Hält Frankreich seine Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen ein?

Das berühmte Pariser Klimaabkommen wurde im Dezember 2015 in der französischen Hauptstadt von den 197 UN-Mitgliedstaaten beschlossen. Knapp ein Jahr später trat dieses globale und völkerrechtlich bindende Klimaschutzabkommen in Kraft, nachdem es von 55 Ländern, die mindestens 55 % der globalen Treibhausgasemissionen ausstoßen, ratifiziert worden war.
Das Abkommen trat an die Stelle des Kyoto-Protokolls, das 2005 beschlossen wurde und 2020 auslief. Im Gegensatz zum Kyoto-Protokoll fordert das Pariser Abkommen nicht nur die reichen Industriestaaten, sondern auch die Entwicklungs- und Schwellenländer auf, Emissionsziele festzulegen. Gleichzeitig sollen die Länder des globalen Nordens die Länder des globalen Südens beim Klimaschutz unterstützen, z. B. durch Technologieentwicklung und -transfer, Kapazitätsausbau sowie finanzielle Hilfe.
Die Ziele des Pariser Abkommens
Das Pariser Klimaabkommen verfolgt drei Hauptziele: Erstens das in den Medien oft diskutierte 1,5-Grad-Ziel, bei dem sich die Staaten verpflichten, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, mit dem Ziel, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Zweitens sollen die Staaten ihre Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel stärken. Drittens sollen Finanzmittelflüsse im Einklang mit den Klimazielen gebracht werden.
Nationale Klimabeiträge und globale Bestandsaufnahmen
Die Erreichung der Klimaziele basiert auf dem Prinzip der „Nationally Determined Contributions“ (NDCs), d. h., die Staaten legen ihre nationalen Klimaschutzbeiträge selbst fest. Seit 2018 finden alle fünf Jahre globale Bestandsaufnahmen statt, um den Fortschritt zu überwachen. Ab 2025 müssen die nationalen Klimabeiträge alle fünf Jahre aktualisiert und verschärft werden. Zudem wurden alle Staaten bis 2020 aufgefordert, Langfriststrategien für eine treibhausgasarme Entwicklung vorzulegen.
Frankreichs Klimaziele nach dem Pariser Abkommen
Nach dem Pariser Abkommen hat Frankreich einen Fahrplan zur Reduzierung seiner Treibhausgasemissionen entwickelt: die „Stratégie nationale bas carbone“ (SNBC). Nach einer Überarbeitung 2018/2019 verfolgt die SNBC drei Hauptziele: Klimaneutralität bis 2050, eine Reduktion der Emissionen um 40 % bis 2030 im Vergleich zu 1990 und die Einhaltung von Kohlenstoffbudgets, also Emissionsgrenzen, die in Fünfjahreszeiträumen nicht überschritten werden dürfen.
Verfehlte Ziele: Kohlenstoffbudget und Emissionen
Das erste Kohlenstoffbudget Frankreichs für den Zeitraum 2015–2018 wurde mit einem Überschuss von 15 Millionen Tonnen CO2 (3 % über dem Budget) nicht eingehalten, hauptsächlich aufgrund von Überschreitungen in den Sektoren Verkehr sowie Wohn- und Dienstleistungssektor. Anfang Oktober 2024 stellte der „Haut conseil pour le climat“ fest, dass auch das zweite Kohlenstoffbudget Frankreichs voraussichtlich nicht eingehalten wird, obwohl es zuvor nach oben angepasst wurde.
Emissionsrückgänge durch die Corona-Pandemie
Frankreich verzeichnete zwar einen Rückgang der Treibhausgasemissionen. Zwischen 2018 und 2019 betrug der Rückgang 1,8 %, und aufgrund der Corona-Pandemie kam es 2020 zu einem der stärksten Rückgänge seit Jahrzehnten, mit einer Reduktion von 9,2 %. Obwohl die Emissionen nach der Pandemie wieder anstiegen, bleibt der Trend rückläufig. So wurde für 2021 ein Rückgang von 5 % im Vergleich zu 2019 festgestellt.
Frankreichs Kontroverse bei der COP26
Trotz dieser Fortschritte sorgte Frankreich kürzlich bei der COP26 für Unmut. Der Grund: Frankreich weigerte sich, ein Abkommen zur Beendigung der internationalen Finanzierung fossiler Energien bis 2022 zu unterzeichnen, das von Ländern wie den USA, Kanada und dem Vereinigten Königreich ratifiziert wurde.
Globale Einschätzung der Klimaziele
Laut der unabhängigen Organisation „Climate Action Tracker“ sind die nationalen Klimaziele der meisten Staaten nicht ambitioniert genug, um das Pariser 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Nur eine kleine Anzahl von Staaten, darunter das Vereinigte Königreich, Costa Rica, Kenia, Marokko, Nigeria, Äthiopien und Nepal, verfolgen realistische und ausreichend ambitionierte Ziele. Das einzige Land, das das Pariser Abkommen bereits in seiner Umsetzung einhält, ist Gambia.
Frankreich und die EU: Unzureichende Prognosen
Was Frankreich und die Europäische Union betrifft, so werden ihre Prognosen als „unzureichend“ bewertet, um die Temperaturen bis 2100 unter 1,5 °C zu halten. Derzeit entsprechen die EU-Ziele eher einem globalen Temperaturanstieg von +2,7 °C bis zum Ende des Jahrhunderts.
Emmanuel Macron und die Herausforderung der Ökologie: Eine Kluft zwischen Worten und Taten sowie Politik und Wissenschaft
Emmanuel Macron hat sich häufig als Befürworter einer „rationalen Ökologie“ präsentiert, die Wissenschaft und Umweltpolitik miteinander vereinbaren soll. Doch seine Entscheidungen als Präsident werfen zunehmend Zweifel auf, ob seine Politik tatsächlich im Einklang mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Dringlichkeit des Klimawandels steht. Trotz seiner Aussage, er stelle niemals Wissenschaft und Politik gegeneinander, widersprechen viele Maßnahmen, die unter seiner Führung ergriffen wurden, den Empfehlungen von Experten und dem, was die wissenschaftliche Gemeinschaft als notwendig erachtet.
Die widersprüchliche Haltung zur Pestizidreduktion
Ein Beispiel dafür ist der Rückschritt bei den Pestiziden. Im Februar 2024 kündigte die französische Regierung eine „Pause“ des Planes Ecophyto an, der ursprünglich eine Reduktion des Pestizideinsatzes um 50 % bis 2030 vorsah. Im Mai wurde dieser Plan durch eine neue Version ersetzt, die von Umweltschutzorganisationen und Experten scharf kritisiert wurde. Der neue Plan sei mit manipulierten Indikatoren ausgestattet, die den Pestizideinsatz künstlich verringerten, was von vielen als „Lüge“ bezeichnet wurde und als ein „Rückschritt von fünfzehn Jahren“ angesehen wird. Diese Politik steht im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die die Gefahren des Pestizideinsatzes belegen.
Das umstrittene Autobahnprojekt A69
Ein weiteres Beispiel ist das umstrittene Projekt der Autobahn A69, die die Städte Castres und Toulouse verbinden soll. Dies wird von über 1.500 Wissenschaftlern, darunter renommierte Klimaforscher, als „klimatisch unverantwortlich“ kritisiert. Die geplante Autobahn würde nicht nur wertvolle landwirtschaftliche Flächen und Ökosysteme zerstören, sondern auch zu einem massiven Anstieg der Treibhausgasemissionen führen, was die Ziele der französischen Klimapolitik gefährden würde.
Die Kritik an den Megabassinen
Auch das Thema der sogenannten „Megabassinen“, riesige Wasserrückhaltebecken zur landwirtschaftlichen Bewässerung, steht unter Kritik. Trotz wissenschaftlicher Warnungen bezüglich des negativen Einflusses auf die Wasserressourcen, versuchte sich die Regierung weiterhin für deren Bau ein. Diese Bauten könnten die Wasserkrise verschärfen, anstatt zu einer nachhaltigen Wassernutzung beizutragen, weswegen diese schließlich von einem Gericht im Südwesten Frankreichs gestoppt werden konnten.
Lockerung der Vorschriften für neue Gentechniken
Zusätzlich unterstützt die Regierung eine Lockerung der Vorschriften für neue Gentechniken, was wiederum die Bedenken von Experten hinsichtlich möglicher Gesundheits- und Umweltrisiken aufgreift. Die Entscheidung zur Lockerung wurde getroffen, obwohl Berichte von Wissenschaftlern, die vor diesen Risiken warnen, immer wieder verzögert wurden, was Fragen zur politischen Motivation aufwarf.
Macrons Haltung zur Degrowth-Bewegung
Macrons ablehnende Haltung gegenüber der Degrowth-Bewegung, die er als „Amish“ bezeichnete, steht ebenfalls im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Empfehlungen. Immer mehr Forscher betonen, dass unbegrenztes Wirtschaftswachstum unvereinbar mit den Anforderungen des Klimaschutzes ist. Berichte des Weltklimarats (IPCC) und andere wissenschaftliche Studien legen nahe, dass Bescheidenheit und ein Umdenken in Bezug auf das Wachstum unerlässlich sind, um die Klimaziele zu erreichen.
Der Stopp der fossilen Brennstoffexploration: Ein Wendepunkt?
Ein neuerlicher Versuch, sich von den fossilen Brennstoffen zu entfernen, wurde 2024 durch die Entscheidung angekündigt, keine neuen Erlaubnisse für die Exploration von Öl und Gas mehr zu erteilen. Diese Maßnahme scheint eine positive Entwicklung im Hinblick auf die Energiewende zu sein, doch sie kommt nach jahrelangem, teils vehementem politischen Rückhalt für umstrittene fossile Projekte, was die Diskrepanz zwischen politischen Erklärungen und tatsächlichen Taten unterstreicht.
Fazit: Eine wachsende Kluft zwischen Politik und Wissenschaft
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Macrons Politik in vielen Bereichen den Wissenschaftlern widerspricht, die schon lange auf die dringenden Notwendigkeiten des Klimaschutzes hinweisen. Während er sich als Verfechter einer wissenschaftlich fundierten Ökologie darstellt, zeigt die Praxis eine wachsende Kluft zwischen seinen politischen Entscheidungen und den Anforderungen der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Nichtsdestotrotz, hat er natürlich auch Fortschritte erzielen können, wie beispielsweise in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft, wo wichtige gesetzliche Initiativen auf den Weg gebracht wurden, wie etwa das Gesetz zur Bekämpfung von Verschwendung, das auf eine stärkere Recyclingquote und den Ausstieg aus Einwegplastik abzielt.
Quellen
Non, l’écologie d’Emmanuel Macron n’a rien de scientifique
https://www.greenpeace.fr/ecologie-climat-bilan-emmanuel-macron/
Ecologie et climat : le bilan catastrophe d’Emmanuel Macron – Greenpeace France
Le bilan contrasté du quinquennat d’Emmanuel Macron sur l’environnement – Public Sénat
Interdire le glyphosate : le dilemme après l’annonce de Macron en 2017 | INA
Bilan d’Emmanuel Macron sur le climat – un pas en avant, deux pas en arrière – Réseau Action Climat
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