Dynamische Tarife können einen wichtigen Beitrag zur Wärmewende leisten, wenn die „Tibberisierung“ von lokalen Versorgern gelingt

Gastautor Portrait

Marcus Fragel

Chief Commercial Officer, endios GmbH

Vor seiner Tätigkeit in der o.g. Rolle seit Juni 2021 war Marcus Fragel über 20 Jahre in unterschiedlichen verantwortungsvollen in Vertrieb, Strategie und Marketing bei der Vodafone GmbH tätig. Noch während dieser Zeit gründete er 2019 mit der BetterCities360 GmbH ein Beratungsstartup für Kommunen, mit der er gemeinsam mit der Stadt Dortmund 2019 als Co-Aussteller auf der World-SmartCity-Expo in Barcelona ausstellte. Marcus studierte Betriebswirtschaftslehre in Dortmund.

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26. Februar 2025
Dynamische Tarife mit täglicher KI-Basierter Preisinfo

Die endios GmbH mit Ihrem Sitz in Hamburg, ist seit 2015 mit über 150 Kunden das führende Technologieunternehmen für die Bereitstellung von whitelabel Energie- und Selfservice-Apps in Zusammenspiel mit allen Abrechnungssystemen der Versorgungswirtschaft in Deutschland.

Dynamische Tarife incentivieren Verbraucher sich systemdienlich zu verhalten – teurer Strom heißt, er ist nicht lokal in großer Menge verfügbar.

Marcus Fragel

Energiewende gelingt, wenn wir lokale Produktion und Verbrauch miteinander koppeln. Gerade auch mit Hinblick auf einen steigenden Stromverbrauch müssen wir alles tun, um Netzkosten zu senken.

Dynamische Tarife incentivieren Verbraucher sich systemdienlich zu verhalten – teurer Strom heißt, er ist nicht lokal in großer Menge verfügbar. Stromverbraucher, die weiterhin einen pauschalen Preis zahlen wollen, müssen sich darauf einstellen, dass sie deutlich mehr zahlen werden als ein Verbraucher, der sich systemdienlich verhält. Sich jedoch manuell systemdienlich zu verhalten ist möglich, wird aber keine Akzeptanz finden, weil es einfach nicht alltagstauglich ist.

Daher ist ein Home Energy Management Systems (im folgenden HEMS genannt) für die automatisierte Steuerung von Energieflüsse quasi im Zielbild zwingend. Dazu ist die Kombination von einem dynamischen Tarif und eines HEMS aus Anbietersicht spannend: Dienstleistung mit fester Marge, mehr nutzbare Kundenkontaktpunkte und das Stadtwerk optimiert den Kunden gegenüber dem Markt, wird daher vom Rechnungssteller zum Partner im Geldsparen.

Wenn das Zielbild klar ist, bleibt noch die Frage, wann man sich mit dem Thema beschäftigen sollte, oder andersrum formuliert, wie viele der „early adopter“, die wahrscheinlich sehr energieaffin sind und daher ein Elektroauto fahren und in modernen Häusern mit Wärmepumpen leben, sollte man zu Tibber und Co. ziehen lassen, bevor man mit einem eigenen Angebot anfängt. Und die Antwort ist eigentlich einleuchtend: die Kosten sind die gleichen heute wie morgen, morgen hat man nur nicht mehr die Kunden, die man heute auch haben könnte.

Obwohl die Antwort an sich so einfach wie logisch ist, wird heute das Thema dynamische Tarife durch viele Versorger als kritisch bzw. kaum relevant getrachtet.

Zwei Betrachtungsweisen von dynamischen Tarifen

Gründe dafür gibt es Viele, z.B. die derzeit geringe Versorgung mit Smartmetern und die hohen Hürden, die mit dem Rollout verbunden sind, so dass auch die zukünftige Umsetzung im Rollout kein Selbstläufer sein wird. Dazu haben die dynamischen Tarife heute keinerlei wirkliche Umsatzrelevanz, ganz im Gegenteil, denn es stehen erstmal durch relevante Kosten für die grundsätzliche Einführung dagegen. Erstmal alles gute Gründe, warum man sich nicht wirklich um das Thema kümmern sollte, abgesehen von den gesetzlichen Verpflichtungen natürlich.

Jedoch kann man, wie einleitend beschrieben, auch eine völlig andere Sichtweise auf dieses Thema haben, was wir im Folgenden einmal tiefer beleuchten wollen.

Betrachtet man die Markt- und Nachfragesicht und die damit verbundenen Umsatzentwicklungen, dann fällt auf, dass immer mehr marktrelevante Unternehmen nicht nur ein Angebot für die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen, sondern um Ihre Kunden zu halten und darüber hinaus neue Kundengruppen zu gewinnen. Denn der Markt ist auch heute schon da und Pioniere wie Tibber haben mit Ihrem Angebot einen Nerv bei vielen Kunden getroffen. Und die Wachstumsraten von Unternehmen wie Enpal, Rabocharge und 1komma5° zeigen, dass der Markt entwickelt werden kann und Umsätze und Margen konstant wachsen.

Auch aus idiologischer Sicht im Sinne der Wärme- und Energiewende kann man die langfristigen Potenziale dieses Geschäftsmodells erahnen. Endkunden sind sensibilisiert den Energieverbrauch und -kosten zu reduzieren. Und diese Potenziale werden nur gehoben, wenn es nicht ein Angebot von wenigen Versorgern in Deutschland wird. bzw. bleibt, sondern jeder Versorger in jeder Größe das notwendige wettbewerbsfähige Angebot bereitstellen kann, um Ihre lokalen Kunden und Interessenten zu bedienen bzw. von diesem neuen Produkt zu überzeugen. Dafür ist eine „Tibberisierung“ von Stadtwerken und Versorgern notwendig.

Geräte-Konfiguration am Beispiel von Smart Charging

„Tibberisierung“?

Kundenservice und Kundenkommunikation findet heute per App und nicht mehr über klassische Kundenportale statt.

Marcus Fragel

Aus unserer Sicht wird man nur mit einem dynamischen Tarif die Kundenbedürfnisse bedienen, wenn man diesen Tarif mit einer Möglichkeit der automatisierten Steuerung von Energieflüssen im Zusammenspiel mit Photovoltaik-, Balkonkraftwerken oder steuerbarer Hardware wie Speicher, Wärmepumpen, Wallboxen und vielem mehr kombiniert. Denn nur dann kann das maximale Ergebnis im Sinne der Verbrauchs- und Kostenreduzierung erreicht werden.

Diese automatisierte Steuerung ermöglichen „Home Energy Management Systems“ (HEMS).

Über eine App hat dann einen zentralen Echtzeitblick auf Börsenpreise, Verbrauch und Energiefluss, und kann jederzeit seine gewünschte Konfiguration der Energieflüsse steuern und anpassen. Mit unserem App-Ökosystem haben wir eine skalierbare App-Lösung geschaffen, mit der jeder Versorger in Deutschland, mit nur minimalem Aufwand, basierend auf standardisierten Produktbausteinen Ihre jeweils eigene „Energiewende-App“ bekommen kann.

In der Regel beträgt dieser minimale Aufwand nur 5 Personentage Aufwand für den Versorger. Im Rahmen dieses Angebotes erhalten Kunden eine Selfservice-App mit Anbindung an Ihr jeweiliges Portal bzw. Abrechnungssystem inkl. Darstellung von Börsenpreisen und als Ergänzung ein Energie-Management-Cockpit mit Anbindung an ein Energie-Management-System (HEMS), so dass eine gesamtheitliche native Energie-App entsteht.

Verschiedene Marktrelevante HEMS-Lösungen können in diesem Szenario angebunden und verwendet werden. Dies gilt sowohl für Varianten mit einer notwendigen Hardware-Implementierung bei Endkunden, also auch reine cloudbasierte Software-Lösungen.

Keine App nur für die dynamischen Tarife

Würden wir Interessenten die Einführung einer App wegen der dynamischen Tarife bzw. dem zuvor beschriebenen Angebot empfehlen? Keines Falls!

Auch wenn die Antwort vielleicht überraschen mag, ist die Begründung aus unserer Sicht einfach. Kundenservice und Kundenkommunikation findet heute per App und nicht mehr über klassische Kundenportale statt. Ohne diese Kundenportale geht es nicht, aber Kunden nutzen und wollen heute Ihre Transaktionen per App durchführen. Zählerstandsmeldung, Rechnung, Abschlag ändern und vieles mehr ist durch diesen digitalen Kanal viel einfacher und grundsätzlich wollen Kunden Ihre Kommunikation gar nicht mehr per Brief, sondern wie heute schon in vielen anderen Branchen, rein digital über eine Postbox in der App erhalten. Damit schaffen Versorger Kundenbindung und Zufriedenheit und reduzieren damit Ihre operativen Kosten. Ein Blick in den Lebensmitteleinzelhandel zeigt hier sehr gut, dass Apps in der ganzen Breite der Gesellschaft nicht nur angekommen, sondern viel mehr explizit gewünscht werden, oder nutzen Sie persönlich noch keine App Ihres favorisierten Lebensmittel-Unternehmens?!

Push-Mitteilung als Gamechanger

Oft unterschätzt, aber eine App bringt Sie vor „die Welle“, denn sie ist, im Gegensatz zu einem klassischen webbasierten Kundenportal, ein proaktiver Kundenkanal.

Mit Push-Mitteilungen können Sie Kunden in Echtzeit erreichen und Kundeninteraktion steuern. Das Ergebnis ist eine signifikant höhere Conversion-Rate im Vergleich zu jedem anderen Kundenkontakt-Kanal.

Das ist auch der Grund, warum führende Unternehmen Ihre App mit Ihrem CRM-System verbinden, für eine direkte Kampagnenaussteuerung über das Smartphone des Kunden.

Im Zusammenspiel mit dynamischen Tarifen und HEMS übernimmt schon heute eine KI die Zusammenfassung von Preisen und Kosten und sendet diese täglich per Push-Mitteilung an Verbraucher für einen schnellen und komfortablen Überblick über gewünschte Informationen.

Mehr als nur Energie, sondern digitale Daseinsvorsorge

Viele unserer Kunden denken unsere Apps weiter, denn Sie setzen sie im Zusammenhang der digitalen Daseinsvorsorge ein und erweitern diese z. B. um städtische Services, ÖPNV oder Bäder inkl. Onlineticketing, Marktplätze für den regionalen Einzelhandel und vieles mehr. Dadurch entsteht ein win win-Effekt für Unternehmen und Bürger mit mehr Leistung und Comfort und signifikant höherer regelmäßiger Nutzung.

Spezialisierte Lösungen von Partnern in einem gemeinsamen Produkt

Eine Bewegung für Veränderungen kann nur entstehen, wenn die Eintrittsbarrieren gering sind und der Mehrwert hoch und das für Versorger in jeder Größe. Die Antwort darauf ist das Zusammenspiel von marktrelevanten Partnern und Marktlösungen zu einem skalierbaren Produkt, das jeder schnell und einfach einführen und betreiben kann und der Community-Effekt sorgt dafür, dass stets die nächsten relevanten Lösungen im Rahmen des Netzwerkes bereitgestellt werden, wie z.B. Lösungen für die Umsetzung von Mieterstrom-Lösungen.

Breite Verfügbarkeit für Fortschritt und Wandel

Aus unserer Sicht kann eine breite Verfügbarkeit von diesem Angebot auch einen signifikanten Einfluss darauf haben, wie schnell diese neuen Konzepte eine Massenfähigkeit erlangen, die wir aus unterschiedlichen Gründen und langfristiger Sicht auf jeden Fall brauchen. Wir sind stolz darauf, dafür einen aktiven Beitrag zu leisten.

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