Was ist eigentlich Mieterstrom? Im Kern geht es darum, Strom direkt dort zu nutzen, wo er erzeugt wird – in Mehrparteienhäusern, Quartieren oder Gewerbeimmobilien. Meist kommt der Strom von Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Anders als bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, die seit dem Solarpaket 1 (2024) existiert, liefert der Anlagenbetreiber beim Mieterstrom nicht nur den lokal erzeugten, sondern auch den nötigen Reststrom.
Mieterstrom hat ein riesiges Potenzial: Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft könnten 14,3 Millionen Mieterhaushalte in 1,9 Millionen Gebäuden davon profitieren. Das entspricht einer Stromerzeugung von 43 TWh. Doch der Ausbau geht schleppend voran. Warum?
Herausforderungen und Mythen auf dem Mieterstrommarkt
Das klassische Mieterstrommodell, wie es seit etwa 2017 umgesetzt wird, ist ineffizient und kaum skalierbar. Das liegt vor allem an diesen Punkten:
- Unflexible Messkonzepte mit physischen Summenzählern
- Aufwendige Wechselprozesse für Mieter
- Komplizierte Zählwertbeschaffung und intransparente Stromverteilung
- Umständliche Abrechnung in nicht-spezialisierten Systeme.
Diese Probleme haben zu einigen Mythen geführt: Mieterstrom sei unwirtschaftlich, aufwändig und technisch schwer umzusetzen. Doch diese Mythen halten sich hartnäckig, obwohl sich viel getan hat.
Mieterstrom 2.0: Die Lösung für den Durchbruch
Inzwischen ist 2025, und sowohl regulatorisch als auch technisch hat sich viel getan. Mieterstrom lässt sich skalierbar umsetzen, wenn folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Virtueller Summenzähler: Das Liegenschaftsmodell (§6 MsBG, §20 EnWG) ermöglicht flexible Messkonzepte.
- Standardisierte Wechselprozesse: Ab Juni 2025 erleichtern die UTILMD AHB Strom 2.1 den Wechsel für Mieter.
- Monatliche Abrechnung & Echtzeit-Visualisierung: Smart Meter machen den Stromverbrauch transparent.
- Innovative Lösungen: Spezialisierte Anbieter für Abrechnung und Betriebsführung erleichtern die Umsetzung.
Viele auf Mieterstrom spezialisierte Unternehmen haben das erkannt und setzen auf dieses Geschäftsmodell.
Wer muss jetzt handeln?
Damit der Mieterstromausbau endlich Fahrt aufnimmt, braucht es mehr Engagement von verschiedenen Akteuren. Darunter:
- Immobilieneigentümer: Sie sollten den Mut haben, Mieterstromprojekte aktiv anzugehen und die vorhandenen Potenziale zu nutzen.
- Stadtwerke: Sie sollten ihre Rolle als bevorzugte Partner für lokale Wohnungsunternehmen und Gewerbetreibende stärken.
- Verteilnetzbetreiber (VNB): Sie müssen Mieterstrom flächendeckend als Teil der Stromversorgung anerkennen und ihre Kompetenzen ausbauen. Lange Abstimmungsprozesse mit den VNB bremsen noch immer viele Projekte aus.
- Politik: Die Entscheidung des EuGH von Dezember 2024, dass Betreiberpflichten für regulierte Verteilernetze auch für Kundenanlagen gelten, schafft Unsicherheit. Hier ist schnelle Klarheit erforderlich, um den Ausbau nicht zu gefährden.
Fazit: Mieterstrom hat Zukunft – wenn alle an einem Strang ziehen
Mieterstrom ist mehr als nur eine Möglichkeit, erneuerbare Energien zu nutzen. Es ist ein Schlüssel zur dezentralen Energiewende, der Mieter in den Mittelpunkt stellt und gleichzeitig die Netze entlastet. Mit den richtigen Rahmenbedingungen und dem Engagement aller Beteiligten kann Mieterstrom sein volles Potenzial entfalten und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
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