Flexibler Wärmestrom für die Integration Erneuerbarer Energien

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Jan Gratenau

Gastautor

Die Energiewirtschaft und die Integration erneuerbarer Energien in den Alltag der Menschen sind die zentralen Themen von Jan Gratenau. Seit dem Ende seines Studiums der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim arbeitet er bei der EnBW Energie Baden-Württemberg AG. Als Projektleiter verantwortet er den Modellversuch Flexibler Wärmestrom.

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24. Juli 2015

Der Modellversuch „Flexibler Wärmestrom“ basiert auf einer simplen Grundidee: Immer dann, wenn viel Strom im Netz vorhanden ist, sollen Wärmestrom-Anlagen durch flexible Steuerung aufgeladen werden. So kann vermieden werden, dass überschüssiger Strom verloren geht oder die Netzstabilität gefährdet wird.

FlexWärme1

Was sich einfach anhört, hat sich als große Herausforderung herausgestellt. Nach der Testphase in der vergangenen Heizperiode konnte jedoch festgestellt werden: Das Prinzip funktioniert! Über 2000 Kundenoptimierungen in Form von gezielter Lastverlagerung wurden durchgeführt. Wichtig war dabei, dass das Netz nie überlastet wurde. Dazu wurden vom Verteilnetzbetreiber Netze BW sog. Gleichzeitigkeitsfaktoren (GLZF) vorgegeben, die die jeweiligen Belastungsgrenzen des Netzes darstellen. Die Anlagen bekommen ihre Freigabezeiten, wenn viel Strom im Netz ist und deshalb die Preise am  Großhandelsmarkt günstig sind.

flexibler Wärmestrom, Speicher für die Energiewende

Flexibler Wärmestrom als Lastmanagement

150 Pilotkunden mit Wärmepumpen und Nachtspeicheröfen nahmen an dem Versuch teil und bekamen Steuergeräte in ihren Zählerschrank eingebaut, die eine flexible Steuerung ermöglichen. Mehr als 90 Prozent dieser Kunden spürte keine  Veränderungen in ihrem Wärmekomfort, teilweise verbesserte sich dieser sogar. Neben den Grundlagentests konnte auch an Praxisbeispielen gezeigt werden, wie flexibler Wärmestrom in der Zukunft bei den Herausforderungen der Energiewende unterstützen kann: Die im Frühjahr 2015 angekündigte partielle Sonnenfinsternis wirkte sich deutlich auf die Stromproduktion von PV-Anlagen aus. Um zu zeigen, wie das flexible System solchen Ereignissen entgegen wirken kann, wurde die Heizlast der Anlagen gezielt heruntergefahren und später wieder angehoben.

Flexibler Wärmestrom, Speicher für die Energiewende,

Daneben sind die umgesetzten Flexibilitätsansätze grundsätzlich auch für zahlreiche weitere Anwendungen wie z. B. Batteriespeicher, E-Fahrzeuge, (Klein)-KWK-Anlagen umsetzbar.

Mit dem Modellversuch „Flexibler Wärmestrom“ konnte erstmalig gezeigt werden, wie ein massen-markttaugliches, intelligentes, zentral gesteuertes Lastmanagement aussehen könnte bzw. müsste. Wie bereits erwähnt kommt im Rahmen der Energiewende Lastmanagement- und Flexibilitätsansätzen eine zentrale Rolle zu, um die Erzeugung aus fluktuierenden Quellen überhaupt mit der Nachfrage verknüpfen zu können.

Um weitere Möglichkeiten für die Ausgestaltung von Tarifmodellen entwickeln zu können und zusätzliche Erkenntnisse über die Anlagensteuerung zu gewinnen, wird der Projektzeitraum mit den 150 Pilotkunden um weitere 12 Monate verlängert. Um unser Konzept zukünftig den Kunden als Produkt anbieten zu können, gilt jedoch abzuwarten, wie genau das neue energiewirtschaftliche Marktdesign ausgestaltet wird. Notwendig dafür wären vor allem die Einführung von intelligenten Messsystemen sowie die Umsetzung neuer Bilanzierungsverfahren.

Stabile energiepolitische Rahmenbedingungen helfen also dabei, unseren Kunden mit neuen Produkten die Teilhabe an den Chancen der Energiewende zu ermöglichen. Auch in einem früheren Beitrag von Dr. Alois Kessler zum Thema Stromspeicherlösungen wurde auf diesen Zusammenhang hingewiesen.

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  1. Heizmann, Walter

    vor 8 Jahren

    Der Wohnungswärmebedarf für Raumheizung und Wassererwärmung in Deutschland übersteigt bei weitem alle anderen Bedarfsarten (um das Vierfache und mehr) des Wohnungsbereichs. Gedeckt wird er bis jetzt überwiegend durch die fossilen Energieträger Gas und Öl, welche für die nach uns kommenden Generationen und wegen der drohenden Klimakatastrophe aber möglichst geschont werden sollten. Elektrische Speicherheizung und elektrische Wassererwärmung in Kombination mit optimal wärmegedämmten Wärmespeichern könnten einen großen Teil der aus den regenerativen Energiequellen unregelmäßig in das Netz eingespeisten elektrischen Energie aufnehmen, vor allem, aber nicht nur, in der Heizperiode. Dadurch, dass sowohl die regenerativen Energiequellen als auch die Heizungs- und Wassererwärmungsanlagen dezentral über die Bundesrepublik verteilt sind, würde das Netz entlastet und könnten Netzverstärkungen und der Bau zusätzlicher Leitungen teilweise entbehrlich oder zeitlich hinausgeschoben werden.

  2. Hartmut Singer

    vor 9 Jahren

    Mit Interesse habe ich Ihren Artikel über flexible Wärmestromanlagen gelesen.
    Ich habe mein Einfamilienhaus 1971 gebaut und mit Elektrospeicherheizung ausgestattet, weil damals Politik und Energieversorgungsunternehmen diese Heizungsart als Heizung der Zukunft propagiert haben, schließlich musste in Zeiten der Kernkrafteuphorie der von diesen Anlagen bei Nacht produzierte Strom auch verkauft werden.
    Seit der von der Schröder-Regierung eingeführten Stromsteuer und dem Merkel'schen Energiewendewahnsinn ist diese Heizungsart nahezu unbezahlbar geworden.
    Ihr Artikel lässt hoffen, dass die Speicherheizung doch noch eine Zukunft hat und vielleicht Überschussstrom aus erneuerbaren Energien eines Tages wieder zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung gestellt werden kann.
    Immerhin gibt es bundesweit noch ca. 1 Million Elektroheizungen. Viele Eigentümer oder Mieter sind zwischenzeitlich im Rentenalter. Die Politik scheint die Probleme für diesen Personenkreis, die durch die hohen Umlagen für erneuerbare Energie entstanden sind, vollkommen ausgeblendet zu haben. Die Großindustrie ist von diesen Umlagen freigestellt; die Zeche zahlt wie üblich der kleine Verbraucher.

  3. Artur Baumann

    vor 9 Jahren

    Wie heißt es auf schwäbisch? Net Schwätze, Mache!
    150 Haushalte, nett!
    12 Monate Verlängerung = 12 Monate Verzögerung?
    Sie haben das in der Hand, machen Sie es.
    Legen Sie ggf. in Kooperation mit Staat und Kommunen
    z.B. Wärmepumpenprogramme in Verbindung mit
    hochisolierten Pufferpeichern auf, wobei der Heiz-
    energieverbrauch des Objekts die Speichergröße
    bestimmt. Laden sie selbstorganisiert mit den Über-
    kapazitäten die Speicher bedarfsgerecht für einen
    konstanten Strompreis. Natürlich das Ganze mit
    einem Großteil aus Erneuerbaren. Der Wärmepreis
    ihrer Kunden wird dann schon heute unter dem
    bei Verwendung von Öl oder Gas liegen.
    Gestalten sie Nachhaltige Zukunft. Jetzt!

  4. Windmüller

    vor 9 Jahren

    Was im Artikel geschrieben steht, behaupte ich schon lange. Auch ich sehe auf diesem Gebiet große Chancen.
    Übrigens komme ich gerade von einer Radtour von Prag nach Lutherstadt Wittenberg zurück ( Elberadweg ) Es ist interessant zu sehen, dass die Photovoltaiknutzung auch in Tschechien zunehmend beliebter wird. So mancher Bauer hat eine 20 KW Anlage auf dem Stalldach, und Privathaushalte nutzen vermehrt Solarthermieanlagen zur Warmwassererzeugung. Der deutsche Heizungshersteller Vaillant scheint mit seinen Flachkollektoren in Tschechien offensichtlich ganz gut vertreten zu sein.

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