Ein Blick hinter die Kulissen in Portugal: Biomasse, Müllverstromung und urbaner Kreislaufwirtschaft

Gastautor Portrait

Redaktion

Stiftung Energie & Klimaschutz
15. September 2025

Der Blackout auf der iberischen Halbinsel

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Plötzlich war alles dunkel und nichts funktionierte mehr. Am 28. April 2025 um 12:33 MESZ kam es zu einem massiven Stromausfall, der nahezu ganz Spanien und Portugal betraf. Nahezu ganz Spanien und Portugal betraf waren davon betroffen. Ursächlich war ein Überspannungsereignis in der Stromnetzsteuerung, das eine Kaskade von Abschaltungen auslöste. Als Folge fielen Verkehrsleitsysteme, Züge, Kommunikationsnetze und Teile der Notfallinfrastruktur aus, und mehrere Menschen starben – unter anderem wegen Kohlenmonoxid durch fehlerhafte Generatoren. Die Stromversorgung konnte in den meisten Gebieten im Laufe des Abends oder in der Nacht wiederhergestellt werden. Energie-Reporter Jasin Huber berichtet von seiner Erfahrung vor Ort

Von der Tonne zur Turbine: Wie Lissabon aus Müll Energie macht

Wenn man an erneuerbare Energien denkt, kommt einem zuerst Sonne, Wind oder Wasser in den Sinn. Müll spielt in dieser Vorstellung eher keine Rolle. Doch genau der ist in Lissabon ein wichtiger Teil des Energiemixes. Die portugiesische Hauptstadt verfolgt ambitionierte Ziele im Bereich Kreislaufwirtschaft und nutzt organische Abfälle sowie Reststoffe als Energiequelle. Ich habe mir angeschaut, wie das funktioniert und welche Anlagen dahinter stecken.

Müllheizkraftwerke: Energie aus dem Restmüll

Ein zentrales Element ist die Müllverstromung. In der Nähe von Lissabon steht eine der größten Anlagen Portugals, die jährlich über 600.000 Tonnen Hausmüll in Energie umwandelt. Der Prozess basiert auf kontrollierter Verbrennung, bei der Hitze entsteht, die zur Stromerzeugung genutzt wird. Gleichzeitig werden Filter eingesetzt, um Emissionen zu minimieren. Müllverbrennung bleibt ein kontroverses Thema

In Portugal gilt sie jedoch als Übergangstechnologie, um den Deponiemüll zu reduzieren und fossile Brennstoffe zu ersetzen. (1)

Biomasseanlagen - Die Energie aus Bioabfällen

Neben Restmüll spielen auch biologisch abbaubare Abfälle eine Rolle. Diese werden in separaten Anlagen, zum Beispiel in Palmela oder Azambuja, zu Biogas verarbeitet. Das entstehende Gas treibt Generatoren an, die Strom und Wärme erzeugen. Auch die Rückstände werden genutzt, etwa als Kompost in der Landwirtschaft.

Gerade im städtischen Raum ist die Sammlung dieser Bioabfälle noch eine Herausforderung. Doch Initiativen wie „Lisboa a Compostar“ zeigen, dass sich in den letzten Jahren einiges verändert hat. (2) (3)

Kreislaufwirtschaft auf Portugiesisch

Lissabon möchte bis 2030 zu einer Zero-Waste-Stadt werden. Dazu gehört nicht nur die energetische Verwertung, sondern auch Vermeidung, Wiederverwendung und Recycling.

Energie Reporter Jasin Huber

Die Energiegewinnung ist nur ein Baustein im größeren Gesamtbild.

Ein interessantes Beispiel ist das Projekt „CIRCULAR@UM“, bei dem lokale Universitäten, die Stadtverwaltung und Abfallbetriebe gemeinsam an neuen Lösungen arbeiten. Dazu gehören smarte Mülltrennung oder App-basierte Sammelsysteme. (4)

Nicht perfekt, aber auf dem Weg

Die energetische Nutzung von Abfall ist nicht die umweltfreundlichste aller Lösungen, aber sie ist in einer wachsenden Stadt wie Lissabon ein realistischer Kompromiss. Sie zeigt, wie Städte pragmatisch mit den Herausforderungen der Energiewende umgehen können. Entscheidend ist das Zusammenspiel von Müllvermeidung, Recycling und Energiegewinnung – möglichst effizient und emissionsarm.

Vielleicht sieht man also beim nächsten Spaziergang durch Lissabon einen Müllcontainer mit etwas anderen Augen. Nicht als Abfall, sondern als Teil einer modernen, nachhaltigen Stadtentwicklung.

Quellen

  1. Valorsul – Relatório & Contas 2022: https://www.valorsul.pt/media/jsglhio1/relat%C3%B3rio-contas-2022_valorsul.pdf
  2. Lisboa a Compostar – Câmara Municipal de Lisboa: https://www.lisboa.pt/atualidade/noticias/detalhe/lisboa-a-compostar-nova-fase-do-projeto
  3. Agência Portuguesa do Ambiente – Resíduos Urbanos em Portugal – Relatório 2022: https://apambiente.pt/sites/default/files/_Clima/Residuos/2023/RU2022.pdf
  4. CIRCULAR@UM – Soluções circulares para cidades sustentáveis: https://circularum.pt/ Estratégia Municipal de Resíduos 2030 – Câmara Municipal de Lisboa:https://www.lisboa.pt/fileadmin/Documentos/Politicas_Municipais/Ambiente/Estrategias/EstrategiaResiduos_Lx2030.pdf

Alenquer unter Strom - Wie ein Solarpark tausende Menschen versorgt

Der Solarpark bei Alenquer im Porträt

Alenquer – wo die Sonne Arbeit leistet

Rund 40 Kilometer nördlich von Lissabon liegt eine der größten Solarstromanlagen Portugals. Der Solarpark bei Alenquer liefert nicht nur beeindruckende Zahlen, sondern steht auch symbolisch für Portugals ambitionierte Energiewende. Inmitten hügeliger Landschaft werden hier jedes Jahr Millionen Kilowattstunden Strom produziert – sauber, leise und nahezu wartungsfrei. Ich habe mir vor Ort angesehen, wie dieser Park funktioniert, welche Technologie dahintersteckt und welche Rolle er für die Energieversorgung des Landes spielt

Photovoltaik auf großer Fläche

Der Solarpark erstreckt sich über mehrere Quadratkilometer und ist mit hunderttausenden Photovoltaikmodulen ausgestattet. Diese Module wandeln Sonnenlicht direkt in elektrische Energie um. Je nach Quelle liegt die installierte Leistung bei etwa 50 Megawatt – genug, um rechnerisch zehntausende Haushalte mit Strom zu versorgen. Die Ausrichtung der Module folgt dem Verlauf der Sonne und maximiert so die tägliche Energieausbeute. In manchen Bereichen kommen sogar nachgeführte Systeme zum Einsatz, die sich automatisch zur Sonne drehen. (1)

Warum Alenquer? Standort mit Potenzial

Der Standort Alenquer wurde nicht zufällig gewählt. Die Region zeichnet sich durch eine hohe Sonneneinstrahlung, günstige Bodenverhältnisse und eine relativ geringe Bebauungsdichte aus. Gleichzeitig ist die Anbindung ans Stromnetz in der Region gut ausgebaut, was die Einspeisung des erzeugten Stroms vereinfacht. Hinzu kommt, dass Portugal als eines der sonnenreichsten Länder Europas ideale Bedingungen für die Photovoltaik bietet – insbesondere im Vergleich zu Mitteleuropa. (2)

 

Ein Puzzleteil in Portugals Energiewende

Portugal hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 rund 85 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Große Solaranlagen wie die bei Alenquer spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie ermöglichen eine stetige Grundlast – vor allem in Kombination mit Energiespeichern, die künftig ausgebaut werden sollen. Interessant ist auch, dass der Strom aus Alenquer nicht nur ins Netz eingespeist wird, sondern teilweise auch an Unternehmen verkauft wird, die ihre Klimabilanz verbessern wollen. Damit entstehen neue Geschäftsmodelle für grüne Energie. (3) (4)

Der Solarpark bei Alenquer ist mehr als eine große Anlage in der Sonne – er ist ein Beispiel dafür, wie Portugal seine natürlichen Ressourcen nutzt, um die Energiewende voranzutreiben. Wer sich vor Ort umsieht, spürt: Hier wird erneuerbare Energie nicht nur gedacht, sondern gemacht.

Quellen

1. Galp – Solarpark Ourika und Alenquer
https://www.galp.com/corp/en/media/news/galp-inaugurates-new-photovoltaic-plant-in-portugal
(relevant für Größenordnung und Technologie)

2. DGEG – Direção-Geral de Energia e Geologia (2024)
https://www.dgeg.gov.pt
(insb. Daten zu Sonneneinstrahlung, Stromnetz und Projektstandorten)

3. REN – Relatório & Contas 2023
https://www.ren.pt/files/2024-03/ren_annual_report_2023_en.pdf

4. IEA – Portugal Energy Profile
https://www.iea.org/countries/portugal

 

Diskutieren Sie mit

Ich akzeptiere die Kommentarrichtlinien sowie die Datenschutzbestimmungen* *Pflichtfelder

Artikel bewerten und teilen

Ein Blick hinter die Kulissen in Portugal: Biomasse, Müllverstromung und urbaner Kreislaufwirtschaft
0
0