Die deutsche Energiewende im europäischen Kontext

Gastautor Portrait

Günther Oettinger

Europäische Kommission

Der ehemalige Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg (2005 - 2010) ist seit 2010 Mitglied der Europäischen Kommission. Als Kommissar für Energie ist er für die Konzipierung und Durchführung der europäischen Energiepolitik zuständig. Der Jurist war von 1984 bis 2010 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg und führte 14 Jahre lang die dortige CDU-Fraktion. Günther Oettinger ist seit 2005 Mitglied des Präsidiums und des Bundesvorstandes der CDU Deutschland.

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12. März 2014

oder Energiepolitik braucht Europäisierung statt nationaler Alleingänge

Wettlauf um die globalen Ressourcen, Abhängigkeit von Energieeinfuhren, steigende Energiepreise, Klimawandel: Deutschland steht, ebenso wie die EU insgesamt, vor großen energiepolitischen Herausforderungen.

Um diesen wirksam zu begegnen, muss im Interesse der drei übergeordneten Ziele der europäischen Energiepolitik gehandelt werden – und das nicht morgen, sondern heute. Diese Ziele sind Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit.

Aufbauend auf den Energie- und Klimazielen für das Jahr 2020 hat die Europäische Kommission im Januar einen Rahmen für die Energie- und Klimapolitik bis 2030 vorgeschlagen. Der Ausstoß von Treibhausgas soll bis 2030 um 40 % gesenkt werden (gegenüber 1990). Der Anteil der erneuerbaren Energien soll EU-weit mindestens auf 27 % des Gesamtverbrauchs steigen und es soll mehr Energie eingespart werden. Als größte Wirtschaftsmacht in der EU spielt Deutschland für das Erreichen dieser Ziele eine wichtige Rolle.Konventionell1959[1]

Deutschland hat sich auch selbst ehrgeizige nationale Energie- und Klimaziele für 2050 gesetzt. Nach der Katastrophe von Fukushima im März 2011 beschloss die deutsche Regierung darüber hinaus, acht Kernkraftwerke stillzulegen und bis 2022 aus der Atomenergie auszusteigen. Zur Umsetzung ihres Energiekonzepts schlug sie ein umfassendes Legislativpaket vor und läutete damit die Energiewende ein.

Neustart bei der Energiewende
Derzeit ist Deutschland aber gut beraten, einen Neustart bei der Energiewende in Angriff zu nehmen. Dabei muss es nicht nur darum gehen, das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren zu drosseln, sondern auch darum, die Reihenfolge zu ändern: Die Stromnetze müssen prioritär ausgebaut werden. Erst dann hat es Sinn, neue Solar- und Windanlagen zu errichten.

Außerdem muss sich Deutschland besser mit seinen Nachbarn abstimmen. Denn eine negative Begleiterscheinung der deutschen Energiewende sind Probleme im europäischen Netzverbund. Derzeit gibt es in Deutschland keine ausreichenden Leitungen vom Norden in den Süden. Daher fließt Strom aus Windkraft, der in Norddeutschland erzeugt wird, über Polen und die Tschechische Republik nach Süddeutschland, beziehungsweise – soweit international gehandelt – noch weiter in andere Länder. Diese sogenannten Ringflüsse gefährden den sicheren Betrieb der Übertragungsnetze und behindern die Stromflüsse in  den Nachbarländern. Folglich würden eine engere energiepolitische Abstimmung zwischen Deutschland und seinen Nachbarn und ein Ausbau der Übertragungsnetze dazu beitragen, Probleme zu vermeiden und allen Ländern helfen, die Vorteile des europäischen Energiemarkts auszuschöpfen.

Die intensive Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland und die damit verbundenen Kosten spiegeln sich in den Energiepreisen wider. In Deutschland stiegen die Strompreise für Industrie- und Haushaltskunden von 2008 bis 2012 um mehr als 20 Prozent. Dieser Zuwachs, der vor allem auf die EEG-Umlage und die höhere Mehrwertsteuer zurückzuführen ist, stellt zunehmend eine Belastung für Haushalte und Unternehmen dar. Die Regierung sollte die Abgabenlast überprüfen. Energie muss bezahlbar bleiben.

Die Entwicklung der Energiepreise zeigt einmal mehr, wie wichtig ein vollständig integrierter Energiebinnenmarkt ist. Denn nur in einem solchen lassen sich unsere gemeinsamen energiepolitischen Ziele – Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit – verwirklichen. Der Weg in die Zukunft führt über eine Europäisierung der Energiepolitik. Nationale Alleingänge enden in der Sackgasse.

Diskutieren Sie mit

  1. Erich Görgens

    vor 10 Jahren

    Ach Herr Öttinger,
    was habe ich Sie schon so oft umsonst kontaktiert, hier werde ich Sie aber nicht weiter belästigen. Wenn Sie möchten, sehen Sie sich doch meinen Komementar auf der Seite von Herr Grass unter https://www.dialog-energie-zukunft.de/umfrage-herausforderungen-energiewende/#comment-2193 an. Ich freue mich auf Ihr Feedback! (Oder kommt wieder keins...?).

  2. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    böse, machtgeile und bestochene Politker und übermächtige profitgierige Konzerne haben sich verbündet um den armen, allein das Gemeinwohl im Sinn habenden Erneuerbaren das Leben schwer zumachen...
    .
    Dabei sind die Politker natürlich "Maschinen", denen Menschenleben und das Leben unserer Kinder völlig egal sind, weil ja die eigenen Freunde, die eigene Familie im Falle des unausweichlichen und unmittelbar bevorstehenden Supergaus nicht betroffen ist, weil man sich mit (oder sogar "aus") den vielen Bestechungsgeldern einen atomsicheren Bunker gebaut hat...
    .
    ... so einfach kann eine Welt sein!

  3. Dominik Pöschel

    vor 10 Jahren

    Lieber Herr Öttinger,

    leider kann man es Ihnen nicht abnehmen aus tiefer Überzuegung für den Schutz der Umwelt einzutreten sich bzw. für diese stark zu machen. Grund dafür ist dass Sie sich schon mehrmals öffentlich für Fracking in Deutschland stark zu machen. Fracking ist eine der größten Umweltschädigungen, die die Verseuchung des Trinkwasser nach sich zieht und den Boden vergiftet. Machen Sie es doch in Ihrem eigenen Garten wo z. B. Ihre Enkelkinder spielen, ist doch alles harmlos und ungefährlich. Ihre Kernkompetenzen liegen weder im Energiebereich noch im Umweltschutz, und aus diesem Grunde ist es verwunderlich warum genau Sie in der Funktion als EU Kommissar für Energie zuständig sind. So gehts nicht vorwärts in der EU sondern wir treten auf der Stelle.

  4. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    Ups... und das, obwohl doch die Ökobewegung selbst bis vor kurzem die Verwendung von Energiesparlampen "georedigt" hat... gut, dass Sie Cadmium erwähnen... damit wäre es beinahe aus gewesen in Europa!
    .
    Obwohl die EU-Kommission mit ihrer sogenannten RoHS-Richtlinie eigentlich die industrielle Verwendung giftiger Schwermetalle wie Quecksilber oder eben Kadmium zum Schutz von Mensch und Umwelt komplett untersagen wollte, machte sie dann für die Solarbranche doch eine Ausnahme. Die besonders günstigen und leistungsfähigen Solarmodule der Firma First Solar enthalten nach Angaben vom vergangenen Jahr pro Stück etwa sieben Gramm der toxischen Schwermetallverbindung. Nach Erkenntnissen der unabhängigen Initiative "Lobbycontrol" gab First Solar im Jahre 2009 für Lobbyarbeit in Brüssel zwischen 100.000 und 150.000 Euro aus. Dass First Solar im Kampf gegen das Kadmium-Verbot "mit problematischen Mitteln vorgegangen ist", sei "nicht auszuschließen", heißt es in dem Dossier der unabhängigen Initiative weiter.
    .
    und das, wo doch die EU nur Politik für "die Großen" macht.... najas, da es ja nicht Ihre Klientel "Wind" betrifft, wird Sie diese Info vermutlich nicht sonderlich tangieren...

  5. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    Wissen Sie, Windmüller, physikalische Gesetze gelten unabhängig von irgendeiner Ideologie... Sie haben keines der Argumente wirklich wiederlegt, Sie haben allenfalls "cherrypicking" betrieben und behauptet, Ihre Einzelfälle stehen repräsentativ für die "ganz Welt".
    .
    In Zeiten von Globalismus und Internet glauben Sie doch nicht allen Ernstes daran, dass die Japaner nur belogen werden (und diese - Ihrer Ansicht nach - Lügen) auch noch mehrheitlich glauben...?
    Wieder ein Strohhalm, an den sich die Öko-Lobby klammert: Alle auf der Welt werden von den bösen Konzernen, von korrupten Politikern nur belogen und betrogen - mit Ausnahme der "schlaueren, aufgklärten" Deutschen?
    .
    Und Sie halten mich für ideologisch verbohrt? Wachen Sie auf!

  6. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    @Windmüller
    ... und das, obwohl sich Herr Grass doch wirklich alle Mühe gibt, die Diskussion auf dem "politisch korrekten Weg" zu bringen. Man schaue sich nur die Gewichtung der "Gastautoren" sowie die Eingriffe des Moderators an... :-)

    0 0
  7. Windmüller

    vor 10 Jahren

    Herr Kaiser - ich bin weder Linker noch Grüner. Ich habe für die CDU 10 Jahre als Ratsmitglied Politik vor Ort erlebt.
    Und nach all den Späßen von RWE weiss ich wie das Spiel läuft.

    0 0
  8. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    Herr Wagner
    "... will nun EnBW die Energiewende ..."
    **
    Was die ENBW zu wollen hat, bestimmen nicht zuletzt deren Eigentümer. Haupteigentümer der ENBW ist das Land BaWü, vertreten durch die Landesregierung... und wer regiert in BaWü?
    .
    Sie unterstellen hier also, dass die Grünen selbst nicht mehr an die Energiewende glauben... :-)

    0 0
  9. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    http://www.nabu.de/m07/m07_05/05971.html
    .
    http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/landwirtschaft/FS_Biogas_03_2011.pdf

    0 0
  10. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    Herr Windmüller, zeigen Sie mir doch bitte mal, in welchem meiner Beiträge (sind hier in diesem Blog inzwischen ja einige zusammengekommen), ich Windparks von EVU's gutheiße, während ich die
    Windparks anderer Investoren verurteile?
    .
    Wo habe ich den Pelletverkauf von RWE und Co. begrüßt und den Pelletverkauf eines anderen verurteilt?
    .
    Merken Sie was? Jede Menge unbelegter Unterstellungen - schon wieder!
    .
    Und zum Thema Faulgas brauche ich mich gar nicht noch einmal zu äußern - das werden schon Ihre Kollegen von der "Wir sind gegen jeden industriellen Fortschritt"-Fraktion erledigen - allerdings erst, nachdem man Kohle- und Kernenergie bekämpft hat -tun.

    4 1
  11. Windmüller

    vor 10 Jahren

    Herr Kaiser sie haben Recht.
    Physikalische Gesetze gelten unabhängig von irgendeiner Ideologie.
    RWE hat in der Nähe von Siegen ein Biomassekraftwerk gebaut. Den Strom vermarktet man als Ökostrom, die Abwärme liefert man an eine Holzpelletsfabrik. RWE Rheinbraun lässt dort Pellets als Sackware abfüllen. Wenn ich Holzpellets von RWE Rheinbraun beziehe, ist das vorbildlich, kaufe ich sie bei der Raiffeisengenossenschaft, ist das ganz pöhse. Rheinbraun geht gar so weit, Kaminholz zu vermarkten. Kaufe ich das Holz bei RWE Rheinbraun, ist das gut, kaufe ich das Holz beim Förster, trage ich dazu bei, dass die Wälder verbrannt werden.
    RWE baut bei Borken eine Biogasanlage mit 6,4 MW. Das ist vorbildlich. Baut ein Bauer hingegen eine Biogasanlage, ist das Kuhfurzstrom, der zur Vermaisung der Landschaft führt.
    Dieses Spiel der "physikalischen Gesetze" kenne ich lange genug.

    4 2
  12. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    P.S.... und nicht nur die Japaner werden belogen, sondern alle Menschen auf der Welt, außer die Deutschen.... Eine solche Überheblichkeit hat uns - geschichtlich gesehen - nie sonderlich gut gestanden...

    5 0
  13. Windmüller

    vor 10 Jahren

    @ Herr Kaiser - sie sind so was von ideologisch verbohrt - das gibt es schon gar nicht mehr. Sie kommen mir vor , wie linke Weltverbesserer in den 80er Jahren. Die tranken Kaffee aus Nicaragua, weil es dem Glauben entsprach. Dieser Kaffee war so übel, dass er den Magen auf links zog, aber was taten diese Bewegten nicht für ihren linken Glauben ?
    Sie sind aus dem selben Holz geschnitzt.
    Die Japaner brauchen nach eigenen Angaben 40 Jahre, um die Folgen der Havarie in Fukushima in den Griff zu bekommen. Man fängt Unmengen verstrahlten Wassers auf, und kommt mit dem Bau neuer Speicher nicht hinterher.
    Niemand weiss, wie man diese gigantenhaften Mengen Wasser dekontaminieren soll. Mit solchen Mengen hat man es noch nie zu tun gehabt.
    Wo ist das Plutonium aus den Mox Brennelemeten geblieben ?
    Die Menschen werden in Japan belogen das gibt es nicht.
    Und dann wollen sie erzählen, dass man aber viele, schöne neue Kernkraftwerke baut ?
    Auch wenn es ihnen weh tut.
    Mitsubishi Heavy Industries steigt zusammen mit der dänischen Windschmiede Vestas in das Offshore Geschäft ein, und in Japan werden heute mehr Megawatt an PV zugebaut, als in Deutschland.

  14. Christian Lösch

    vor 10 Jahren

    "Ideologisch verbohrt" sind wohl eher die Befürworter der "Erneuerbaren Energien", die z.B. nicht wahrhaben wollen, wie hoch der finanzielle Aufwand wirklich ist ("Sonne und Wind stellen keine Rechnung") oder die Probleme, die entstehen, dass Sonne, Wind und Wasser nur sehr ungleichmäßig und oft unvorhersehbar Strom liefern oder auch nicht liefern!

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  15. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    " Nach der Katastrophe von Fukushima im März 2011 beschloss die deutsche Regierung darüber hinaus, acht Kernkraftwerke stillzulegen und bis 2022 aus der Atomenergie auszusteigen."
    **
    Vom Hang der Deutschen zu irrlichternder Panik:
    "Erinnern wir uns: bereits am Tag der Katastrophe fokussierten alle öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland ihr Hauptaugenmerk auf den Reaktorunfall in Fukushima, natürlich nicht ohne ständige Sondersendungen zu Tschernobyl dazwischenzuschalten. Bereits einen Tag (!) nach der Katastrophe wusste der (inzw. ehemalige) Umweltministern, Norbert Röttgen, dass sich eine Kernschmelze ereignet hätte, obwohl es keine sachlichen Hinweise dafür gab.
    .
    Zwei Tage nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami waren in Deutschland (!!) die Jodtabletten und Geigerzähler ausverkauft, weil die Deutschen lieber Nabelschau betrieben und ihrer völlig irrationalen Angst vor der Atomkraft frönten. Drei Tage später schaltete die CDU-geführte Bundesregierung die Atommeiler in Deutschland ab.
    .
    Und zwei Jahre später zum Jahrestag der Katastrophe erdreistete sich die Parteivorsitzende der Grünen, Claudia Roth, auf ihrer Facebook-Seite die 17.000 Tsunamitoten zu Opfern eines Atomreaktorunfalls umzudeuten.
    .
    Wohlgemerkt: diese panisch-egoistischen Verhaltensmuster gab es nur in Deutschland!!! Statt die ungeheuren Zerstörungskräfte der Natur in den Fokus zu rücken, sahen die Deutschen mit dem zweiten Auge einfach besser und glotzten nur auf den Reaktorunfall.
    .
    Eine Zahl, die der Internetsuchdienst Meltwater veröffentlichte, mag das verdeutlichen: von insgesamt 53.000 Internetartikeln, die in den ersten fünf Wochen nach dem Tsunami erschienen und die beiden Stichworte Fukushima und Atomausstieg (natürlich in den jeweiligen Landessprachen) beinhalteten, kamen 43.000 aus Deutschland. Respekt vor den Risiken der Technik - ja aber das war wirklich zum Fremdschämen."

  16. Dirk Kaiser

    vor 10 Jahren

    Die Japaner dagegen bewahrten zu jedem Zeitpunkt eine fast unheimliche Ruhe, halfen sich gegenseitig, und die Geschäfte versuchten, ohne überhöhte Preise die Versorgung der Bürger aufrecht zu erhalten. Keine Plünderungen, keine Gewaltausbrüche, keine Exzesse. Zwei Gefühle hatte Japan in diesen Tagen verdient: Mitleid und tiefste Bewunderung.
    .
    Heute wissen wir, dass Japan mit Billigung der eigenen Bevölkerung weitere Atomkraftwerke bauen wird und der Glaube an die Technik nicht gelitten hat. Soviel zum Alternativlosen.

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