EEG-Reform 2014: Mehr Licht als Schatten aus Sicht der EnBW

Gastautor Portrait

Matthias Riebel

EnBW Energie Baden-Württemberg AG

Matthias Riebel ist Referent im Bereich Wirtschaft & Politik, Nachhaltigkeit im Berliner Büro der EnBW. Er hat Politik und Internationale Beziehungen in Darmstadt, Tampere und Dresden studiert und arbeitet seit 2008 bei EnBW in verschiedenen Aufgabenbereichen im Berliner Büro. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Energieeffizienz und vor allem Erneuerbare Energien/EEG. 2012/2013 hat er das berufsbegleitende Offshore-Windstudium von Forwind absolviert.

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18. Juli 2014

Zum 1. August tritt das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2014) als weiterer Baustein der Energiewende-Gesetzgebung in Deutschland in Kraft. Damit gehen eineinhalb Jahre der Verunsicherung zu Ende, die die ehemaligen Minister Peter Altmaier und Philipp Rösler mit ihren Vorschlägen zu einer „Strompreisbremse“ im Januar 2013 ausgelöst hatten.

Die politische Gemengelage in Bund und Ländern sowie die Bundestagswahl im September 2013 haben auch dazu beigetragen, dass die EEG-Reform nun im 1. Halbjahr 2014 unter großem Zeitdruck erfolgen musste. Zeitdruck deshalb, da die Ausnahmeregelungen bei der EEG-Umlage für die deutsche Industrie in Abstimmung mit der EU-Kommission in Brüssel für das Jahr 2015 neu geregelt werden mussten. Dabei geht es um rund fünf Milliarden Euro und entsprechende Planungssicherheit für die energieintensiven Betriebe im Land. Grundlegend, wie von vielen behauptet, ist die Reform für die Förderung der erneuerbaren Energien allerdings nicht. Gleichwohl soll 2016 bereits die nächste, dann grundlegendere EEG-Reform folgen. Bis dahin wird in Deutschland intensiv diskutiert werden müssen, ob der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa über möglichst einheitliche Ausschreibungssysteme möglich ist.SolarBaum

Was bringt die nun erfolgte EEG-Reform?
Vor allem den Einstieg in die verpflichtende Direktvermarktung. Zusammen mit den Vorgaben zur Fernsteuerbarkeit werden die (Markt-)Regeln für die Erneuerbaren Energien deutlich verbessert. Dies ist auch zwingend notwendig, bedenkt man, dass die erneuerbaren Energien in der ersten Jahreshälfte bereits für über 30 Prozent (!) der Stromerzeugung gesorgt haben. Das neue EEG setzt auch neue Wegmarken auf dem Weg zu mindestens 80 Prozent Erneuerbare bis 2050: Bis 2025 soll der Anteil auf 40-45 Prozent gesteigert werden, 2035 soll er 55-60 Prozent betragen. Der Ausbau geht also auf hohem Niveau weiter. Im Zentrum stehen dabei die Technologien Wind und Sonne. Pro Jahr soll der Zubau der Windenergie 2500 MW netto betragen. Durch den Austausch älterer Windkraftanlagen durch neue, das sog. Repowering, kann der Zubau pro Jahr auch höher ausfallen. Bei der Solarenergie werden ebenfalls 2500 MW pro Jahr angestrebt. Werden mehr Anlagen in einem Jahr in Betrieb genommen, wirkt sich dies auf die Vergütung aus und die Degression der Vergütungszahlungen für die Wind- und Sonnenkraftwerke erhöht sich (Prinzip des „atmenden Deckels“). Im Bereich der Offshore-Windenergie wird das Ausbauziel für 2020 von 10.000 MW auf 6.500 MW deutlich reduziert. Aktuell sind vier Windparks mit gut 600 MW am Netz, eine Reihe weiterer Windparks mit einer Kapazität von 3,2 GW sind in Bau bzw. werden bis 2016 errichtet. Die Branche ist optimistisch, dass mit dem neuen EEG das Ausbauziel von 6,5 GW bis 2020 erreicht werden kann.

Neu ist auch, dass im Bereich Freiflächen-Photovoltaik ein Ausschreibungspilot getestet werden soll. Hintergrund sind die neuen Energie- und Umweltbeihilfeleitilinien der EU für den Zeitraum 2014 bis 2020. Diese wurden in den letzten Monaten überarbeitet und sehen vor, dass die Mitgliedstaaten u.a. ihre Fördersysteme für erneuerbare Energien in eine einheitliche Richtung weiterentwickeln und zunehmend untereinander öffnen bzw. verknüpfen. [Die Bundesregierung vertritt die Rechtsposition, dass das EEG keine Beihilfe nach europäischem Recht darstellt. Sollte der Europäische Gerichtshof dies anders beurteilen, würde das neue EEG rückwirkend unwirksam und die Vergünstigungen z.B. für die Industrie müssten zurückerstattet werden.]
IB_S_BASIC_COPYRIGHT =Der PV-Freiflächenpilot soll im ersten Halbjahr 2015 beginnen und pro Jahr einen Zubau von 400 MW ermöglichen. Das EEG sieht auch vor, dass die Bundesregierung dem Bundestag bis Juni 2016 einen Ausschreibungsbericht vorlegt, der Empfehlungen für den Systemwechsel beinhalten soll. Hinter der für 2016 angekündigten nächsten EEG-Reform stehen aber noch sehr viele Fragezeichen.   

Die Bundesregierung musste die EEG-Reform bekanntlich eng mit der EU-Kommission in Brüssel abstimmen, was den politischen Abstimmungsprozess auf den verschiedenen Ebenen deutlich erschwert hat. Hintergrund ist, dass die EU-Kommission im Dezember 2013 ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland bzw. die besondere Ausgleichsregelung im EEG eröffnet hat. Die besondere Ausgleichsregelung (BesAR) regelt die Reduktionen bzw. Befreiungen der stromintensiven Industrie in Deutschland von der EEG-Umlage, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit die Arbeitsplätze in Deutschland nicht zu gefährden. Für das Jahr 2014 belaufen sich die Entlastungen auf rd. fünf Milliarden Euro, zu tragen von den übrigen Verbrauchern über die EEG-Umlage. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist es in den vergangenen Monaten gelungen, die besondere Ausgleichsregelung zu überarbeiten und durch Brüssel nach Beihilferecht notifizieren zu lassen, sodass die Industrie an dieser Stelle für die nächsten Jahre Planungssicherheit hat. Zeitdruck existierte, weil die Industrieunternehmen Anträge auf Vergünstigungen bei der EEG-Umlage für 2015 beim Bundesamt für Außenwirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bis zum 30. September 2014 auf der neuen gesetzlichen Grundlage einreichen müssen.

Hoch umstritten bis zuletzt war das Thema, ob und wenn ja wieviel EEG-Umlage auf Eigenverbrauch bzw. selbst erzeugten Strom aus erneuerbaren und KWK-Anlagen in Zukunft gezahlt werden muss. Nach Vorstellungen der EU-Kommission sollten sowohl Bestands- als auch Neuanlagen die EEG-Umlage auf selbst erzeugten Strom entrichten. Die Bundesregierung konnte hier – anders als bei der besonderen Ausgleichsregelung – nicht vollumfänglich ihre Position durchsetzen. Zwar bleiben Bestandsanlagen weiterhin außen vor, Neuanlagen müssen aber in Zukunft eine gestufte EEG-Umlage von 30 Prozent in 2015, 35 Prozent im Jahr 2016 und 40 Prozent ab 2017 entrichten. Die Bundesregierung musste auch zusagen, diese Regelung 2017 gemeinsam mit der EU zu überprüfen. Hier bleibt also ein Risiko. In den nächsten Jahren wird deshalb die Diskussion geführt werden müssen, wie Eigenerzeuger in Zukunft an den Kosten der Energiewende, z.B. auch durch eine größere Leistungskomponente bei den Netzentgelten, beteiligt werden.

Wie bewertet die EnBW die EEG-Reform?
Aus Sicht der EnBW bedeutet die EEG-Reform einen Schritt in die richtige Richtung. Vor allem der Einstieg in die verpflichtende Direktvermarktung mit einer gleitenden Marktprämie ist zu begrüßen. Die erneuerbaren Energien sind keine Nischen-Technologie mehr und müssen wesentlich zur Weiterentwicklung des Strommarktes beitragen. Die EnBW sieht sich durch das neue EEG auch in ihrer Strategie bestätigt, bis 2020 den Anteil der Windenergie Onshore und Offshore im Erzeugungsportfolio deutlich auszubauen. Alleine in diesem Bereich bzw. Zeitraum sind Investitionen von rund 3,5 Milliarden Euro vorgesehen. Windkraft20209[1]kleinPositiv ist auch, dass der Kraftwerkseigenverbrauch, der auch keinen sog. Letztverbrauch darstellt, von der EEG-Umlage befreit bleibt. Skeptisch ist die EnBW hingegen bzgl. der Pläne der Bundesregierung, die Vergütung für alle erneuerbare Energien bereits ab 2017 mittels Ausschreibungen zu ermitteln. Gut ist, dass zunächst ein Ausschreibungspilot für PV-Freiflächenanlagen, denen das EEG bereits heute keine auskömmliche Vergütung mehr bietet, getestet wird. Im Anschluss sollte die Bundesregierung aber unter Berücksichtigung des Piloten sowie internationaler Erfahrungen prüfen, ob Ausschreibungen für alle Erneuerbaren-Technologien das Mittel der Wahl sind. Die Erfahrungen im Bereich PV-Ausschreibungen können auch nicht auf den Bereich der Windenergie übertragen werden. Ferner erschwert das neue EEG innovative Vor-Ort-Vermarktungsmodelle, z.B. unter Einbezug von Mietern, durch eine allzu rigide Bagatellgrenze und die Aufrechterhaltung der Benachteiligung von Energiedienstleistern bzw. Contractoren bei der EEG-Umlagepflicht gegenüber Eigenerzeugern. Die Politik sollte deshalb zeitnah die im Gesetz enthaltene Verordnungsermächtigung zur Grünstromvermarktung erarbeiten.
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Redaktioneller Hinweis:
Infografik zum EEG 2014

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  1. Windmüller

    vor 10 Jahren

    Hallo Anja

    Ich denke, es war der Windpark Buchholz.
    Was Dänemark anbelangt, habe ich dort allererste Windkrafterfahrungen gesammelt.
    Ich habe damals vor 25 Jahren meinen Dienst am Vaterland bei der Marine abgeleistet. Wenn wir mit dem Schiff im Seegebiet zwischen Flensburg und Langeland unterwegs waren, sah man oft Land vor sich. Sah man dort Windräder, war es Dänemark, sah man keine, war es Deutschland.
    Ich habe mich damals schon gefragt, warum das dort funktionierte, nicht aber bei uns. Denn ich bin auch heute noch der Überzeugung, dass der Wind, der über Dänemark wehte, auch in Norddeutschland wehte.
    Aber da sind wir heute ja Gott sei Dank weiter.
    Es ist auch schön zu lesen, dass EnBW smart grid angeht. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Ansatz, um Stromnutzung und -erzeugung besser aufeinander abzustimmen.

  2. Windmüller

    vor 10 Jahren

    Komme gerade mit der Familie aus dem Dänemark Urlaub.
    Und was sieht man an der A 7 bei Soltau - Fallingbostel ?
    Einen schönen Windpark, und an jeder Maschinengondel der Vestas Anlagen das Logo von EnBW.
    Das erfreut doch einen Windmüller wie mich.
    Weiter so !

  3. Anja Ebert

    vor 10 Jahren

    Das hören wir gern, Windmüller. Quasi ein blendender Start in den Tag :) Wir hoffen, Ihr Urlaub in Dänemark war ebenso erfreulich und erholsam.
    Jetzt müssen wir aber noch gemeinsam herausfinden, welchen Windpark Sie gesehen haben. Wir betreiben in dieser Region nämlich drei Parks: Buchholz, Elze und Schulenburg.

    Unser bisher größter Onshore-Windpark liegt im niedersächsischen Buchholz, nördlich von Hannover. Er liefert seit Ende 2012 mit 20 Turbinen einen jährlichen Ertrag von rund 78.000 MWh. Ich vermute allerdings, Sie sind auf der A7 direkt am Windpark Elze vorbeigesaust. Vielleicht können Sie uns ja noch ein paar Infos zur Lage (z.B. nahegelegene Autobahnabfahrt) oder zur Anzahl der gesichteten "Windmühlen" geben?!
    Und: Bei der nächsten Durchfahrt unbedingt einen Fotoschnappschuss für uns mitbringen ;)

    PS: Wir bleiben am Ball, auf jeden Fall! Windenergie sehen wir als klare Zukunftschance und als bedeutenden Faktor fürs Gelingen der Energiewende. Mittlerweile erzeugen wir mit 112 Windkraftanlagen an 25 Standorten in Deutschland Strom. Weitere 128 Windkraft-Projekte befinden aktuell in Prüfung. Bis 2020 werden wir 14,1 Mrd. Euro in den Ausbau der erneuerbaren Energien (mit Schwerpunkt Wind- & Wasserkraft) sowie in den Ausbau des Transport- & Verteilnetzes (inklusive Smart Grids) investieren. Weiter geht's!

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