Freileitungen vs. Erdkabel – Gründe, Kosten und Akzeptanz (34)

Gastautor Portrait

Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
09. April 2025

In der 34. Folge des Podcast zur Energiezukunft spricht Katharina Klein mit Saskia Albrecht, Abteilungsleiterin Projektkommunikation bei der Transnet BW. Eines ihrer spannendsten Projekte ist das Projekt SuedLink, wodurch sie zur Expertin für Freileitungen und Erdverkabelung geworden ist. 

Welche Vor- und Nachteile haben Freileitungen im Vergleich zur Erdverkabelung? 

Freileitungen sind ein wesentlicher Bestandteil des Stromnetzes in Deutschland. Diese Technik ist nicht nur etabliert und zuverlässig, sondern auch fest in das Landschaftsbild integriert. Störungen können schnell behoben werden, sei es bei gekappten Leitungen oder Blitzeinschlägen. Das Übertragungsnetz in Deutschland besteht zu 99 Prozent aus Wechselstromfreileitungen, die eine Nutzungsdauer von 80 Jahren und mehr haben. Viele dieser Leitungen sind bereits seit Generationen im Einsatz und werden regelmäßig gewartet, um ihre Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Obwohl die Freileitungen sichtbar sind, gehören sie zum Landschaftsbild eines Industriestandortes wie Deutschland.  

Gibt es Unterschiede in der Lebensdauer oder der Zuverlässigkeit zwischen den beiden Optionen?

Ein Vorteil von Erdkabeln ist, dass sie nach der Installation nicht mehr sichtbar sind und die landwirtschaftliche Nutzung oberhalb des Kabels uneingeschränkt möglich bleibt. Die geplante Nutzungsdauer eines Erdkabels beträgt etwa 40 Jahre, wobei in dieser Zeit auch Instandhaltungsmaßnahmen erforderlich sein können. Allerdings erfordert die Verlegung von Erdkabeln einen erheblich größeren Eingriff in den Boden, da Tiefbauarbeiten entlang der gesamten Strecke notwendig sind. Im Gegensatz dazu überspannen Freileitungen die Landschaft und minimieren so den Bodeneingriff. Besonders bei großen Projekten wie Südlink, dass eine Gleichstromleitung von Nord nach Süd vorsieht, stellt die bauliche Umsetzung eine erhebliche Herausforderung dar.  

Wofür wird Wechselstrom verwendet, wofür Gleichstrom?

Das Übertragungsnetz in Deutschland ist traditionell ein Wechselstromnetz, das sich in den letzten 80 bis 100 Jahren etabliert hat. Auch im Verteilnetzbereich dominiert Wechselstrom, mit Umspannwerken etwa alle 50 Kilometer, um die Spannung zu transformieren und den Strom zu verteilen. 

Durch die Energiewende und die Erzeugung erneuerbarer Energien im Norden Deutschlands hat sich in den letzten 20 Jahren eine Veränderung ergeben. Während im Norden viele Windparks betrieben werden, werden in Süddeutschland zunehmend Kern- und Kohlekraftwerke vom Netz genommen, um die Dekarbonisierung sicherzustellen. Dadurch müssen größere Entfernungen zwischen Erzeugung und Verbrauch überwunden werden. Wechselstromleitungen sind für diese langen Strecken nicht verlustarm genug, daher setzt TransnetBW auf Gleichstromleitungen, die ab etwa 300 Kilometern besonders effizient sind.  

Wie sind die Kosten von Erdkabeln im Vergleich zu Freileitungen?

Es ist eine Tatsache, dass die Kosten für die Erdverkabelung im Gleichstrombereich deutlich höher sind als für Freileitungen. Aus diesem Grund setzt sich TransnetBW dafür ein, dass zukünftige Gleichstromprojekte, die im Netzentwicklungsplan vor zwei Jahren von der Bundesnetzagentur bestätigt wurden, als Freileitungen realisiert werden. Dies betrifft in Baden-Württemberg insbesondere den Südwestlink und den Nordwestlink. Durch die Umsetzung dieser Projekte als Freileitungen können etwa 20 Milliarden Euro an Investitionskosten eingespart werden. 

Für das Projekt Südlink ist die Entscheidung gefallen: Es wird als Erdkabel realisiert, und es wird bereits gebaut. Für zukünftige Gleichstromprojekte strebt TransnetBW jedoch eine Rückkehr zur Freileitungsvorrang an und sind in Gesprächen mit der neuen Bundesregierung, um dieses Ziel zu erreichen. 

Was sind die Gründe und die Motivation hinter der Entscheidung, Erdverkabelung vorzuschreiben?

Im Jahr 2013 war Südlink bereits im Netzentwicklungsplan und im Bundesbedarfsplangesetz als energiewirtschaftlich vorrangiges Projekt vorgesehen, das ursprünglich als Freileitungslösung geplant war. Alle Übertragungsnetzbetreiber diskutierten damals ihre Gleichstrom-Freileitungsvorhaben mit der Öffentlichkeit und stießen auf erheblichen Widerstand in der Bevölkerung. In den Jahren 2013 und 2014 führte dieser Widerstand schließlich zu der politischen Entscheidung, dass eine Kabelvariante möglicherweise die Akzeptanz erhöhen könnte. Der Hauptgrund für diese Entscheidung war, den Netzausbau endlich voranzubringen und die schwierige öffentliche Diskussion zu entschärfen.

Wie hat sich die Akzeptanz gegenüber Freileitungen gewandelt?

Durch den Ukraine-Krieg und die gestiegene Bedeutung von Energiesicherheit und Versorgungssicherheit hat der Netzausbau ein neues Image gewonnen. Die Diskussion um den Netzausbau ist für die betroffenen Bürger klarer geworden, da die Notwendigkeit der Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit in der Energieerzeugung deutlicher ist. 

Die Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber ist es, Kompromisse und Lösungen zu finden, die in der Region akzeptiert werden können. Dazu gehört der Dialog mit den Regionen, Bürgermeistern und Landkreisen, um Möglichkeiten zu finden und Planungen zu berücksichtigen. Es ist wichtig, Fake News zu entkräften und Vertrauen in die Technologie zu schaffen. 

Lesetipp

Saskia Albrecht empfiehlt die Webseite südlink.com, um sich über die Erdverkabelung und die damit verbundenen Bauabläufe zu informieren. Dort findet man Videotagebücher und kurze Clips von etwa drei Minuten Länge, die verschiedene Aspekte dieses großen Gleichstromkabelprojekts beleuchten. 

Die aktuellen Folgen des Podcasts

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  1. Christian Bani Ardalan

    vor 22 Stunden

    Die Akzeptanzabgabe hatte ich schon über 40 Jahre gerechnet. Jährlich ist hinter den 40 MRD zu streichen.

  2. Christian Bani Ardalan

    vor 22 Stunden

    Meine Akzeptanz gegenüber Freileitungen hat sich nicht geändert. 20 MRD. sind sicherlich keine Peanuts, allerdings über 40 Jahre mehr als vertretbar. Die Akzeptanzabgabe für die Windkraft liegt bei mehr als 40 MRD jährlich, wenn die Ausbauziele erreicht werden.
    Zur Zeit bekommt man den Eindruck, wenn man die neu ausgewiesenen Windkraftgebiete ansieht, dass die Windkraft sogar über den Bedarf ausgebaut werden soll. Der zusätzliche Netzausbau kostet ebenfalls weiteres Geld, den der Stromkunde bezahlen muss. Die Planungen für die weiteren Erdkabel sind fast fertig, während die Planungen für neue Freileitungen von vorne beginnen müssten. Diese Planungen sind Stand jetzt auch nicht nach einem vereinfachten Verfahren möglich. Die Verzögerung kostet ebenfalls enorm viel Geld.

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