War watt? Die Befreiung von der EEG-Umlage gehört abgeschafft

Gastautor Portrait

Hubertus Grass

Kolumnist

Nach Studium, politischem Engagement und Berufseinstieg in Aachen zog es Hubertus Grass nach Sachsen. Beruflich war er tätig als Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Prokurist der Unternehmensberatung Bridges und Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden. 2011 hat er sich als Unternehmensberater in Dresden selbständig gemacht.

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26. Februar 2016
War watt? ist die energiepolitische Kolumne von Hubertus Grass. Hier geht es um die Energiewende. Wie bekommen wir die gut hin?

Die Energiewende ist ein Jobkiller und wird fatale Auswirkungen auf das deutsche Wirtschaftswachstum haben. Eine wissenschaftliche Untersuchung zeigt, dass exakt 86.000 Arbeitsplätze durch die EEG-Umlage verloren gehen werdenSo und so ähnlich malten die Interessenverbände noch vor zwei Jahren die wirtschaftliche Zukunft an die Wand. Eingetreten ist nichts davon. Aber der Druck der Lobby hat gewirkt. Immer größer wurde der Kreis derjenigen, der von der EEG-Umlage nach den §§ 40 bis 44 EEG ganz oder teilweise befreit wurde.Welt2

Unter der Großen Koalition hat sich die Zahl der privilegierten Unternehmen auf heute 2098 fast verdreifacht und die Summe, um die die Unternehmen entlastet werden, verdoppelte sich im selben Zeitraum von 2,5 auf fast fünf Milliarden Euro.
Trotz der Befreiung zahlreicher Unternehmen via Besonderer Ausgleichsregelung sieht BDI-Präsident Ulrich Grillo Umlage in der Umlage (immer noch) einen klaren Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmer. Die Wahrheit ist jedoch längst eine andere. Die Regelungen des EEG und der stetige Ausbau der Erneuerbaren Energien haben dazu geführt, dass die Strompreise in Deutschland in den letzten Jahren stetig gesunken sind. Abgesehen von einzelnen Staaten in den USA und Provinzen in Kanada haben wir weltweit die niedrigsten Strompreise. Das zeigt das aktuelle Faktenpapier des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, dem die Grafiken entnommen wurden.EEG-Umlage gehört abgeschafftAnstatt wie in der letzten Woche geschehen, die Berechnung der EEG-Umlage an das EU-Recht anzupassen, wäre es aus gerecht und aus ordnungspolitischen Gründen geboten, die Befreiungen von der Zahlung der EEG Umlage schrittweise abzuschaffen.
Es widerspricht der Gerechtigkeit, dass

  • Unternehmen doppelt vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren. Erneuerbare verursachen den Preisverfall des Stroms an der Börse, der ausschließlich Großverbrauchern in Form sinkender Bezugskosten zugute kommt. Die gleichen Unternehmen profitieren dann ein zweites Mal, wenn sie durch die Befreiung von der EEG-Umlage nicht an den Kosten beteiligt werden.
  • die privaten Haushalte und Kleine und Mittelständische Unternehmen den Löwenanteil der Kosten der Energiewende stemmen müssen.Strompreise2016

Ordnungspolitisch ist die Befreiung von der EEG-Umlage kontraproduktiv, weil

  • die exportstarken deutschen Unternehmen, die durch die gemeinsame Währung des Euro Jahr für Jahr einen steigenden Wettbewerbsvorteil haben, noch einmal subventioniert werden.
  • die im Euro-Raum übermächtige deutsche Wirtschaft Fachkräfte aus anderen Euro-Staaten abzieht.
  • eine moderate Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und ein Abbau der Außenhandelsüberschüsse wünschenswert wäre,
  • der Verfall der Börsenstrompreise sich von den Herstellungskosten entkoppelt hat. Am Spotmarkt fielen z. B. die Preise von 2014 bis jetzt um 18 Prozent und die Preise am Terminmarkt um 25 Prozent.

Die Abschaffung der Besonderen Ausgleichsregelung ist auch ein Testfall, ob unsere Demokratie im Bereich der wirtschaftlichen Steuerung funktioniert. Als der Preisdruck beim Strom die Interessenvertreter der deutschen Industrie in Marsch setzte, hat das seine Wirkung auf die Politik nicht verfehlt. Man nahm die Ängste und Sorgen ernst, gab der Industrie die geforderten Rabatte und blieb auch im Konflikt mit der EU hart.  Jetzt, bei seit Jahren fallenden Strompreisen beschwert sich niemand. „Der Preis ist zu niedrig, den wir zahlen.“ Obwohl sachlich richtig, haben wir solche Rufe noch nicht vernommen. Zu niedrige Preise haben keine Lobby. Deshalb muss die Politik jetzt eingreifen und die Lasten der Energiewende wieder gerecht verteilen. Die Be  EEG-Umlage gehört abgeschafft.

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  1. Windmüller

    vor 8 Jahren

    Wenn man bedenkt, dass die Wirtschaft nach Fukushima erklärte, mit der Energiewende werde der Morgenthauplan nachträglich umgesetzt, ist es doch erstaunlich, dass man zu gewisser Sachlichkeit zurückgefunden hat.

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