Über Nachhaltigkeit in der Hotellerie-Branche, Umweltschutz auf Madeira, Lithium-Abbau und Wasserknappheit in Portugal

Sophie Schneider

Energie-Reporterin

Sophie Schneider berichtet für uns aus Portugal zu den Themen Energiewende, Nachhaltigkeit und Klimaschutz.

weiterlesen
05. Mai 2025

Energiewende auf Madeira

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Jährlich finden etwa 1,4 Millionen Touristen ihren Weg auf die malerische Insel Madeira. Das stellt die autonome Region vor große Herausforderungen: Wie können die Menschen mit ausreichend Energie und Wasser versorgt werden? Bislang ist die Insel auf die Einfuhr fossiler Brennstoffe angewiesen. Wie Madeira den Umstieg auf erneuerbare Energien schaffen will, erfahrt ihr in diesem Video!

Wirtschaftlicher Aufschwung durch Lithium?! - Der umstrittene Abbau im Norden Portugals

Lithium ist ein wichtiger Rohstoff für die Energiewende: für Elektroautos und die Speicherung von Strom sind Lithium-Ionen-Batterien unverzichtbar. So stecken in der Batterie eines E-Autos etwa 10 kg Lithium, je nach Reichweite sogar noch mehr. Auch die Akkus von Smartphones enthalten Lithium – mit etwa 0,3 g jedoch deutlich weniger. Das Problem an Lithium: Es zählt zu den kritischen Rohstoffen.

Kritische Rohstoffe sind von großer wirtschaftlicher Bedeutung, gleichzeitig aber mit einem hohen Versorgungsrisiko verbunden. Sie kommen nur in wenigen bestimmten Regionen in ausreichender Konzentration vor (z.B. in China) und es gibt keine wirklichen Alternativen. Die Europäische Union plant daher ihre Abhängigkeit von anderen Staaten zu reduzieren. Bis 2030 sollen mindestens 10% der in der EU benötigten kritischen Rohstoffe, also auch Lithium, aus der EU kommen. Portugal spielt hier eine besondere Rolle, denn etwa 10% der europäischen Lithiumvorräte sollen sich dort befinden. Besonders Covas do Barroso, ein kleines Dorf im Norden des Landes, ist ins Visier der Industrie geraten. Die dort vermuteten Lithiumvorkommen könnten jährlich Batterien für 500.000 Elektroautos liefern. Doch der geplante Abbau ist höchst umstritten.

Die portugiesische Regierung und das Unternehmen Savannah Resources, das den Bergbau betreiben will, werben mit hohen Steuereinnahmen und der Schaffung von hunderten, gut bezahlten Arbeitsplätzen. In einer strukturschwachen Region, in der es kaum Industrie und viel Bevölkerungsabwanderung gibt, könnten das gute Argumente sein. Trotzdem ist ein Großteil der ansässigen Bevölkerung strikt gegen den geplanten Abbau.

Nachhaltigkeit in der Hotellerie-Branche

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Ein wichtiger Aspekt für mehr Nachhaltigkeit in der Hotellerie-Branche sind Zertifizierungen. Diese zeichnen Hotels aus, die strenge Kriterien in den Bereichen Umwelt, Ressourcenmanagement und soziale Verantwortung erfüllen. Aber was genau bedeuten diese Zertifikate und wie tragen sie zum Klimaschutz bei? Das erfahrt ihr in diesem Interview mit dem Hotel NEYA in Porto!

Die Schattenseiten des Lithium-Abbaus

Die Einwände sind zahlreich. Ein zentraler Punkt: Der wirtschaftliche Nutzen könnte begrenzt bleiben, da die Arbeitsplätze nur so lange bestehen, wie die Minen erschlossen werden – schätzungsweise etwa zehn Jahre. Zudem könnten viele dieser Stellen mit externen Arbeitskräften von Savannah Resources besetzt werden. Weiterverarbeitungsschritte wie die Raffinerie des Lithiums und die Produktion von Batterien dürften außerhalb Portugals erfolgen, wodurch die lokale Wertschöpfung weiter sinkt.

Besonders kritisch sehen die Anwohner die Zerstörung der Landschaft, die nicht nur emotionalen Wert besitzt, sondern auch die Lebensgrundlage für viele kleine Familienbetriebe darstellt. Aufgrund ihrer traditionell nachhaltigen Bewirtschaftung und qualitativ hochwertiger Produkte wurde die Region um Covas do Barroso von der Welternährungsorganisation FAO sogar zum „landwirtschaftlichen Welterbe“ ernannt. Umso geringer ist das Verständnis der Bevölkerung, warum ihre nachhaltige Bewirtschaftung im Namen der Nachhaltigekeit zerstört werden soll. Durch die Mienen würden Flächen für Tierweiden fehlen; zudem gibt es erheblichen Sorgen um Wasserknappheit und -Verschmutzung, Luftverschmutzung und Lärm. Hinzu kommt die Befürchtung, dass die Mienen wahrscheinlich dem Image der Region und damit dem Tourismus und dem Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte schaden wird.

Trotz der Proteste und Bedenken der Bevölkerung hat ein Umweltgutachten im Mai 2023 grünes Licht für das Projekt gegeben. Noch wurde mit dem Abbau nicht begonnen und die Proteste halten an, doch ein Stopp des Vorhabens wird zunehmend unwahrscheinlicher.

Lithium – Ein unverzichtbarer Rohstoff

Der Fall Covas do Barroso zeigt das Dilemma um Lithium: Einerseits ist es unverzichtbar für die Energiewende und den Umstieg zur E-Mobilität ist, andererseits geht der Abbau mit großen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Schäden einher. Covas do Barroso ist ein gutes Beispiel dafür, dass Nachhaltigkeit komplex ist, oft voller Zielkonflikte steckt und verschiedene Möglichkeiten sorgsam abgewogen werden müssen.

Um das Dilemma zu reduzieren, sollte der Bedarf an Lithium durch die Entwicklung von Alternativen und den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel minimiert werden, der Abbau nur unter strengen Umweltstandards erfolgen und das Recycling intensiviert werden. Außerdem ist eine ernsthafte Beteiligung der lokalen Bevölkerung und Berücksichtigung derer Interessen essenziell. Meiner Meinung nach sollten die portugiesische Regierung sowie das Bergbauunternehmen im Fall von Covas do Barroso alles dafür tun, dass die Befürchtungen der Bewohner sich nicht bewahrheiten. Nur mit dem Rückhalt in der Bevölkerung und Positivbeispielen für Rohstoffabbau wird es nachhaltig gelingen die Mobilitäts- und Energiewende voranzutreiben und dabei eine größere Unabhängigkeit von kritischen Rohstoffen zu erreichen.

Quellen

EnBW Energie Baden-Württemberg AG. „Die sechs wichtigsten Fragen zu Lithium.“ [Online.] Verfügbar: https://​www.enbw.com​/​unternehmen/​themen/​elektromobilitaet/​die-​wichtigsten-​fragen-​zu-​lithium.html

A. Müller. „Wie viel Lithium steckt eigentlich in meinem Akku ?“ Zugriff am: 21. November 2024. [Online.] Verfügbar: https://​www.akkushop.de​/​de/​news/​wie-​viel-​lithium-​steckt-​eigentlich-​in-​meinem-​akku/​

Rat der EU und Europäischer Rat. „Ein EU-Gesetz zu kritischen Rohstoffen für die Zukunft der EU‑Lieferketten.“ Zugriff am: 21. November 2024. [Online.] Verfügbar: https://​www.consilium.europa.eu​/​de/​infographics/​critical-​raw-​materials/​

J. Faget, „Lithium-Krieg in Portugal,“ Deutsche Welle, 01. September 2021. Zugriff am: 15. November 2024. [Online.] Verfügbar: https://​www.dw.com​/​de/​portugal-​lithium-​krieg-​hinter-​den-​bergen/​a-​59040654

Savannah Resources. „Barroso Lithium Project, Portugal: The most significant conventional lithium project in Europe.“ Zugriff am: 15. November 2024. [Online.] Verfügbar: https://​savannahresources-wwwsavannahresourcescom.azurewebsites.net​/​project/​barroso-​lithium-​project-​portugal/​

R. Wandler, „Lithiumabbau in Portugal: Böse Minen zum guten Spiel,“ taz, 21. Januar 2020. Zugriff am: 15. November 2024. [Online.] Verfügbar: https://​taz.de​/​Lithiumabbau-​in-​Portugal/​!5655713/​

D. Antonelli und G. Sini, „Covas do Barroso: Local Resistance to Europe’s Lithium Race,“ Green European Journal, 27. Februar 2024. Zugriff am: 12. November 2024. [Online.] Verfügbar: https://​www.greeneuropeanjournal.eu​/​covas-​do-​barroso-​local-​resistance-​to-​europes-​lithium-​race/​

R. Wandler, „Lithiumabbau in Portugal: Die Zukunft wird abgebaggert,“ taz, 11. Oktober 2024. Zugriff am: 21. November 2024. [Online.] Verfügbar: https://​taz.de​/​Lithiumabbau-​in-​Portugal/​!6038659/​

Portugal trocknet aus: Warum das Wasser knapp wird

Portugal steht seit Jahren vor enormen Herausforderungen hinsichtlich seiner Wasserversorgung, denn das Land sieht sich mit einem hohen Wasserverbrauch bei immer weniger Regen konfrontiert.  

Portugal hat schon immer Trockenzeiten erlebt, doch in den letzten Jahren sind die Dürren häufiger, länger und größer geworden. Das liegt insbesondere an sogenannten Azorenhochs, bei denen sich Hochdruckgebiete im Winter bei den Azoren anhäufen und die regulären Regefälle von Portugal in nördlichere Gebiete verschieben. Eine Studie dazu von 2022 kommt zu dem Schluss, dass diese Entwicklung eindeutig mit der Zunahme von anthropogenen (=von Menschen verursachten) Treibhausgasemissionen zusammenhängt, also durch den Klimawandel verursacht wird.  

Insbesondere der Süden Portugals ist dabei betroffen. 2022 herrschte die schlimmste Dürre seit 100 Jahren. Auch Anfang 2024 hatte der Süden mit einer starken Dürre zu kämpfen, im Februar 2024 wurde sogar der Alarmzustand ausgerufen. Der Präsident der portugiesischen Umweltagentur APA, José Carlos Pimenta Machado, äußerte sich zu der kritischen Situation an der Algarve, der Südküste Portugals und ein beliebtes Touristenziel, wie folgt: »Wir haben niemals zuvor eine solche Situation gesehen. Das Wasserniveau sowohl im Grundwasser als auch in Reservoirs ist so niedrig wie nie.«  

Die Landwirtschaft ist mit über 80% der mit Abstand größte Verbraucher und daher besonders relevant. Außer in Griechenland, wird europaweit in keinem Land so viel Süßwasser für die Landwirtschaft pro Kopf benötigt wie in Portugal. In vielen Teilen Portugals werden Eukalyptusmonokulturen betrieben, die für die Zellulose- und Papierindustrie genutzt werden und als gutes Geschäft gelten. Sie sind gleichzeitig Mitverursacher und Betroffener von Wasserknappheit: Einerseits benötigen die Plantagen so viel Wasser, dass sogar der Grundspiegel sinkt, gleichzeitig sind die Ernten von Dürren und Waldbränden bedroht. Der Anbau von wasserintensiven Nutzpflanzen wie zum Beispiel Avocados verschärft das Problem zusätzlich. Über 1.000 Liter braucht es für die Produktion von 1kg Avocados.

Auch der Tourismus, ein besonders wichtiger Wirtschaftszweig in Portugal, verschlingt viel Wasser. Allein die jährlich etwa 5 Millionen Touristen an der Algarve benötigen eine riesige Menge Wasser für den alltäglichen Gebrauch, hinzu kommt der Bedarf für Pools und Spaßbäder sowie das ständige Waschen von Handtüchern und Bettwäsche. Besonders eine Freizeitaktivität nimmt dabei einen bedenklich hohen Anteil an Portugals Wasserfußabdruck ein: das Golfen. Die Bewässerung der Grünanlagen benötigt etwa 8% der jährlich zur Verfügung stehenden Wasservorräte.

Natürlich spielen auch die Industrie und private Haushalte ein Rolle. Eine Studie von 2022, die den portugiesischen Wasserverbrauch untersuchte, stellt dabei heraus, dass den Portugiesen die Problematik von Dürren und Wasserknappheit zwar teilweise bewusst ist, sie jedoch selbst nicht davon betroffen fühlen und dementsprechend auch nicht ihre Handeln anpassen. Joaquim Poças Martins, Wasserfachmann und Professor für Umwelt in Porto vermutet, dass es sogar schon früher, an der Bewusstseinsbildung scheitert: Laut ihm sei den Bürgern die Problematik aufgrund der guten Wasserversorgung nicht wirklich bewusst.

Doch nicht nur hohe Verbräuche sind ein Grund für Wasserknappheit, auch kaputte Wasserleitungen sind ein ernstzunehmendes Problem. Die Leitungen transportieren Süßwasser über viele Kilometer durch Portugal, werden aber nicht ausreichend Instand gehalten. Dadurch gehen 1,94 Milliarden Liter Wasser jedes Jahr verloren! Die deutsche Welle spricht sogar von 30% des Leitungswassers, was durch undichte Leitungen im Boden versickert.

Lösungsansätze zur Reduktion des Wasserverbrauchs

Wie lassen sich diese Herausforderungen also lösen? Die portugiesische Regierung reagiert teilweise mit Vorgaben zur Wasserreduktion. Zum Beispiel wurde zum Jahresbeginn 2024, als aufgrund der anhaltenden Dürre der Alarmzustand ausgerufen wurde, die Wasserversorgung der regionalen Landwirtschaft um 25% gedrosselt und die für Haushalte um 15%. Dies hilft teilweise, jedoch ist es ein starker und kurzfristiger Eingriff und zudem bohren viele Landwirte einfach illegale Brunnen und erhalten so kostenloses Wasser.  

Eine strengere Überwachung könnte kurzfristig helfen, genauso wie umfassende Reparaturen an den Wasserleitungen. Für eine nachhaltige Lösung bräuchte es zudem noch mehr bewusstseinsbildende Maßnahmen für Landwirtschaft, Bevölkerung und Touristen. Da die Landwirtschaft den Löwenanteil der Wasservorräte verbraucht, würde es Sinn machen Anreizprogramme zu schaffen und z.B. verstärkt auf Tröpfchenbewässerung und Wassermanagement zu setzen. 35% der Landwirte nutzen diese noch nicht und ganze 71% nutzen noch keinen Wasserzähler, der ein effektives Wassermanagement überhaupt erst ermöglichen würde. Erst vor wenigen Tagen hat Portugal seine neue Wasserstrategie bis 2030 angekündigt. Es bleibt spannend, wie sich die Maßnahmen dieser Strategie auf die Wasserproblematik und den -verbrauch auswirken werden.

Quellen

Gulbenkian Sustainable Development Programme. “Water use in Portugal. Looking at, understanding and engaging with key players.”, März 2020. Zugriff am: 16. März 2025. [Online.] Verfügbar: https://gulbenkian.pt/wp-content/uploads/2020/06/Water-use-in-Portugal-10-key-takeaways.pdf

SPIEGEL Wissenschaft. „Spanien und Portugal so trocken wie in 1200 Jahren nicht“, 06. Juli 2022. Zugriff am: 15. März 2025. [Online.] Verfügbar: https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/spanien-und-portugal-so-trocken-wie-in-1200-jahren-nicht-a-5602fc71-e4f5-453c-9019-77f75601bc6e

N. Cresswell-Clay et  al., “Twentieth-century Azores High expansion unprecedented in the past 1,200 years”, Nature Geoscience, Vol 15, Juli 2022. Verfügbar: https://doi.org/10.1038/s41561-022-00971-w

Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS. „Wasserwirtschaft – Exportchance in Portugal“, 10. Februar 2023. Zugriff am: 16. März 2025. [Online.] Verfügbar: https://www.ikts.fraunhofer.de/de/presse/pressemitteilungen/2023_2_10_n_wasserwirtschaft_exportchance_portugal.html

K. Broderick, „Wasserknappheit an der Algarve ist eine Realität“, The Portugal News, 06. Juni 2024. Zugriff am: 16. März 2025. [Online.] Verfügbar: https://www.theportugalnews.com/de/nachrichten/2024-06-06/wasserknappheit-an-der-algarve-ist-eine-realitat/89569

SPIEGEL Politik. „Portugals Regierung schränkt Wasserversorgung in der Algarve ein“, 18. Januar 2024. Zugriff am: 03. März 2025. [Online.] Verfügbar: https://www.spiegel.de/politik/duerre-in-portugal-regierung-schraenkt-wasserversorgung-in-der-algarve-ein-a-229cd0d0-7199-4635-b064-5148657ca258

J. Faget, „Portugal: Schwere Dürre, keine Konzepte“, Deutsche Welle, 02. Juni 2023. Zugriff am: 28. Februar 2025. [Online.] Verfügbar: https://www.dw.com/de/portugal-schwere-d%C3%BCrre-keine-konzepte/a-65792158

WWF Mediterranean. “WATER FOOTPRINT IN PORTUGAL.  Securing water for people and nature”, Februar 2010, Zugriff am 17. März 2025 [Online.] Verfügbar: https://wwfeu.awsassets.panda.org/downloads/water_footprint_portugal2010.pdf

[9] A. Kabacinsky, „Wie schlecht sind Avocados wirklich?“, SWR, 08. April 2022, Zugriff am: 15. März 2024. [Online.] Verfügbar: https://www.swr.de/video/sendungen-a-z/marktcheck/oekochecker/klimakiller-avocado-100.html#Avocado-Anbau

Diskutieren Sie mit

Ich akzeptiere die Kommentarrichtlinien sowie die Datenschutzbestimmungen* *Pflichtfelder

Artikel bewerten und teilen

Über Nachhaltigkeit in der Hotellerie-Branche, Umweltschutz auf Madeira, Lithium-Abbau und Wasserknappheit in Portugal
3
2