.html

https://www.thetimes.com/world/europe/article/germans-world-champions-recycling-no-longer-96kskptfx?msockid=1ea5bff0c4a16ce7279ead86c5a16dcf

https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Municipal_waste_statistics

https://www.products.pcc.eu/de/blog/wie-trennt-man-muell-zu-hause/

https://www.austriatourism.com/tourismusforschung/nachhaltigkeit-auf-den-maerkten/polen-nachhaltigkeit

https://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/abfall-kreislaufwirtschaft

https://www.wroclaw.pl/de/mlltrennung-in-wroclaw-sie-trennen-nicht-sie-zahlen-das-doppelte

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