In der 29. Folge des Podcast zur Energiezukunft spricht Katharina Klein mit Constance Chucholowski über die bevorstehende Präsidentschaftswahl in den USA. Chucholowski ist Politikwissenschaftlerin und Vorsitzende des Berliner Verbandes der Democrats Abroad. In der Vergangenheit unterstützte die Halbamerikanerin Wahlkämpfe sowohl in den USA als auch in Deutschland in einer strategischen Beratungsfunktion.
Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten bestehen zwischen der Energie- und Klimapolitik der USA und Europas?
Im August 2022 wurde der Inflation Reduction Act verabschiedet, der die Klimapolitik der USA maßgeblich beeinflusst und auch in den nächsten zehn Jahren prägen wird. Mit diesem Gesetz werden 370 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien, Innovationen und Technologien investiert. Es umfasst zudem Subventionen für Elektroautos und lokale Projekte, die im Bereich der erneuerbaren Energien über 300.000 Arbeitsplätze schaffen sollen.
In Europa gibt es kein vergleichbares Gesetz. Die EU hat mittlerweile erkannt, dass sie wertvolle Zeit verloren hat und ebenfalls ein solches Gesetz hätte umsetzen können.
Handelt es sich beim IRA um eine rein klimapolitische Maßnahme, oder ist er aus dem Gedanken eines geopolitischen Wettbewerbs heraus entstanden?
Das Gesetz nicht ausschließlich klimapolitisch motiviert. Es zielt innenpolitisch vor allem darauf ab, mehr Arbeitsplätze in den USA zu schaffen. Nach der Covid-Pandemie hatten viele Länder mit hoher Inflation zu kämpfen, Ein weiteres Ziel ist es, die Klimakrise gesetzlich anzugehen, um sicherzustellen, dass diese Maßnahmen nicht leicht rückgängig gemacht werden können, beispielsweise durch einen möglichen Präsidenten wie Donald Trump.
Was sind die Unterschiede zwischen einer möglichen Trump-Administration und einer Harris-Administration in Bezug auf Energie- und Klimathemen?
Im Wahlkampf der Demokraten von Harris und Walz gibt es keine konkreten Pläne für die Klimapolitik in einer möglichen Harris-Administration. Das liegt u.a.daran, dass der Inflation Reduction Act (IRA) bereits verabschiedet wurde und viele Maßnahmen für das nächste Jahrzehnt vorbereitet hat. Auchdie derzeitige polarisierte politische Situation eine Rolle. Viele erwarten, dass die Klimapolitik von Präsident Biden unter einer Harris-Präsidentschaft fortgeführt wird.
Eine zweite Amtszeit von Donald Trump könnte die Situation noch verschlimmern, da er weiterhin den Klimawandel leugnet. Zu nennen ist hierbei das „Project 25“, das Trump trotz seiner Distanzierung im Wahlkampf stark unterstützt. Dieses Programm wurde im Herbst 2023 von der Heritage Foundation, einem sehr konservativen Think Tank in den USA, veröffentlicht und schlägt Maßnahmen für eine mögliche Trump-Administration vor. Es zielt unter anderem darauf ab, viele Institutionen, die sich mit Klimapolitik befassen, nicht mehr zu finanzieren, was für die zukünftige Klimapolitik katastrophal wäre.
Gibt es eine Wechselwirkung zwischen dem Ausgang der Präsidentschaftswahl und europäischen Energie- und Klimaschutzthemen?
Unabhängig davon, ob Kamala Harris oder Donald Trump Präsident*in wird, werden sich die USA zunächst auf ihre innenpolitischen Herausforderungen konzentrieren, die enorm sind. Klimapolitik, insbesondere multilaterale Klimapolitik, wird nicht die oberste Priorität haben.
Unter einer möglichen Präsidentin Harris und einem Präsidenten Trump wird es jedoch sehr unterschiedliche Ansätze in der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und Deutschland geben.
Unter einem Präsidenten Trump wird es hingegen keine Koordinierung in der Klimapolitik geben. Es wird praktisch keine Klimapolitik existieren, und es wird wahrscheinlich keine Ansprechpartner in den USA für Themen der Klimapolitik und Zusammenarbeit geben, falls Trump die Präsidentschaftswahl gewinnt.
Wie wird der Wahlkampf durch Verschwörungstheorien beeinflusst?
Der Präsidentschaftswahlkampf in den USA ist von zahlreichen Falschmeldungen und Verschwörungstheorien geprägt. Trump behauptete beispielsweise, die Regierung hätte die Macht, das Wetter zu kontrollieren und würde Tropenstürme wie Hurricane Milton absichtlich erzeugen. Dies verdeutlicht den Vertrauensverlust in Institutionen und Regierungen. Ein bedeutender Faktor hierbei ist die Künstliche Intelligenz (KI), die die Verbreitung von Desinformationen beeinflusst.
Lesetipp
Constance Chucholowski empfiehlt das Buch „Why We Are Polarized“ von Ezra Klein. Das Buch nutzt das Thema Klima immer wieder als Beispiel und beschreibt anhand bestimmter politischer Entwicklungen in den USA eindrucksvoll, warum das Land so polarisiert ist und wie sich diese Polarisierung seit den 1990er Jahren entwickelt hat. Zudem empfiehlt sie den Podcast „Frontline“ des öffentlichen Senders PBS in den USA. Hier verweist Chucholowski auf die dreiteilige Dokumentation „The Power of Big Oil“, die aufzeigt, wie die Ölindustrie in den USA versucht, ihre Position in der Energiepolitik zu verteidigen.
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