Brasilien im Fokus: Zwischen brennenden Wäldern und klimaschädlicher Mobilität in Brasília

Deborah Schmiedel

Energie-Reporterin

Deborah Schmiedel berichtet für uns aus Brasilien zu den Themen Energiewende, Nachhaltigkeit und Klimaschutz.

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20. Februar 2025

Mobilität in der Planstadt Brasília

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Brasília, die Hauptstadt Brasiliens, ist eine der ersten Planstädte der Welt. Im Jahr 1956 erbaut, legte die damalige Stadtplanung besonderen Wert auf das Auto als zukünftiges und primäres Transportmittel. Welche Herausforderungen sich daraus für die heutige Zeit ergeben haben, erfahrt ihr in diesem Video!

Der Wald brennt.

Hallo, mein Name ist Debbie Schmiedel. Derzeit lebe ich aufgrund eines Praktikums in der Hauptstadt Brasiliens, Brasília. Wenn ich die Stadt verlasse, um die Natur zu erkunden, sehe ich viele Waldbrände um mich herum. Um euch einen Einblick zu geben, werde ich heute über die (menschengemachten) Brände berichten.

Waldbrände in den Naturschutzgebieten Brasiliens

Der Amazonas-Regenwald gilt als riesiger CO2-Speicher und hat eine wichtige Funktion im internationalen Kampf gegen den Klimawandel, weshalb umfangreiche internationale finanzielle Mittel für seinen Schutz bereitgestellt werden.

Jedoch gibt es zahlreiche andere wichtige Naturräume, Wälder und Schutzgebiete, die ebenfalls dringend Unterstützung benötigen, jedoch international oft wenig Beachtung finden. In diesem Beitrag möchte ich diese weniger bekannten, aber ebenso bedeutenden Gebiete vorstellen und auf die verheerenden Waldbrände eingehen, die in diesem Jahr weite Teile Brasiliens betroffen haben.

Die Zerstörung des bedeutendsten Wasserreservoirs Brasiliens

Der Cerrado, Brasiliens bedeutendstes Wasserreservoir und Heimat von etwa fünf Prozent aller Tier- und Pflanzenarten auf unserem Planeten, ist weniger bekannt als der Amazonas. Dabei handelt es sich um die artenreichste Savanne der Welt. Diese tropische Savanne erstreckt sich über mehr als zwei Millionen Quadratkilometer – das entspricht der sechsfachen Fläche Deutschlands. Der Cerrado ist das Einzugsgebiet des Amazonas und beherbergt die Ursprünge vieler der dort vorhandenen Wasserquellen. Daher ist er ebenso wichtig wie der Amazonas selbst. Zudem versorgt der Cerrado nicht nur den Amazonas, sondern auch drei der größten Wasserquellen Südamerikas: den Amazonas, den Paraguay und den São Francisco. Wenn der Cerrado austrocknet, fehlt dem gesamten Regenwald das Wasser.

Der Cerrado ist noch stärker von menschlicher Zerstörung betroffen als der Amazonas-Regenwald. Da er oft flache Hochebenen bedeckt und niedrige Bäume aufweist, ist es relativ einfach, ihn abzuholzen. Satellitenfotos aus dem Jahr 1999 zeigten, dass bereits damals nur noch ein Drittel der ursprünglich mit Cerrado bedeckten Flächen erhalten war. Eukalyptus, Sojabohnen und Zuckerrohr haben großflächig die ursprüngliche Cerrado-Vegetation ersetzt. Von den ursprünglichen Wäldern sind nur noch 20 Prozent erhalten, während ein weiteres Drittel bereits stark beschädigt ist.

Im September verzeichnete das Biom eine Fläche von 4,3 Millionen Hektar, die von Bränden betroffen war, und war damit das zweitstärkste betroffene Gebiet. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es dort einen Anstieg der Brände um 158 Prozent.

Das Pantanal: Ein bedrohtes UNESCO-Welterbe

Das Pantanal ist das größte Binnenfeuchtgebiet der Erde und übertrifft in seiner Größe sogar England. Mit rund 195.000 Quadratkilometern gehört dieses einzigartige Biom im Westen Brasiliens zum UNESCO-Welterbe und erstreckt sich überwiegend über die Bundesstaaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul. Während Brasilien den Großteil dieser Region beansprucht, erstreckt sich das vielfältige Ökosystem des Pantanals auch nach Paraguay und Bolivien, ohne die nationalen Grenzen zu beachten. Das Pantanal umfasst etwa 3 % der gesamten Feuchtgebiete der Welt, doch weniger als 5 % des Pantanals stehen unter Schutz.

Obwohl das Pantanal oft im Schatten des Amazonas-Regenwaldes steht, beherbergt es die höchste Konzentration an Wildtieren auf dem gesamten Kontinent. Rund 4500 verschiedene Arten leben dort zusammen.

  • Im September verbrannte im Pantanal eine Fläche von knapp 318.000 Hektar – ein Anstieg um 662 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Laut einer Studie werden derartig verheerende Waldbrände durch menschengemachte Klimastörungen mindestens viermal wahrscheinlicher und 40 % intensiver.

Nach dem Brand wurden verkohlte Leichname von Affen, Kaimanen und Schlangen gefunden, die die verheerenden Folgen des Feuers dokumentieren. Insgesamt verbrannten 440.000 Hektar (1,1 Millionen Acres), und es wird geschätzt, dass Millionen von Tieren sowie unzählige Pflanzen, Insekten und Pilze ihr Leben verloren haben. Das Ausmaß der Zerstörung überstieg den vorherigen Rekord im Juni um mehr als 70 %. Dies wurde durch extreme Brandwetterbedingungen verursacht, die eine riesige Zündfläche schufen. Der Juni war der trockenste, heißeste und windigste Juni im brasilianischen Pantanal seit Beginn der Beobachtungen.

Waldbrände in Brasilien - Auswirkungen auf indigene Gemeinschaften und die Umwelt

Betrachtet man ganz Brasilien, so hat es allein in diesem Jahr bisher auf einer Fläche gebrannt, die mehr als dreimal so groß ist wie Bayern. Zwischen Januar und September wurden insgesamt 22,38 Millionen Hektar von Bränden erfasst, wie ein Bericht der Initiative „MapBiomas“ zeigt. Dies entspricht einem Anstieg von 150 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2023.

Im September 2024 wurden im Amazonasgebiet 41.463 Brände registriert, im Cerrado 29.139 und im Pantanal 2.688. Zwischen dem 1. Januar und dem 30. September 2024 wurden in ganz Brasilien insgesamt 210.208 Brände verzeichnet, verglichen mit 111.895 im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dies entspricht einem Anstieg von 87 Prozent.

Die Wälder beherbergen auch eine Vielzahl traditioneller Völker, darunter indigene Gemeinschaften und Quilombolas (Nachfahren entflohener Sklaven). Diese Gemeinschaften pflegen eine enge, spirituelle Beziehung zu ihrem Land, das sie nicht nur als Ressource, sondern als lebendigen Organismus betrachten, der Teil ihrer eigenen Existenz ist. Im Gegenzug setzen sie nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden ein, die sowohl den Erhalt der Wälder fördern als auch ihre eigenen Lebensgrundlagen sichern. Diese kulturelle Diversität und das überlieferte Wissen der lokalen Völker sind von unschätzbarem Wert für den Schutz der Biome. Doch auch diese wertvollen Gemeinschaften und ihr Wissen werden durch die Brände bedroht und zerstört.

Es gibt bereits Klimaschutzprojekte in den verschiedenen tropischen Wäldern, doch das Budget reicht nicht aus, um die Wiederaufforstung vollständig zu finanzieren. Wenn ich derzeit mit dem Auto durch die Natur in der Nähe von Brasília fahre, sehe ich viele brachliegende Flächen, wo vor einigen Jahren noch zahlreiche Bäume standen. Denn es sind nicht nur die bekannten Wälder, die brennen, sondern viele weitere Gebiete.

Ursachen der verheerenden Brände

Die Hauptursache für die Brände sind gezielte Brandstiftungen. Jahr für Jahr werden wertvolle Wälder, insbesondere für Sojaplantagen und Rinderweiden, niedergebrannt. Amazonas, Pantanal und Cerrado stehen in Flammen, weil massive wirtschaftliche Interessen im Spiel sind. Mit erheblichem kriminellem Aufwand werden Regenwälder, Savannen und Feuchtgebiete zerstört. Laut dem WWF geht die absichtliche Zerstörung der Natur oft mit illegaler Landnahme im großen Stil einher. Es handelt sich um ein Milliardengeschäft. Vor allem der Anbau von Zucker und Soja sowie die Viehzucht führen zur Abholzung. Diese Produkte werden dann in die USA und nach Europa exportiert.

Allerdings möchte ich hier einen wichtigen Punkt hinzufügen, nachdem ich mit vielen Brasilianer*innen über dieses Thema gesprochen habe: Die ganze Welt schaut mit drohendem Zeigefinger auf Brasilien und die Entwaldung, oft um sich selbst und die eigene Nachhaltigkeit oder die des eigenen Landes zu profilieren. Brasilien ist ein Entwicklungsland, und viele Menschen haben keine andere Möglichkeit, als in der Industrie zu arbeiten oder ihren Lebensunterhalt dort zu verdienen. Umso mehr müssen wir in den Industrieländern finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, denn: Wohlstand verpflichtet.

Obwohl dieser Artikel einen düsteren Blick auf die Situation der tropischen Wälder wirft und die Herausforderungen bei den Restaurationsprojekten beleuchtet, möchte ich dennoch einen wichtigen Gedanken anfügen und den Menschen etwas Eigenmacht über die Situation zusprechen: Wir müssen auch unsere Konsumgewohnheiten ändern, um die Nachfrage zu beeinflussen und Anreize für den Ausbau erneuerbarer Energien sowie den Konsum klimafreundlicher Produkte zu schaffen, um der Entwaldung entgegenzuwirken. Denn:

Natur → Wirtschaftliche Interessen (Zucker- und Sojaanbau, Viehzucht) → Abholzung → Reduzierte CO2-Bindung → Verschärfung der Klimakrise → Erhöhung der Temperaturen → Intensivierung des Treibhausgaseffekts → Rückgang der Biodiversität → Besorgnis der Bevölkerung über den Verlust an Natur → Dringlichkeit nachhaltiger, lokaler Konsumentscheidungen → Reflexion über individuelle Handlungsmöglichkeiten zur positiven Veränderung → Überlegen, wie man als Einzelner in dieser Welt etwas verändern und bewirken kann.

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